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NRW-Umfrage zur Windenergie

Windkraft in Nordrhein-Westfalen: Einstellungen zu Akzeptanz, Beteiligung und Konfliktlösung. Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage

Das Forschungsprojekt Creactive Citizen an der Universität Siegen hat eine Umfrage in Nordrhein-Westfalen durchgeführt, um die Einstellungen und Präferenzen der Bevölkerung bei Windenergie-Nutzung mit aussagekräftigen Ergebnissen abzufragen. Im Mittelpunkt standen hierbei die Fragen: Welche Zustimmung findet die Windenergie? Was wünscht sich die Bevölkerung bei der Planung von Windparks? Welche Informations- und Beteiligungsformen werden präferiert? Welche Chancen bestehen für Online-Beteiligung? Erste Ergebnisse der Umfrage wurden nun in einem Working Report veröffentlicht.

Hintergrund der Umfrage: Details zur Windenergie in NRW

Im Rahmen des EU-Forschungsprojektes Creactive Citizen der Universität Siegen (beteiligte Einrichtungen: Seminar für Politikwissenschaft und Institut für Wirtschaftsinformatik) zu Online-Bürgerbeteiligung im Kontext von Infrastruktur-, Stadt- und Regionalentwicklung entstand im Rahmen der Arbeiten in einem Windenergie-Praxisfall die Idee, unterstützt von zwei lokal ansässigen Windenergie-Unternehmen (Rothaarwind GmbH und Wittgenstein New Energy GmbH) eine repräsentative Umfrage zur Akzeptanz von Windrädern und Einstellungen in der Bevölkerung bei Windpark-Planungsprozessen in den Landkreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe durchzuführen. Explizite Ergebnisse für die hiesigen Landkreise gab es bislang nicht. Um repräsentative Ergebnisse zu erzielen, wurde die Umfrage auf Nordrhein-Westfalen ausgedehnt, es wurden insgesamt 2.500 Personen befragt. Die Online-Befragung führte das Unternehmen Civey aus, das auf diesem Gebiet führend ist.

Klimawandel, Klimaschutz-Maßnahmen und Ausbau erneuerbarer Energien

Die Ergebnisse der Befragung zeigen: Die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen unterstützt überwiegend Klimaschutz-Maßnahmen, die Energiewende sowie den Ausbau der Windkraft. Der Ausbau der Windenergie findet in NRW eine Zustimmung von knapp 61 Prozent – relativ unabhängig der Region. Vergleicht man diese Werte zwischen den Regionen des Sauer- und Siegerlandes mit den urbanen Zentren Düsseldorf, Köln und Münster, so zeigen sich nur geringfügige Abweichungen.

Umfrageergebnisse: 
Sind Sie für den Ausbau von Windenergie in Ihrem Landkreis?
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Von großem Interesse für Wissenschaft und Praxis war auch die Frage nach allgemeinen Einstellungen zu Klimaschutz und erneuerbaren Energien. Über 70 Prozent aller Befragten schätzen den Klimawandel als Problem ein, das menschliches Handeln erforderlich macht – 21 Prozent sind nicht dieser Ansicht. Nur 32 Prozent sind der Meinung, dass in ihrem Landkreis genug für den Klimaschutz getan wird. Eine sehr hohe Zustimmung von 77 Prozent findet der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien.

Umfrageergebnisse: 
Schätzen Sie den Klimawandel als Bedrohung ein, die menschliches Handeln erfordert?
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Umfrageergebnisse: 
Wie wichtig finden Sie persönlich den Ausbau erneuerbarer Energieanlagen?
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Einstellungen zur Windenergie

Chancen und Risiken von Windkraft werden ambivalent bewertet: Große Zustimmung von etwa 60 Prozent finden die Aussagen, dass durch Windenergie ein Beitrag für Klimaschutz und zur Energiewende geleistet wird, etwa 40 Prozent sind der Ansicht, dass Tiere und Pflanzen dadurch gefährdet werden und eine Belastung für Anwohner entsteht.

