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Schulpädagogik trifft Kindheits- und Jugendforschung

 

Viele tausend Stunden verbringen Kinder und Jugendliche in bzw. mit der Schule. Institutionalisiertes Lernen hat eine hohe Bedeutung für das Hineinwachsen in die komplexen Anforderungen der modernen Industrie- und Informationsgesellschaft. Bildungsforschung untersucht – meist in didaktischer Perspektive –, in welchen Formen und unter welchen Bedingungen dieses Lernen gelingt.

An der Universität Siegen widmet sich die Arbeitsgruppe ‚Schulpädagogik‘ dieser Aufgabe; allerdings unter teilweise umgekehrten Vorzeichen: die Forschung zielt nicht vorrangig auf die Frage, was die Heranwachsenden in der Schule, sondern ebenso darauf, welche Kompetenzen sie außerhalb erlangen. ‚Lernbiografien im schulischen und außerschulischen Kontext‘ (LISA & KO) heißt dementsprechend auch das zentrale Projekt der Arbeitsgruppe, eine Längsschnittstudie ‚von 5 bis 15‘. Und auch das Projekt ‚SCHLAU‘ (‚Schichtspezifisches Lernen außerhalb von Unterricht‘) fokussiert auf den Kontext für institutionelles Lernen und auf die Wechselwirkungen, die sich zwischen dem schulischen und dem außerschulischen Erwerb von Fertigkeiten und Fähigkeiten ergeben.

Damit verfolgt die Siegener Schulpädagogik einen komplementären Forschungsansatz zum sozialwissenschaftlich orientierten ‚Siegener Zentrum für Kindheits-, Jugend- und Biografieforschung‘ (SiZe). Dessen Interesse gilt dem Verhältnis der Generationen: Wie werden Wissen und Können, Werte und Einstellungen von einer Generation auf die nächste übertragen? Welche Veränderungen lassen sich bei diesem Transfer beobachten und welche Rückwirkungen gibt es? In den Studien des SiZe – z. B. ‚NRW-Kids‘ und ‚LERNenBILDung‘ – geht es aber nicht nur um die Erfahrungen der Heranwachsenden in Familie und Peer-Group, um das informelle Lernen im Alltag und mit Hilfe der Medien, sondern auch um den Außenblick der Kinder und Jugendlichen auf Schule und Unterricht.
Anders als sonst üblich gibt es an der Universität Siegen eine Kooperation zwischen Sozial- und Schulpädagogen. So versucht ‚LISA & KO‘ mit Blick auf schulisch relevante Kompetenzen zu verstehen, welche Bedeutung Interessen, Aktivitäten und Erfahrungen im Alltag der SchülerInnen für ihre Bildungsbiografie haben. Beiden Ansätzen gemeinsam ist das Interesse an den Heranwachsenden als Schüler – ohne sie auf diese Rolle zu reduzieren.

‚Das Kind hinter PISA‘ meint aber mehr als eine Differenzierung der theoretischen Modellierung von Lernen und Entwicklung. Diese lässt sich nämlich nicht umsetzen ohne eine Erweiterung des forschungsmethodischen Ansatzes: Kinder und Jugendliche als Experten ihrer Lebenswelten ernst zu nehmen bedeutet, sich nicht auf standardisierte Tests und Fragebögen zu beschränken. Offene Interviews, teilnehmende Beobachtung, Gruppendiskussionen, freie Texte, kognitive Landkarten, Fotos sind nur einige Zugänge, die im SiZe entwickelt bzw. verfeinert und von ‚LISA & KO‘ in sein Methoden-Repertoire übernommen und ergänzt worden sind.

Verdichtet haben die beiden Forschergruppen ihre Zusammenarbeit in mehreren gemeinsamen Tagungen und Publikationen:

1994: ‚Kindheit und Schule‘
2001: ‚Lernbiografien im sozialen Kontext‘
2003: ‚Grundschulpädagogik meets Kindheitsforschung‘
2008: ‚Demokratische Grundschule‘

Auch in konkreten Befunden ergänzen sich die Projekte der beiden Forschergruppen: Während beispielsweise aus dem SiZe-Projekt ‚NRW-Kids‘ repräsentative Daten zu den sozialen Beziehungen von Kindern und Jugendlichen, zu ihren Lieblingsfächern usw. vorliegen, bieten die Portraits von ‚LISA & KO‘ qualitative Daten zu Art und Bedeutung dieser Beziehungen und Einschätzungen. Die Texte dieses Heftes stellen die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Studien ‚NRW-Kids‘, ‚LERNenBILDung‘ und ‚LISA & KO‘ vor; zusammen gelesen ergeben sie ein differenziertes Bild davon, wie die erste Generation des neuen Jahrtausends – jenseits schulischer Leistungstests – nicht nur ihr Lernen, sondern auch ihr Leben gestaltet.

Text ist frei zum Wiederabdruck

 

Literaturtipps:

Backhaus, A./ Knorre, S., in Zusammenarbeit mit Brügelmann, H., und Schiemann, E. (Hrsg.):
Demokratische Grundschule - Mitbestimmung von Kindern über ihr Leben und Lernen.
Arbeitsgruppe Primarstufe/ FB2. Siegen 2008

Brügelmann, H. : Schule verstehen und gestalten. Perspektiven der Forschung auf Probleme von Erziehung und Unterricht. CH-Lengwil 2005 (fortlaufend online aktualisiert unter: www.agprim.uni-siegen.de/schuleverstehen )

Panagiotopoulou, A./ Brügelmann, H. (Hrsg.): Grundschulpädagogik meets Kindheitsforschung. Jahrbuch Grundschulforschung, Bd. 7. Opladen 2003

Zinnecker, J./ Behnken, I./ Maschke, S./ Stecher, L: null zoff & voll busy. Die erste Jugendgeneration des neuen Jahrhunderts. Opladen 2002

Panagiotopoulou, A./ Rohlfs, C. (Hrsg.): Lernbiografien im sozialen Kontext. FB 2. Siegen 2001

Behnken, I./ Jaumann, O. (Hrsg.): Kindheit und Schule. Kinderleben im Blick von Grundschulpädagogik und Kindheitsforschung. Weinheim/ München 1995

 

Ansprechpartner

Prof. Dr. Hans Brügelmann
Universität Siegen
 
Prof. Dr. Hans Werner Heymann
Universität Siegen

PD. Dr. Imbke Behnke
Universität Siegen