Symposium: Das Wohnzimmer als Loge. Von der Fernsehoper zum medialen Musiktheater - 21.-23. März 2012
„Der große Reiz des Kamera-Mediums [...] besteht für den Opernkomponisten offensichtlich darin, dass er durch die Möglichkeit schnellen Wechsels von Lokal, Perspektive, Distanz, Bedeutungsakzent usf. völlig neue Dimensionen in den musik-dramatischen Raum einführt.“ Ernst Krenek: Musiktheater – Fernsehen – Film (1968)
Als der Fernsehapparat in den 1950er Jahren zum Statussymbol
avancierte und das Fernsehen mit einer einzigen Ausstrahlung so
viele Zuschauer ansprechen konnte wie kein anderes
audiovisuelles Medium zuvor, begann die Geschichte der
Fernsehoper. Eine neue Gattung bildete sich, die, vor allem in
den 1950er und 1960er Jahren, Komponisten zum Experimentieren
mit dem neuen Medium anregte - hier können Namen wie Menotti,
Britten oder Strawinsky genannt werden. In Folge der
Digitalisierung und den mit ihr einhergehenden vereinfachten
Produktionsbedingungen wandelte und erweiterte sich das
Potential des audiovisuellen Musiktheaters in den letzten
Jahrzehnten über Film und Fernsehen hinaus.
So sollen bei dieser Siegener Tagung in einem ersten Teil
chronologisch aneinander gereihte Fallbeispiele erstmals eine
Beurteilung der Diversifikation der Fernsehoper ermöglichen,
aber auch deren Kontinuitäten und Entwicklungen erfahrbar
werden lassen. Besonderes Augenmerk gilt dabei den jeweiligen
Produktionsbedingungen und den technischen Neuerungen. Der
zweite Teil des Symposiums beschäftigt sich mit der
Phänomenologie des zeitgenössischen medialen Musiktheaters, zu
dessen Verständnis der althergebrachte Gattungsbegriff – wie es
scheint – nicht recht taugen will.
Der Versuch, mit dem dritten Teil eine Art Resümee zu
verbinden, muss angesichts der geschilderten Problemlage als a
priori zum Scheitern verurteilt bewertet werden. Folglich
stehen hier Vorträge, die Ausblicke gewähren: auf
länderspezifische Kulturen des medialen Musiktheaters, auf
Tendenzen hin zu einer Meta-Kunst sowie mit einem nicht
ansatzweise ausgeleuchteten Sonderkapitel der
Rezeptionsgeschichte, dem Salzburger Fernsehopernpreis, der von
1956 bis 1983 vergeben wurde.
Um den Diskurs innerhalb der Teilnehmergruppe zu optimieren,
ist für Donnerstagabend die Vorführung von „Amazonas
Musiktheater“, 3. Teil (Peter Weibel, Ludger Brümmer und Bernd
Lintermann, 2009) geplant.
Als Medienpartner konnte der Deutschlandfunk gewonnen werden.
Die Autorin Barbara Eckle zieht dort am 9. April 2012 im
„Musikjournal“ (20:10-21:00 Uhr) ein erstes Resümee. Außerdem
bereitet sie eine ausführliche Würdigung des Symposiums vor,
die im Herbst 2012 im „Atelier neuer Musik“ des
Deutschlandfunks zu hören ist.
Das Symposium wird zur Gänze von der VolkswagenStiftung
gefördert.
Veranstaltungsprogramm
Mittwoch 21.03.2012 |
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9:30 |
Begrüßung:
Prof. Dr.-Ing. Peter Haring Bolívar, Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der Universität Siegen Prof. Martin Herchenröder, Prodekan für Struktur, Planung & Finanzen der Fakultät II |
10:00 | Kunst der Stunde
Null? - Zu den Anfängen der Fernsehoper
Matthias Henke |
11:00 | Fernsehen im
Fernsehen:
Ernst Kreneks „Ausgerechnet und Verspielt“ (1962) und seine Reflexion des Mediums Fernsehen Sara Beimdieke |
12:00 | Pause |
14:30 | Vom Umkehrkrebs zur
Shampoowerbung:
Igor Strawinsky’s Tanzdrama „The Flood” im Spannungsfeld zwischen Reihentechnik, medialer Kunst und ihrer kommerziellen Verwertung Frank Heidlberger |
15:30 | Sind Medienopern die
eigentlichen Opern?
