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Vorträge

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Hier finden Sie die Aufzeichnungen der Vorträge im Rahmen der Ringvorlesung "Donnerstags um 6":

(27.04.2017) Kunstfreiheit vs. Eigentumsfreiheit: Der Streit um die Grenzen der freien Benutzung von bestehenden Werken am Beispiel des Samplings

Ass. iur. Sibel Kocatepe (Universität Siegen)

Der Produzent Moses Pelham verwendete im Jahr 1997 ein etwa zwei Sekunden langes Sample aus dem Musikstück "Metall auf Metall" der Gruppe Kraftwerk. Das Ergebnis war nicht nur Sabrina Setlurs Song "Nur mir", sondern auch ein fast zwei Jahrzehnte dauernder Rechtsstreit, der im vergangenen Jahr durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urt. v. 31.5.2016 – 1 BvR 1585/13) entschieden wurde. Der Ausgang des Verfahrens wurde angesichts der für die Kulturbranche grundsätzlichen Bedeutung mit Spannung erwartet, denn das Gericht musste eine Entscheidung über den Konflikt zwischen der Kunstfreiheit der Nutzer und der Eigentumsfreiheit der Urheber bzw. Tonträgerhersteller treffen. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass eine Nutzung geschützter Werkteile dort erlaubt sein muss, wo ein Verbot „die Schaffung von Musikstücken einer bestimmten Stilrichtung praktisch ausschließen würde“.

Es scheint damit in Deutschland über die Kunstform des Samplings hinaus den Grundstein für eine Rechtsprechung gelegt zu haben, in der die Referenz in der Entscheidungsfindung Beachtung finden muss, wenn diese ein wesentlicher Teil der Kunstform ist. Insofern liegt das höchste deutsche Gericht auch auf einer Linie mit einem Berufungsgericht der USA, das nahezu zeitgleich über die Verwendung eines Samples in dem Song „Vogue“ der Sängerin Madonna entscheiden musste.

Der Konflikt zwischen der Kunstfreiheit und dem Eigentumsrecht stellt sich im Urheberrecht nicht selten – ähnliche Relevanz hat zum Beispiel die Verwendung literarischer Werke im Rahmen von Fan Fiction-Werken oder die Benutzung von Videomaterial in Mash-ups. Die Vorlesung möchte daher vor diesem Hintergrund die betroffenen Grundrechte vorstellen, ihre Relevanz für Privatrechtsverhältnisse sowie im deutschen Instanzenzug darstellen und nicht zuletzt auch aufzeigen, wie der Konflikt der kollidierenden Grundrechte durch die Rechtsprechung gelöst wurde. Auch soll dargestellt werden, welchen Einfluss das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Sampling auf andere Kunstformen haben könnte und wie andere Rechtsordnungen diese rechtliche Problematik beurteilen.

(04.05.2017) Freiheit und Verantwortung. Zwei Seiten einer Medaille.

Prof. Dr. Holger Burckhart (Universität Siegen)

Die Freiheit von Forschung und Lehre ist nicht nur ein moralisch wie rechtlich extrem hohes Gut und eine außergewöhnlich strikte Norm zur Beurteilung von Abweichungen oder Einschränkungen der Freiheit, als sie vielmehr auch ein Grundrecht des Menschen und seiner Würde überhaupt betrifft. Einschränkungen in Forschung und Lehre, schlicht in Wissenschaft, welche betrieben wird im und als öffentlicher Raum, sind Einschränkungen der Entfaltung des freien Denkens, der freien Meinungsäußerung und damit einer kritischen Betrachtung auch und gerade gesellschaftspraktischer Entwicklungen. Sie zu beschneiden kommt damit einer Einschränkung der Freiheit überhaupt gleich. Zugleich bedeutet das Gewähren von Freiheit in diesem Sinne eine hohe Verantwortung eben diese Freiheit weder in Willkür noch in Ideologie umschlagen zu lassen und in ihrem Namen Unfreiheit- als ein quasi vorübergehender Status- zur Gewinnung von Freiheit zu ermöglichen.

Die Freiheit von Forschung und Lehre berührt damit auch die Freiheit und Verantwortung einer Gesellschaft für sich selbst und die Wirkungen ihrer Handlungen auf andere Gemeinschaften, wie die Biosphäre überhaupt

(11.05.2017) Das Grundgesetz - Verfassung der Freiheit.

