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Neurochirurgie – Adleraugen für die Präzisionsmedizin

 

Operationsmikroskope haben in der Neurochirurgie vor mehr als 30 Jahren eine medizintechnische Revolution ausgelöst. Winzigste Hirnstrukturen wurden plötzlich unterscheid- und damit auch behandelbar. Ergonomisch gesehen sind die optischen Hilfsinstrumente allerdings alles andere als ein Segen. Und auch aus technischer Sicht verschenken sie viele der Möglichkeiten, die moderne Verfahren computergestützter Chirurgie heutzutage anbieten. Ein neues, preisgekröntes System könnte das Mikroskop im Operationssaal bald ersetzen und für mehr Durchblick im dichten Neuronendschungel sorgen. Im Mittelpunkt steht dabei ein einarmiger Assistent mit viel Gefühl.

Vernunft, Emotion, Seele, Bewusstsein: Das Gehirn gilt dem Menschen als Zentrum seines Seins, als Sitz seiner Identität. Aus physiologischer Sicht fasziniert insbesondere die feingliedrige und hocheffiziente Architektur des Denkorgans: Nervenbahnen mit einer Gesamtlänge von insgesamt 5.8 Millionen Kilometern verkabeln auf kleinstem Raum mehr als 100 Milliarden Nervenzellen zu einem neuronalen Netzwerk von unnachahmlicher Komplexität und Leistungsfähigkeit.

Wie genau Geist und Gehirn im Einzelnen zusammenhängen, darüber grübeln unter dem Begriff des ‚Leib-Seele‘ Problems die Philosophen seit Jahrhunderten. Mit der materialistischen These, dass alle Bewusstseinsvorgänge eine physikalischen Basis haben fordern die Neurowissenschaften – neuen bildgebenden Verfahren sei Dank – inzwischen eindrucksvoll die jahrhundertealte Deutungshoheit der Philosophen in einem ihrer zentralen Gegenstandsbereiche heraus. Mit Hilfe von Computer- und Magnetresonanztomographie erstellen Neurobiologen immer präzisere ‚Landkarten‘, die Aufschluss über die jeweiligen kognitiven Fähigkeiten und Funktionen von einzelnen Hirnareale geben. Die ‚Hirnatlanten‘ zeigen, dass jeder Bewusstseinsprozess seinen eigenen ‚Ort‘ im zerebralen Ganzen hat; entsprechend folgenreich wirken sich – informatisch gesprochen – Schäden an einzelnen ‚Partitionen‘ des Gehirns aus. Sie können im schlimmsten Fall nicht nur zum Verlust einzelner Daten, sondern sogar zum Ausfall kompletter kognitiver ‚Programme‘ führen.

Es ist diese direkte Abhängigkeit des menschlichen Selbst von der physischen Unversehrtheit des Gehirns einerseits und die Feingliederigkeit und Komplexität des neuronalen Netzwerks andererseits, die Operationen am Kopf zu einer der größten Herausforderungen in der Medizin werden lassen. Neurochirurgie ist häufig Millimeterarbeit; verfahrenstechnisch zählen daher in der Neurochirurgie viele Eingriffe zur Mikrochirurgie. Was bedeutet, dass Operationen in diesen Fällen unter Zuhilfenahme optischer Geräte durchgeführt werden. Hier, in einem Körperbereich wo der kleinste ‚Fehltritt‘ unmittelbare Auswirkungen auf die geistige Verfassung des Patienten hat, sind die Sichtverhältnisse von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Eingriffs. Seit ihrem ersten Einsatz im Jahre 1957 sorgen Operationsmikroskope in der Neurochirurgie dafür, dass der Chirurg auch da noch etwas sieht, wo das bloße Auge schon längst keine treffsicheren Unterscheidungen mehr vornehmen kann. 40-fach durch ein entsprechendes Mikroskop vergrößert kann der operierende Arzt auf einem Stecknadelkopf einen Staubpartikel noch ebenso gut identifizieren, wie er Italien als Stiefel auf der Oberfläche einer unvergrößerten Ein-Euro-Münze erkennen kann.

