Macht Sport schlau? - Wie sich Bewegung auf unser Gehirn auswirkt
Immer wieder liest man davon, dass Bewegungspausen helfen Müdigkeit zu vertreiben und die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. Wie lassen sich diese Effekte erklären und welche Rolle spielt Sport und das Erlernen neuer Bewegungen für die Gedächtnisleistung? (21.07.2021)
von Björn Erwig
Gedächtnisleistungen wie logisches Denken
und Planen finden primär im präfrontalen Cortex unseres Gehirns
statt. Doch unser Gehirn ist nicht unbegrenzt aufnahmefähig und
braucht ab und zu mal eine Pause, auch um neu Gelerntes in Ruhe
verarbeiten zu können.[1]
Was bewirken Bewegungspausen?
Als aktive Erholung empfiehlt sich
Sport zu treiben. Dies hat gleich mehrere Vorteile.
Er macht nicht nur körperlich fit, sondern kann sogar
helfen die geistige Fitness zu verbessern.
Beim Sport wird die Gehirnaktivität
ins Bewegungszentrum gelegt und das Denkzentrum
entlastet. Während der motorische Cortex, unsere
Steuerzentrale für Bewegungen und Koordination, aktiviert
wird und auf Hochtouren läuft, wird der Bereich der für das
logische Denken verantwortlich ist heruntergefahren und
kann sich erholen. Dadurch wird der Kopf sprichwörtlich
wieder frei. Stefan Schneider (Deutsche Sporthochschule
Köln) vergleicht dies mit einem Reset eines Computers,
dessen Arbeitsspeicher überlastet ist. Durch den Neustart
stehe nach dem Sport dann wieder die volle Denkkapazität
zur Verfügung.[2]
Sport verbessert die Durchblutung des Gehirns.
Des Weiteren regt Sport nicht nur das Herz-Kreislaufsystem an und fördert die Durchblutung der Muskulatur, sondern steigert auch die Durchblutung des Gehirns, welches somit besser mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt wird. Mit dem Anstieg der Durchblutung ist auch eine Zunahme der Produktion verschiedener Nervenwachstumsfaktoren verbunden. Diese fördern die Entstehung neuer Verknüpfungen vor allem in der Großhirnrinde, im Kleinhirn und im so genannten Hippocampus, der Gedächtniszentrale des Gehirns. Dies wirkt sich positiv auf die Gedächtnisleistung aus. In einer Vielzahl von Studien konnten Verbesserungen der kognitiven Leistungsfähigkeit durch ein sportliches Training aufgezeigt werden.[2],[3],[4],[5]
Welche Sportarten sind geeignet?
Neben Ausdauersportarten sind vor allem koordinativ anspruchsvolle Disziplinen geeignet, um allgemeine kognitive Verbesserungen zu erzielen. In einer Studie von Moreau, Morrison & Conway (2015) übte eine Probandengruppe acht Wochen eine Variante des Freistilringens. Diese schnitten anschließend bei diversen standardisierten Tests zu Kurzzeitgedächtnis oder mentalen Operationen insgesamt besser ab als die Vergleichsgruppen.[6]
Draganski et al. (2004) fanden heraus, dass das
Gehirnvolumen von Probanden nach der Durchführung eines
3-monatigen regelmäßigen Jonglage-Trainings zunahm. Mit der
Studie konnte gezeigt werden, dass durch den motorischen
Lernprozess strukturelle Veränderungen in der Gehirnrinde
stattgefunden haben. Es wurde nachgewiesen, dass die
Gebiete im Gehirn, die für die Wahrnehmung und für das
Erfassen von bewegten Objekten im dreidimensionalen Raum
zuständig sind, nach längerem Jonglieren gewachsen waren.
Damit konnte der gängigen Vorstellung widersprochen werden,
dass sich die Struktur von Erwachsenengehirnen nicht mehr
verändert, bzw. durch den Alterungsprozess nur noch
reduziert. Im Gegenteil konnten die Forscher zeigen, dass
sich die altersbedingte Schrumpfung sogar umkehren
lässt.[7]
Weitere Studien machen deutlich, dass schon ein einmaliges Training einen positiven Effekt auf das Wohlbefinden und die Gehirnaktivität haben kann. Damit die Wirkung jedoch anhält, ist regelmäßige Bewegung nötig.[3]
Wer mag, kann es im Selbstversuch gerne testen und unser Bewegungstutorial zum Jonglieren ausprobieren. Neben den genannten positiven Effekten spricht für das Erlernen der Jonglage, dass sich schon nach relativ kurzer Zeit erste Erfolge erzielen lassen. Dies bewirkt, dass das Glückshormon Dopamin ausgestoßen wird, die Stimmung steigt und sich der Stresslevel reduziert.[8]
Anschließend fühlt man sich also nicht nur wieder wacher und aufnahmefähiger, sondern ist vielleicht auch ein wenig schlauer, entspannter und glücklicher.
Fußnoten und Quellen:
[1] MDR
Wissen (2019): https://www.mdr.de/wissen/pausen-helfen-beim-lernen-100.html
[2] Klöckner, L. (2014): https://www.zeit.de/zeit-wissen/2014/02/sport-bewegung-gesundheit-therapie/seite-3
[3] WDR Quarks (2019): https://www.quarks.de/gesundheit/so-trainiert-sport-das-gehirn/
[4] Pontes,
U. (2015): Was Sport im
Gehirn bewirkt. In: Spektrum
der Wissenschaft kompakt. Sport -von Motivation bis
Muskelkater, S. 24-25.
[5] Hansmeier,
T.
(2014): Beeinflusst Sport unser Gehirn? Die Effekte
körperlicher Aktivität auf die kognitive Evaluierung
visueller Reize. Hamburg: Diplomica Verlag.
[6] Moreau,
D., Morrison, A. B. & Conway, A. R. (2015). An
ecological approach to cognitive enhancement: Complex motor
training.
Acta Psychologica,
157, 44–55. https://doi.org/10.1016/j.actpsy.2015.02.007
[7] Draganski, B., Gaser, C., Busch, V., Schuierer, G.,
Bogdahn, U., & May, A. (2004). Changes in grey matter
induced by training. Nature, 427(6972),
311-312. https://doi.org/10.1038/427311a
[8] Groll,
T. (2012): https://www.zeit.de/karriere/beruf/2012-10/konzentration-gehirnleistung-jonglage