Das runde Bild
Ringvorlesung des Lehrstuhls für Kunstgeschichte (Prof. Dr. Joseph Imorde) im Sommersemester 2015
Universität Siegen
Aldof-Reichwein-Straße 2
57076 Siegen
mittwochs, 12-14 Uhr
AR-D 5105 (»Gelber Hörsaal«)
Dass die Vorstellung vom Bild intuitiv mit seiner Rechteckform in Verbindung gebracht wird, hat eine lange Tradition. Sie reicht vom Tafelbild der Malerei bis zum Rechteck der Kinoleinwand und den Displays der elektronischen Bildschirmmedien. Dieser Implikation von „Normalität“ widerspricht die Tatsache, dass es zahlreiche Felder und Anwendungsbereiche gab und gibt, auf denen die Geometrie des Kreises bildbestimmend ist. So kennt die Kunstgeschichte das Rundformat des „Tondo“, das auch in der künstlerischen Moderne vielfach wieder aufgegriffen wurde. In technischen und wissenschaftlichen Kontexten wiederum fungiert das runde Bild häufig als Indikator einer apparativ gelenkten Optik und verdeutlicht den Vorgang des Sehens als nahtloser Verbindung zwischen bildlicher Repräsentation und Betrachterauge. Induziert die Geometrie des Runden einerseits Vorstellungen einer abgeschlossenen „kleine Welt“, so ist sie andererseits hochgradig symbolisch besetzt. Sie vermittelt Ideen von Vollkommenheit und Harmonie, Kreislauf und Wiederkehr. Die Bandbreite reicht dabei vom christlich-theologischen „Weltbild“ über Repräsentationen des Universums und des Firmaments bis zu wissenschaftlicher Diagrammatik, politischer Metaphorik und allen erdenklichen Kontexten der Bilddidaktik.
Im Sinne eines bildwissenschaftlichen Zugangs will die Vorlesung versuchen, das runde Bild unter multiplen Aspekten der Kunst- und Mediengeschichte interdisziplinär zu beleuchten.
Vorlesungsplan (PDF)