Doch trotz aller Errungenschaften bringt der Einsatz von Operationsmikroskopen in der Neurochirurgie auch Nachteile mit sich – allen voran ergonomische Probleme. So ist der Neurochirurg gezwungen, da die Optik des Mikroskops zwischen ihm und dem Patienten angeordnet werden muss, die Operationsinstrumente während der gesamten Dauer des Eingriffs mit durchgestreckten Armen zu führen. Wer schon einmal getestet hat, wie lange man seine Arme ausgestreckt vor den eigenen Körper halten kann, weiß wie viel Kraft und Ausdauer eine solche Stellung erfordert. Überanstrengungen drohen auch für die Augen. Denn ebenso, wie der stundenlange Blick durch einen Feldstecher die Scharfsicht trübt, ist auch das ununterbrochen Fixieren des Untersuchungsgegenstandes durch das Binokular des Mikroskops alles andere als angenehm.

Ermüdungsfreies Operieren

Die ergonomischen Schwierigkeiten in der Mikrochirurgie stimulierten in den letzten Jahren die Suche nach geeigneten Alternativen. Ausschau gehalten wurde nach einem optischen Hilfsgerät, das dem Chirurgen ein ermüdungsfreies Arbeiten ermöglicht.

Eine Lösung für das Problem schien der Einsatz von Endoskopen zu bieten, die sich neben den Operationsmikroskopen als bildgebende Systeme zunehmend in der Neurochirurgie etablierten. Tatsächlich konnte mit dem Endoskop bequem operiert werden. Die Millimeter kleinen Abmessungen des Kameraauges gaben dem Chirurgen eine neue, nie gekannte Bewegungsfreiheit. Schnell wurde allerdings deutlich, dass auch dieses Verfahren seine Tücken hat. Denn, zum einen erreichte die Bildqualität der bis dato bekannten Endoskope noch nicht das Niveau der Operationsmikroskope. Zum anderen lässt sich mit dem Endoskop nur ein äußerst kleines Sichtfeld erschließen, da der Durchmesser des Objektivs naturgemäß sehr gering ist; die Folge: die Übersicht über das angrenzende Operationsgebiet fehlt gänzlich, so dass die Orientierung für den Chirurgen deutlich erschwert wird.

Die Verfügbarkeit einer neuen Generation von Endoskopen mit wesentlich verbesserter Bildqualität brachte Prof. Dr. Duffner, einen erfahrenen Neurochirurgen von der Universitätsklinik Tübingen, auf die Idee, die Vorzüge des Operationsmikroskops – hohe punktuelle Ortsauflösung, leichte räumliche Orientierung – mit den Vorzügen des Endoskops – gute Ergonomie – zu verbinden. Duffner machte sich auf die Suche nach geeigneten Kooperationspartnern im Ingenieursbereich, die über Erfahrungen in der computer- und robotergestützten Chirurgie verfügten und bereit waren, bei der technischen Umsetzung mitzuwirken. Fündig wurde Prof. Dr. Duffner an der Universität Siegen. Hier beschäftigte sich bereits seit einigen Jahren ein Forscherteam um den Ingenieur Dr. Jürgen Wahrburg mit der Entwicklung eines universell einsetzbaren Systems für die Chirurgie; das System basiert auf der Konstruktion anpassungsfähiger Einzelmodule.
„Wir begannen unsere Entwicklungsarbeit mit einer Bestandsaufnahme“, erinnert sich Dr. Wahrburg. „Dabei stellten wir fest, dass die Technik in vielen unterschiedlichen medizinischen Anwendungsgebieten große Fortschritte gemacht hatte. Die Verfahren boten aber größtenteils Insellösungen. Für ein einzelnes Problem stellten sie eine entsprechende Lösung zur Verfügung“, so Wahrburg. Prof. Dr. Duffner ergänzt: „Ein System, das alle Neuerungen in den Bereichen Optik, Halbleitertechnologie und computerassistierte Chirurgie zusammenführte, gab es für die Neurochirurgie noch nicht. Unsere Idee war es, die medizintechnischen Errungenschaften in ein einziges System zu integrieren und gleichzeitig die Einzelkomponenten in Hinsicht auf ihre spezifische Aufgabe zu optimieren.“ Das ehrgeizige Projekt erforderte die Mitarbeit weiterer Spezialisten. Zusätzliches Computer-Know-How kommt von der Universität Leipzig. Hier entwickelt unter Leitung von Prof Dr. Bartz vom ‚ICCAS‘ (Innovation Center Computer Assisted Surgery) eine Gruppe von Informatiker die benötigte Software zur Bildverarbeitung. Von Seiten der Industrie beteiligt sich der Endoskophersteller Henke-Sass, Wolf GmbH (HSW) aus Tuttlingen. HSW gehört zu den Pionieren bei der Entwicklung der neuen Endoskop-Generation.