Prof. Dr. Gerd Morgenthaler (Universität Siegen)

„Eine Gesellschaft, in der die Gewährleistung der Rechte nicht gesichert und die Gewaltenteilung nicht festgelegt ist, hat keine Verfassung.“ Mit dieser berühmten Formulierung schuf die Französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 in ihrem Artikel 16 die Messlatte, die seither an die Grundordnung jedes modernen Staates anzulegen ist. Der Parlamentarische Rat nahm bei der Verabschiedung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland von 1949 diese Herausforderung an, indem er im ersten Abschnitt alle Staatsgewalt auf die Achtung und den Schutz der Würde des Menschen sowie auf einen diesem Ziel dienenden Katalog von Grundrechten verpflichtete, in dessen Zentrum die Freiheit steht. Die in den nachfolgenden Abschnitten verfasste Staatsgewalt wird auf verschiedene Organe aufgeteilt, in deren strukturiertem und balanciertem Zusammenwirken die staatliche Willensbildung erfolgt, wobei auch hier die freie Selbstbestimmung, vom deutschen Volk in der Demokratie kollektiv ausgeübt, die Grundlage bildet.

Die Vorlesung verfolgt im Kern zwei Anliegen: Zum einen sollen – dem Motto „Die Uni liest das Grundgesetz“ entsprechend – wesentliche Passagen aus dem Grundgesetz gemeinsam gelesen und interpretiert werden. Zum anderen wird versucht, einige fundamentale Begriffe des Grundgesetzes vor dem Hintergrund ihrer historischen Entwicklung in ihrem systematischen Zusammenhang zu verstehen, wobei – wie im Vorlesungstitel angedeutet – die ‚Freiheit‘ im Mittelpunkt steht.

(18.05.2017) In Stein gemeißelt? Verfassungsänderung und Verfassungswandel

Prof. Dr. Tim Spier (Universität Siegen)

Verfassungen wie das deutsche Grundgesetz werden in der Öffentlichkeit gerne als von "höherer Stelle" gegebene, unabänderliche Grundsätze wahrgenommen. Dabei sind sie nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine Geschäftsgrundlage für das politische Geschehen in einem Land, die sowohl expliziten Änderungen, wie auch einem Wandel der Auslegung und Interpretation unterliegt. Der Vortrag beschäftigt sich mit Verfassungsänderung und Verfassungswandel des Grundgesetzes von 1949 bis heute.

(08.06.2017) Bundesverfassungsgericht und Politik

Prof. Herbert Landau (ehemaliger Bundesverfassungsrichter)

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist der Letztinterpret des Grundgesetzes, unserer Verfassung. Diese wird als Erfolgsgeschichte betrachtet, wobei das Grundgesetz am Anfang nur als Provisorium galt und mit dem Makel behaftet schien, nie in einer Volksabstimmung vom Volk gebilligt worden zu sein. Es ist gleichwohl ein Garant für Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Stabilität geworden. Das Grundgesetz ist Grundlage des sozialen Friedens und unseres Wohlstandes.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes standen unter dem unmittelbaren Eindruck der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft und hatten das Scheitern der Weimarer Republik vor Augen. Die Schöpfer des Grundgesetzes stellten vielfältige Überlegungen an, wie die neue Ordnung, der demokratische Rechts- und Verfassungsstaat, abgesichert werden könnte. Hierauf beruht u.a. die durch Art.1 Abs.3 GG angeordnete Bindung aller staatlichen Gewalt an die Grundrechte und Art.1Abs.1 GG, "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Auch die Entscheidung für eine starke Verfassungsgerichtsbarkeit ist Ausdruck dieses Gedankens, das BVerfG sollte der Hüter der Verfassung sein, da der Reichspräsident in dieser Funktion versagt habe.

Das BVerfG ist seit dem sogenannten Statusstreit nicht nur Gericht, sondern eines der fünf Verfassungsorgane der Republik und mit einer - auch im weltweiten Vergleich - einmaligen Kompetenzfülle ausgestattet. Jedes Handeln der anderen Gewalten, des Gesetzgebers, der Regierung und der Gerichte, wird vom BVerfG auf entsprechenden Antrag hin auf seine Verfassungsmäßigkeit geprüft, erforderlichenfalls werden Gesetze für nichtig erklärt, Gerichtsurteile aufgehoben und Regierungshandeln korrigiert. Wie Umfragen seit Jahrzehnten zeigen, erfreut sich das Gericht in der Bevölkerung hoher Akzeptanz, was sich in dem Sprichwort niederschlägt "Ich gehe bis nach Karlsruhe".