Peter Weibel |
16:30 | Pause |
17:00 | Kamera, Kunst und
Kavallerie - Benjamin Brittens Fernsehoper „Owen
Wingrave“ (1971)
Arne Muus |
18:00 | Paul Angerers „Die
Passkontrolle“ (1958)
Paul Angerer |
Donnerstag 22.03.2012 |
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9:30 | „Echte
Kunst war das nicht“ - Zum Scheitern von Hans
Werner Henzes Fernsehoper „La Cubana oder ein Leben
für die Kunst“
Marion Fürst |
10:30 | Von der Bühne ins
Studio: Fernsehspiel und Fernsehoper
Knut Hickethier |
11:30 | Postopera and Moving
Image: Singing Body beyond the Screen
Jelena Novak |
12:00 | Pause |
14:30 | „Ist das noch Oper?“
Medien- und kulturtheoretische Anmerkungen zur Oper
fürs Fernsehen
Bianca Michaels |
15:30 | Zur
Entstehungsgeschichte des „Amazonas“ -
Musiktheaters (Peter Weibel, Ludger Brümmer und
Bernd Lintermann, 2009)
Julia Gerlach |
16:30 | Beispiele medialer
Technologie im zeitgenössischen Musiktheater
Ludger Brümmer |
17:30 | Pause |
18:00 | Vorführung: „Amazonas“ - Musiktheater in drei Teilen, 3. Teil (Peter Weibel, Ludger Brümmer und Bernd Lintermann, 2009) |
Freitag 23.03.2012 |
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10:30 |
Imaginäres Musiktheater: Oper und Medialität in
Janet Cardiffs und Georg Bures „Millers Opera for a
small room“ und „Paradise institute“
Ulrike Hartung |
11:30 | Im Lehnstuhl sitzend
eine ganze Opernvorstellung hören und sehen:
Videoclips und/als Musiktheater
Henry Keazor |
12:00 | Pause |
14:00 | Ein eigenes Terrain?
Fernsehoper in Japan
Kazusa Haii |
15:00 | Zur Geschichte des
Salzburger Fernsehopernpreises
Rainer Schwob |
16:00 | Spuren der Zukunft
Roundtable über die Wirkungsgeschichte des medialen Musiktheaters |
Ausblick
Als Kooperation zwischen der Universität Siegen und der Donau-Universität Krems ist für 2013 ein weiteres Symposium zum medialen Musiktheater geplant. Es soll vor allem die österreichische Geschichte der Fernsehoper beleuchten, ihre Autoren und Protagonisten sowie die landesspezifischen Produktionsbedingungen.
Information
Veranstalter
Universität Siegen
Fakultät II: Bildung · Architektur · Künste
Professur Historische Musikwissenschaft
Veranstaltungsort
Universität Siegen
Artur-Woll-Haus
Am Eichenhang 50, 57068 Siegen
Tagungsleitung
Prof. Dr. Matthias Henke
Universität Siegen
Fakultät II: Bildung · Architektur · Künste
Department Kunst und Musik
Adolf-Reichwein-Str. 2, 57068 Siegen
Tel.: +49 271 740 4523
e-Mail: matthias.henke@uni-siegen.de
Tagungs-Assistenz
Sara Beimdieke
e-Mail: beimdieke@musik.uni-siegen.de
Nähere Auskünfte
Department Kunst und Musik
Sekretariat Musik
Katrin Daniel
Tel.: +49 271 740-4537
e-Mail: daniel@musik.uni-siegen.de
Quelle Bild: Sarah Norris 1950s family watching TW, found in
Brighton