‚Neuro-Comrade‘ nennen die Entwickler ihr System – zu deutsch: ‚Neuro-Kamerad‘. Der Name ist mit bedacht gewählt: „Von der Planung bis zur Durchführung der Operation soll ‚Neuro-Comrade‘ den Chirurgen in allen Bereichen seiner Arbeit möglichst effektiv unterstützen“, beschreibt Dr. Wahrburg die Aufgabe des Systems als die eines technisch zuverlässigen Gehilfen. Dr. Wahrburg baut mit seinem Forscherteam an der Universität Siegen einen der zentralen Baustein von Neuro-Comrade: ein ‚mechatronisches‘ Assistenzsystem.  

Vorbild Mensch: Der mechatronische Arm

Die Mechatronik ist ein interdisziplinäres Fachgebiet der Ingenieurswissenschaft, das Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik miteinander kombiniert. Hinter dieser ganzheitlichen Betrachtungsweise steht das Ziel, mechanische Systeme höherer Komplexität aufzubauen; Vorbild dafür ist unter anderem die Natur.

Ein Beispiel: Der Griff nach der Kaffeetasse ist das Resultat des erfolgreichen Zusammenspiels von Hand, Auge und Gehirn. Als ‚sensomotorisch‘ bezeichnet man diese Koordination von wahrnehmenden und motorischen Nerven zur Steuerung von Bewegungsabläufen. Die Mechatronik baut aus elektronischen Sensoren und mechanischen Aktoren technisch ähnliche Systeme. Eine mechatronische Konstruktion dieser Art wäre ein Greifarm, der sensibel auf seine Umwelt reagiert – eben z.B. um eine Kaffeetasse zu heben.

‚Sensibel‘, nicht im Sinne von ‚zartbesaitet‘, sondern im Sinne von ‚sinnlich wahrnehmend‘ und ‚motorisch feinfühlend‘ ist auch der mechatronische Assistent, der im Entwicklungslabor des ‚Zentrums für Sensorsysteme‘ (ZESS) der Universität Siegen steht. In bis zu zehntel Millimeter kleinen Abständen kann sich das Aktorsystem – ein 100 Zentimeter langer Arm an dessen ‚Handgelenk‘ sich wahlweise die verschiedensten medizinischen Instrumente anbringen lassen – in fließenden Bewegungen durch alle drei Raumdimensionen bewegen. Fünf Gelenke sorgen dafür, dass der Arm jede erdenkliche Position in einem imaginären dreidimensionalen Koordinatensystem einnehmen kann. „Das mechatronische System ist sehr beweglich, dabei gleichzeitig aber äußerst fein navigierbar. Im Gegensatz zum Arzthelfer kann es Instrumente, wesentlich genauer in eine bestimmte Position bringen und zitterfrei auch in dieser halten“, erläutert Dr. Wahrburg. 

Im Operationssaal: ‚Nummer 5 lebt‘

In einiger Entfernung neben dem mechatronischen Arm steht auf einem dreibeinigen Stativ ein Objekt, dessen Äußeres auffällig an den Kopf des Roboters aus dem 80er Jahre Kinofilm ‚Nummer 5 lebt‘ erinnert. Das Haupt von ‚Nummer 5‘ bestand aus einem rechteckigen Kasten, in dem nebeneinander zwei Kameras angeordnet waren: die ‚Augen‘ des Roboters.
Bei dem fraglichen Objekt am ZESS – einem stereoskopen Digitalisierungssystem – könne man zwar nicht direkt von ‚Augen‘ sprechen, erklärt Dr. Wahrburg. Denn im eigentlichen Sinne ‚sehen‘ könne das Gerät nicht. Für den mechatronischen Arm erfülle es aber durchaus eine vergleichbare Funktion, führt Dr. Wahrburg weiter aus.
Die 3D-Kamera ist der visuelle ‚Wahrnehmungsapparat‘ des Arms. Sie ermittelt über drei geometrisch angeordnete Kugeln, die am vordersten Gelenk des mechatronischen Arms in der Verlängerung des medizinischen Instrumentes befestigt sind, stetig dessen Position. Die Raumkoordinaten des elektronischen Assistenten werden während der Operation über die 3D-Kamera mit denen des Patienten abgeglichen; dazu bringt der behandelnde Arzt am Kopf des Patienten ebenfalls drei Marker an. Die Informationen über die Raumposition werden an den mechatronischen Arm weitergegeben, so dass dieser zu jedem Zeitpunkt genau ‚weiß‘ wo er sich befindet. ‚Matching‘ heißt das Verfahren, mittels dessen Objekte über die Messung ihrer lokalen Lage zueinander in Beziehung gesetzt werden. Geringste Bewegungen des Patientenkopfes können so sekundengleich vom Assistenzarm automatisch nachvollzogen werden. 3D-Kamera und Assistenzarm bilden zusammen das mechatronische Sensor-Aktor-System von Neuro-Comrade.  