Allerdings ist am Gericht seit Beginn seiner Rechtsprechung auch immer wieder harsche Kritik geübt worden, vorwiegend von Politikern, aber auch von Staatsrechtlern. Das Gericht überschreite häufig seine Kompetenzen und "mache "Politik", anstatt die Grundgesetzbestimmungen auszulegen und anzuwenden. Der erste Justizminister meinte, "das Gericht sei in erschütternder Weise vom Recht abgewichen" und ein noch amtierender Minister meinte zu einer europarechtlichen Entscheidung: "Wer Poltik machen will, soll sich in den Bundestag wählen lassen " Der Vortrag versucht, das Spannungsverhältnis zwischen Verfassungspolitik und Verfassungsrecht an Beispielen aufzuzeigen und die besondere Stellung dieses Verfassungsorgans und Gerichts im System der checks and balances des deutschen Staates darzustellen.

(22.06.2017) Nachhaltigkeit im Grundgesetz verankern? Überlegungen im Anschluss an Hans Jonas

PD Dr. Jürgen Nielsen-Sikora (Universität Siegen)

Nachhaltigkeit ist ein Querschnittsthema, das die Verantwortung für die heute lebenden Menschen mit der Verantwortung für die zukünftigen Generationen verbindet. Denn jede Generation muss ihre Aufgaben selbst lösen und darf sie nicht den kommenden Generationen aufbürden. Diesen Grundsatz nachhaltigen Handelns hat der Philosoph Hans Jonas bereits 1979 so formuliert: >Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.< Gegenwärtig wird darüber debattiert, ob Nachhaltigkeit in das Grundgesetz aufgenommen werden soll. Die Vorlesung reflektiert die Debatte und stellt die Frage zur Diskussion.

(06.07.2017) Das dünne Eis der Zivilisation – wie zerbrechlich sind die Grundrechte?

Dr. Lale Akgün (Publizistin und MdB a.D.)

Wir alle verfolgen mit großer Sorge, wie der EU-Kandidat Türkei seit einiger Zeit immer mehr in Richtung Diktatur abdriftet. Seitdem ungeklärten Putschversuch letzten Jahres wird das Land unterbrochen im Ausnahmezustand regiert, was die Aussetzung der normalen Rechtsordnung bedeutet. Wichtige Grundrechte wie die Versammlungs- und Bewegungsfreiheit sind eingeschränkt, zudem verfügt der Präsident über das Recht, per Dekret zu regieren. Erdogan hat seit dem 20. Juli letzten Jahres von diesem Recht ausführlich Gebrauch gemacht. Seit dem 17. April dieses Jahres, nachdem - trotz nachgewiesener Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung - die Verfassungsänderung zu Gunsten einer Präsidialautokratie als angenommen deklariert worden ist, ist er uneingeschränkter Herrscher in einem tiefgespaltenen Land. Ohne Legitimation.

Nicht nur die Hälfte aller inhaftierten Journalisten weltweit – über 160 Personen – sitzen in türkischen Gefängnissen, sondern auch Parlamentsabgeordnete der Oppositionsparteien. Über 500.000 Menschen sind aus dem Staatsdienst entlassen worden, nach Angaben der Opposition sollen täglich acht Personen wegen Beleidigung des Präsidenten festgenommen werden. Einschüchterung, Bedrohung, Bespitzelung sind die Mittel, um das System Erdogan auf den Beinen zu halten. Wie konnte es so weit kommen? Wie schlittert ein Land sehenden Auges in eine Diktatur? Wie geht es in der Türkei weiter? Aber nicht nur in der Türkei. Das System Erdogan sieht sich in der Pflicht, überall da, wo türkische Muslime (oder muslimische Türken) leben, Dependancen aufzubauen und seinen Einfluss auszudehnen.