Umfrageergebnisse: 
Welchen dieser Aussagen zum Thema Windenergie stimmen Sie zu?
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Informierung, finanzielle Beteiligung und Glaubwürdigkeit

Was wünschen sich Bürger:innen nun mehrheitlich für den Fall, dass in ihrer Nähe ein neuer Windpark entsteht? Vergünstigte Stromnutzung vor Ort, Verwendung der Einnahmen für die Region sowie eine umfassende Informierung stehen hier an erster Stelle. Besonders wichtig werden im Vorfeld Informationen, die Möglichkeit einer Begehung des Standorts und Visualisierungen geplanter Anlagen bewertet.
Vorab wünschen sich die befragten Bürger:innen insbesondere über mögliche Geräusche, Auswirkungen auf umgebende Natur und Lage der Standorte informiert zu werden. Hierbei trauen die Befragten vor allem den Einschätzungen der Wissenschaft (60 Prozent), daneben auch Umweltverbänden, jedoch sehr viel weniger der Politik oder Verwaltungen.
Im Falle einer finanziellen Beteiligungsmöglichkeit ist zwar den meisten Befragten ein finanzieller Gewinn wichtig, aber auch ein vergünstigter Stromtarif würde sie überzeugen.

Konflikte und Online-Beteiligung

Im Falle von Konflikten wünschen sich die Befragten vornehmlich Bürgerentscheide, Bürgerversammlungen und eine Lösungssuche durch Expert:innen. Weniger Zustimmung finden öffentliche Pro- und Contra-Diskussionen, Aushandlung im Gemeinderat und ein Schlichtungsverfahren mit Mediator. Kaum Anklang finden Verfahren ohne breiten Einbezug der Öffentlichkeit (Klärung zwischen den Streitparteien und Gerichtsverfahren).
Schließlich wurden in Zeiten der Corona-Pandemie auch Online-Beteiligungsmöglichkeiten abgefragt: Ganz überwiegend wünschen sich die Befragten im Falle von Veranstaltungen für den Austausch Präsenzformate, vor allem mit Projektverantwortlichen, Verbänden und Experten sowie mit anderen Bürger:innen. Weniger als die Hälfte oder nur ein Drittel kann sich das online vorstellen. Allerdings schneiden die Präsenzformate insgesamt eher schlecht ab: Die höchste Zustimmung (40 Prozent) findet der Austausch mit Verbänden und Experten (mit anderen Akteuren etwa 35 Prozent). Weniger als die Hälfte oder nur ein Drittel kann sich das online vorstellen. Bei der Frage nach der Nutzung eines modernen Tools zur Visualisierung von Windanlagen auf dem Smartphone zeigt sich eine digitale Spaltung: Jeweils knapp die Hälfte würde diese Technologie nutzen oder nicht nutzen. Interessanterweise spielt hier das Alter keine zentrale Rolle – Beruf, Bildungsabschluss und politische Orientierung wiegen stärker.

Umfrageergebnisse: 
Angenommen in Ihrer Nähe wird ein Windpark geplant, wie würden Sie sich gerne darüber austauschen?
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Politische Einstellungen, Bildung und Alter als Erklärungsfaktoren