Fingerzeig der Technik

Was aber ist die Aufgabe des ‚sensiblen‘ Assistenzarms. Wie kann er die Operationsbedingungen für den Neurochirurgen verbessern?
„Am Ende des mechatronischen Arms installieren wir an der Instrumentenhalterung ein neuartiges Endoskop des Industriepartners HSW mit einem Durchmesser von einigen Millimetern. Dieses ist mit einer HDTV-Kamera kombiniert und liefert hochauflösende Bilder vom Operationsgebiet“, führt Dr. Wahrburg aus. Der Assistenzarm übernimmt die automatische Positionierung der Kamera. Wie ein Finger zeigt die Metallnadel mit dem Endoskop an der Spitze auf die Eingriffsstelle. Auf einem Monitor erscheint das Kamerabild in mehrfacher Vergrößerung; per Zoom kann der Arzt den Aufnahmebereich je nach Bedarf näher heranholen oder weiter wegrücken. So weit so gut.
Das Ziel ein mikrochirurgisch optimiertes System zu konstruieren ist mit dem mechatronisch justierbaren Endoskop-Bild alleine aber noch nicht erreicht. Wie löst man das Problem des eingeschränkten Sichtfeldes? Wahrburgs Antwort: „Die Realitätswahrnehmung muss um zusätzliche Informationen angereichert werden.“ Das Konzept, das dahinter steht, ist unter dem Namen ‚Augmented Reality‘ bekannt.  

Erweiterte Realität: Blick unter die Oberfläche

Wie kann man sich das im Falle einer Kopf-OP vorstellen? Woher kommen die ‚zusätzlichen Informationen‘? Der Schlüssel liegt in der modernen Bildgebung: „Um den Eingriff zu planen, schickt der Neurochirurg den Patienten zunächst in die Röhre“, erläutert Dr. Duffner mit Blick auf den regulären Ablauf eines neurochirurgischen Eingriffs. Schicht für Schicht durchleuchtet der Computer- oder Kernspintomograph im Millimeterabstand den Kopf des Patienten. Dabei entsteht eine Vielzahl kontrastreicher Graustufenbilder, die übereinander gelagert ein dreidimensionales Gesamtbild des Gehirns ergeben. Der Arzt nutzt die Bilder in der präoperativen Planung, um den Zugang zum Zielgebiet so zu wählen, dass die durch den Eingriff unausweichlich entstehenden minimalen Läsionen nach Möglichkeit kein funktional bedeutsames Hirngewebe treffen.
Während der OP dienen dem Chirurg die CT- oder MR-Bilder dann zur Orientierung. Wie in der Nautik ermittelt der Arzt über ‚Landmarken‘ im Operationsgebiet seine Ist-Position und bestimmt an Hand der CT-Karten den ‚Kurs‘ den er mit seinen Instrumenten einschlagen muss, um die Soll-Position, z.B. den Tumor, zu erreichen. In der heutigen Praxis muss der Arzt seinen Kopf dabei allerdings immer zwischen der Darstellung der präoperativen Aufnahme auf dem Computer-Bildschirm und dem Operationsbereich hin und her wenden. Und auch die zur Positionsbestimmung notwendigen ‚Landmarken‘ sind rein mental vom Arzt zu erfassen; im Einerlei des grauen Zellgewebes sind sie zudem nur mühselig auszumachen.
Hier setzt das Neuro-Comrade-System an. „Mit Hilfe der Verfahren, die bei unserem Projektpartner an der Universität Leipzig entwickelt werden, lassen sich die Bilder aus der präoperativen Bildgebung mit der intraoperativen Wirklichkeit kombinieren“, erklärt Dr. Wahrburg. Auf dem Bildschirm erscheint dann nicht nur das Realbild aus dem Endoskop, sondern virtuell auch das angrenzende Operationsgebiet. Der Clou: nicht nur in der Fläche sieht der Arzt mehr als die Wirklichkeit hergibt; er kann sogar im Millimeterabstand in tiefere, operativ noch nicht freigelegte Schichten hineinzoomen. Im Bild der Seefahrt gesprochen, sieht der Arzt als Navigator jetzt nicht mehr nur die Wasseroberfläche, sondern hat auch im Blick, was sich darunter abspielt. Gefährliche ‚Klippen‘, wie Arterien oder Venen, können farblich gekennzeichnet und damit mühelos ‚umschifft‘ werden.

