Band 10: Internationalismus und Europäische Integration

Christian Henrich Franke/ Cornelius Neutsch/ Guido Thiemeyer (Hrsg.)
Internationalismus und Europäische
Integration im Vergleich. Fallstudien zu Währungen,
Landwirtschaft, Verkehrs- und Nachrichtenwesen.
Aus der Einleitung
Die europäische Integration nach dem
Zweiten Weltkrieg ist seit einigen Jahren ein bevorzugtes
Forschungsgebiet der Geschichts- und Sozialwissenschaften, das
gleiche gilt für die Epoche des „Internationalismus“ in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Beide Epochen sind durch
eine besonders intensive internationale Vernetzung auf
politischer, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und
kultureller Ebene gekennzeichnet. Um so mehr überrascht es,
dass beide Epochen bislang kaum im Zusammenhang gesehen wurden.
Es stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob die
Integration im Zeitalter des Internationalismus als Vorläufer
der Europäischen Integration nach 1945 angesehen werden kann
oder ob beide Prozesse trotz Gemeinsamkeiten unterschiedliche
strukturelle Ursachen und Formen haben? Handelt es sich bei dem
Phänomen der Integration um eine durch die Industrialisierung
ausgelöste langfristige Entwicklung, die durch die „Epoche der
Weltkriege“ zwischen 1914 und 1945 lediglich unterbrochen
wurde? Oder überwiegen trotz der Gemeinsamkeiten zwischen
beiden Prozessen doch die Unterschiede? Diesem grob skizzierten
Problemkomplex hat sich am 23. und 24. März 2006 an der
Universität Siegen die von der Gerda-Henkel-Stiftung geförderte
Tagung ‚Integration – Interdependenz von Politik, Ökonomie und
Kultur im 19. und 20. Jahrhundert’ gewidmet, deren Ergebnis der
vorliegende Band darstellt. Die Beiträge basieren auf den
einzelnen Referaten und sind um Aspekte der anschließenden
Diskussionen ergänzt. Die konzeptionellen Überlegungen gingen
davon aus, dass die Tagung einen ersten Schritt in Richtung
weiterführender Forschungen darstellt, innerhalb derer der
skizzierte Problemkomplex tiefer- und weitergehend behandelt
wird. In methodischer wie inhaltlicher Sicht wurden deshalb
zwei Schwerpunkte gebildet, um zu einem vorläufigen Fazit zu
gelangen:
(1) Es soll das Phänomen des Internationalismus in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Europäischen Integration
nach 1945 verglichen werden, wobei der inhaltliche Schwerpunkt
auf den Bereich ‚Wirtschaft’ gelegt wird. Die Europäische
Integration wird dabei nicht als ein Phänomen betrachtet, das
ausschließlich die Europäische Union und ihre
Vorgängerorganisationen umfasst, sondern vielmehr als eine
Epochenbezeichnung für sämtliche Formen der
grenzüberschreitenden Verflechtungen in Europa nach 1945.
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