Politische Einstellungen stellen den stärksten Erklärungsfaktor für divergierende Einstellungen dar. Während potenzielle Grünen- und Linke-Wähler:innen mit 99 und 92 Prozent den Klimawandel als Bedrohung wahrnehmen und sich  für den Ausbau von Windenergie aussprechen (95 bzw. 88 Prozent), sehen potenzielle Wähler:innen der AfD zu 75 Prozent keine Bedrohung im Klimawandel, 81 Prozent sprechen sich gegen den Ausbau von Windenergie im örtlichen Landkreis aus.
Ein weiterer starker Erklärungsfaktor ist der Bildungsgrad: Besonders Personen mit einer vorwiegend höheren Schulbildung sind für den Ausbau von Windenergie, wie etwa Personen mit Abitur (63 Prozent). Bei einem Blick auf den Beschäftigungsstatus fällt auf: Insbesondere Studierende befürworten den Ausbau von Windenergie (77 Prozent), sehr viel weniger Arbeitslose bzw. Nichterwerbspersonen (36 Prozent). Studierende und 18-29-Jährige sind zudem stärker faktorenorientiert: Sie weisen ein überdurchschnittlich großes Interesse an Informationen zur Wirtschaftlichkeit und zum Klimabeitrag in Zahlen von Windkraft auf, in erhöhtem Maße werden zudem Informationen aus der Wissenschaft als glaubwürdig eingestuft. Digitale Formate bei der Informierung und Online-Austausch mit Expert:innen werden von der jüngeren Generation deutlich stärker betont. Damit zeigt sich: Die jüngere Generation ist stärker digital versiert sowie experten- und faktorenorientiert.

Fazit: Die Bürgerinnen und Bürger stärker an der Energiewende beteiligen

Für die Forscher:innen der Universität Siegen aus den Fächern Politikwissenschaft und Informatik sind diese Informationen sehr wertvoll. „Unsere Ergebnisse bestätigen die Erkenntnisse anderer Studien: Für die Akzeptanz der Energiewende sind Fairness und Transparenz, Partizipation und Vertrauen Schlüsselfaktoren, wenn es um die Akzeptanz von Windenergieanlagen geht. Insbesondere der Faktor Transparenz wiegt schwer: Das „Öffentlich-Machen“ und öffentliche Aushandeln ist beim Lösen von Konflikten sehr wichtig“, fasst Projektleiter Dr. Jörg Radtke aus der Siegener Politikwissenschaft die Ergebnisse zusammen. „Wir unterstützen daher die Idee, stärker eine Akzeptanzpolitik in den Mittelpunkt der künftigen Energiewende zu stellen“. Aber wird die Energiewende von der Bevölkerung nicht höchst unterschiedlich wahrgenommen? „Ja, das bestätigen unsere Daten sehr eindrücklich: Alter, Bildungsgrad und vor allem die politische Einstellung prägen ganz entscheidend die Einstellungen der Menschen. Es kann daher keinen Generalschlüssel für Informations- und Beteiligungsstrategien geben: Unterschiedliche Bevölkerungsgruppen müssen jeweils spezifisch angesprochen werden“, so Radtke.

Noch ein weiteres Ergebnis hat die Forscher:innen erstaunt. „Wir sind überrascht, dass Online-Veranstaltungen so stark gegenüber Präsenzformaten abfallen“, äußert sich Teilprojektleiter Prof. Dr. Volkmar Pipek aus der Informatik zu den Ergebnissen. Das Online-Beteiligungstool, mit dem die Forscher:innen experimentiert haben, kann offenbar keine Konkurrenz zu einer Veranstaltung mit „echten“ Menschen bieten. „Daher gilt nach wie vor: Online-Beteiligung ist Ergänzung - und kein Ersatz für eine Informationsveranstaltung in der Stadthalle“, so Pipek.

Die hohen Vertrauenswerte der Bevölkerung in die Wissenschaft motivieren alle Beteiligten zur weiteren Zusammenarbeit: „Offenbar wünscht sich die Bevölkerung mehr Präsenz der Wissenschaft, für uns ist das ein starker Antrieb, weiter an den Themen zu arbeiten und uns wie in diesem Fall in die Praxis einzubringen“, fasst Dr. Radtke die Forschungskooperation zusammen. Die Forscher hoffen auch in Zukunft die Energiewende und Beteiligung der Bürger:innen weiter aktiv begleiten zu können.

Weitere Ergebnisse finden Sie in diesem Working Report.

 
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