In Deutschland leben fast vier Millionen türkischstämmige Menschen, über 60% der Wahlberechtigten haben bei der Verfassungsänderung für Erdogan und die Autokratie gestimmt. Wie ist diese undemokratische Haltung der hier lebenden Menschen zu erklären? Wie kann es sein, dass Menschen in demokratischen Verhältnissen leben, aber für undemokratische Zustände votieren? Was bedeutet das für die türkische Community in Deutschland und für das deutsch-türkische Verhältnis? Was bedeutet das letztendlich für unsere Demokratie?

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(13.07.2017) Die Rechte der Geschlechter: Gleichheit und Differenz im Grundgesetz

Prof. Dr. Claudia Kraft (Universität Siegen)

In der Vorlesung wird nachgezeichnet, wie die Gleichheit der Geschlechter ins Grundgesetz kam, welche Gleichheit von den rechtsformulierenden AkteurInnen Ende der 1940er Jahre anvisiert wurde und wie sich Gleichheitsvorstellungen seitdem geändert haben. Der Text des Grundgesetzes (Artikel 3,2) fasst sich hier sehr kurz, aber hinter dieser Kürze verbargen und verbergen (nicht zuletzt auch nach dem Zusatz aus dem Jahr 1994) sich doch ausgesprochen diverse Vorstellungen von Gleichheit, Gleichwertigkeit, Gleichberechtigung etc., die nicht zuletzt durch andere Artikel des Grundgesetztes (etwa Artikel 6) gerahmt werden. Das Verfassungsrecht ist somit einerseits normierend und auch wirklichkeitskonstituierend, wird aber zugleich immer auch von gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen transformiert. Die Vorlesung wird versuchen, Rechtssetzung, Rechtsauslegungen und gesellschaftlichen Wandel in Beziehung zu setzen und einen Ausblick auf künftige Variationen des Themas Gleichheit und Differenz zu geben.

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(20.07.2017) Verletzte Menschenwürde – ein Widerspruch?

Studierende des Seminars „Menschenwürde – historische Ansätze und aktuelle Herausforderungen“ und Prof. Dr. Michael Bongardt, Universität Siegen
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(27.07.2017) Verfassung im Stresstest: die US-amerikanische Verfassung, das deutsche Grundgesetz und die Frage nach der Wehrhaftigkeit westlicher Demokratien gegen die Populismen unserer Zeit

Prof. Dr. Daniel Stein (Universität Siegen)

Wie der Amerika-Experte Michael Hochgeschwender kürzlich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (3. Februar 2017) anmerkte, sehen viele politische Kommentatoren die US-amerikanische Verfassung nach der Amtseinführung und den ersten Wochen der Amtszeit von Präsident Donald Trump dauerhaft „im Stresstest“, während andere sogar schon von einer bevorstehenden Verfassungskrise sprechen. Auch wenn das, was Ben Tarnoff im Guardian am Tag nach der Wahl (9. November 2016) als die „Revolte“ und den „Aufstand“ einer neuen Form des rechten staatsfeindlichen Populismus – des Trumpismus“ – bezeichnete, in vielerlei Hinsicht ein spezifisch amerikanisches Phänomen zu sein scheint, ist die Sorge um den Zustand der Demokratie in Europa, und auch in Deutschland im Jahr der Landtags- und Bundestagswahlen, sicherlich nicht unbegründet. In diesen Zeiten politischer Ungewissheit stellt sich neben der Frage nach der Funktion der etablierten Medien (in Deutschland als „Lügenpresse“ diffamiert und von Trump als „enemy of the people“ bezeichnet) insbesondere die Frage nach den verfassungsrechtlichen Grundsätzen und den in der amerikanischen Verfassung bzw. dem deutschen Grundgesetz angelegten Abwehrinstrumenten gegen Angriffe auf das jeweilige politische System aus diesem System heraus (durch einzelne Politiker, durch Parteien, usw.). Dieser Vortrag nimmt die drohende Verfassungskrise in den USA und die aktuellen Ereignisse in Europa und Deutschland zum Anlass einer vergleichenden kulturhistorischen Analyse der amerikanischen Verfassung und des deutschen Grundgesetzes. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zwischen diesen beiden staatsgründenden Dokumenten? Welche Parallelen und Divergenzen markieren ihre Entstehungs- und Wirkungsgeschichten? Welche Instrumentarien geben sie der wehrhaften Demokratie gegen die Populismen unserer Zeit an die Hand? Welche Schwachstellen lassen sich identifizieren? Welche Lehren können aus deutscher Sicht aus der amerikanischen Situation gezogen werden?

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