Innovationspreis Medizin

Um sicherzustellen, dass der Computer Realbild und virtuelles Bild zu jedem Zeitpunkt passgenau aufeinander abbildet, werden am Kopf des Patienten schon vor der Bildaufnahme mehrere Marker angebracht, die auch während der OP zur Orientierung des mechatronischen Assistenzsystem dort belassen werden. Für die Koordination der Elemente ‚Patient‘, ‚Realbild‘ und ‚CT-/MR-Bild‘ kommt abermals das ‚Matching‘-Verfahren zum Einsatz. Die Navigationssoftware von Neuro-Comrade stellt anhand der Marker, die in der präoperativen Aufnahme lokalisiert werden können und deren Position intraoperativ mit der 3D-Kamera gemessen wird, eine Beziehung zwischen prä- und intraoperativer Welt her. Dank der wachsamen ‚Augen‘ des 3D-Digitalisierungssystem verfügt Neuro-Comrade stetig über alle notwendigen Koordinaten, um an Hand der jeweiligen Marker mechatronischen Assistenzarm, Patient, Realbild und CT-/MR-Bild aufeinander abzustimmen. Dadurch, dass die Raumkoordinaten aller relevanten Einheiten bekannt sind, kann das CT-Querschnittsbild, exakt auf den Blickwinkel des Arztes ausgerichtet werden. Der Neurochirurg erhält damit die Möglichkeit, den Zugang zum Zielgebiet so zu wählen, wie es aus medizinischer Sicht am sinnvollsten erscheint. Der in der präoperativen Planung einmal festgelegte Zugangsort, kann später durch den mechatronischen Assistenzarm automatisch angefahren werden.

„Das neuartige System birgt ein großes Innovationspotenzial für alle mikrochirurgisch tätigen Fachgebiete“, ist sich Dr. Duffner sicher. Laut Duffner haben die deutlich besseren ergonomischen Eigenschaften „einen günstigen Einfluss auf den Operationsverlauf und damit auch auf die Gesundheit des Patienten.“ Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gibt Duffner Recht. Als eines von insgesamt dreizehn herausragenden Projekten, die aus 129 eingereichten Konzepten ausgewählt wurden, gewann Neuro-Comrade 2006 den Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik des BMBF. Dr. Wahrburg freut sich, dass er mit Bewilligung der Preisgelder zum 01. August 2007 die Entwicklung des Systems nun mit zusätzlicher Unterstützung vorantreiben kann.


Rubrik
‚Neuro-Comrade‘ ist eine Spezialanwendung des am ZESS der Universität Siegen entwickelten modularen Assistenzsystems ‚modiCAS‘. 3D-Digitalisierungssystem, Navigations- und Operationsplanungssoftware, sowie der mechatronische Arm bilden die Bausteine eines ganzheitlichen Lösungsansatzes für die computer- und roboterassistierte Chirurgie. Der erfolgreiche erste klinische Einsatz eines Prototyps erfolgte in der Hüftendoprothetik, wo weltweit erstmalig die Implantation der Pfannenprothese mit Roboterassistenz durchgeführt wurde. Die chirurgischen Instrumente werden hierbei am äußeren Ende des mechatronischen Arms auf einer Linearführung befestigt und vom Operateur selbst bewegt und betätigt, während sie von ‚modiCAS‘ in der korrekten räumlichen Lage positioniert werden.

Verfasser: Hellermann/Wahrburg

Text und Bilder sind frei zum Wiederabdruck


Ansprechpartner

Dr. Ing. Jürgen Wahrburg
Universität Siegen
Interdisziplinäres Zentrum für Sensorsysteme (ZESS)/
FB12 – Institut für Regelungs- und Steuerungstechnik
Paul-Bonatz-Str. 9-11
57076 Siegen
Telefon: +49 271 740 4442
Telefax: +49 271 740 2336
wahrburg@zess.uni-siegen.de

Interdisziplinäres Zentrum für Sensorsysteme (ZESS)
http://www.zess.uni-siegen.de