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Julia Schöfer, Alumna "M.A. Sozialwissenschaften"

doerr Rede aus Sicht einer Absolventin im Rahmen der Abschlussfeier der Philosophischen Fakultät der Universität Siegen am 11.11.2016

Siegen ist viel besser als verlieren!

von M.A. Julia Schöfer

Sehr geehrte Professorinnen und Professoren,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität Siegen,
Sehr geehrte Familie und Freunde der Absolventinnen und Absolventen,
sehr geehrte Damen und Herren,
Und natürlich die Hauptgäste des heutigen Abends: liebe Absolventinnen und Absolventen der Uni Siegen,

heute ist ein besonderer Tag. Ein Abschnitt unseres Lebens geht zu Ende – ein Neuer beginnt. Einige von uns werden die Universität Siegen verlassen um beispielsweise in das Berufsleben zu starten oder den Masterabschluss in einer anderen Stadt zu absolvieren. Andere bleiben vielleicht hier um weiter zu studieren oder zu promovieren. Doch ganz egal wie Euer weiterer Lebensweg nun aussieht, heute ist der Tag an dem wir das bisher erreichte feiern und auf unsere Zeit in Siegen zurückschauen können.

Wer steht hier vorne und spricht zu Euch/Ihnen? Mein Name ist Julia Schöfer, Jahrgang 1990. Im Jahr 2011 kam ich als Pfälzerin von der Universität Kaiserslautern nach Siegen um meinen Bachelor in Sozialwissenschaften fertig zu studieren. Ich war an meiner alten Uni unzufrieden und auf der Suche nach einer anderen. Durch mehrere Zufälle und eine Bekannte kam ich nach Siegen. Der Wechsel hatte sich gelohnt. Ich war viel zufriedener als in Kaiserslautern.

Nach erfolgreichem Bachelorabschluss kam die Frage der Fragen: Für den Master in Siegen bleiben, oder doch noch mal wo anders hingehen? Ich habe mich für Siegen entschieden und es nicht bereut! Im April diesen Jahres habe ich den Master Sozialwissenschaften beendet. Seitdem arbeite ich in Frankfurt als Jugendbildungsreferentin bei der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, also der Interessensvertretung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in bspw. der Baubranche, der Forst- oder Landwirtschaft.

Wieso ich nun hier stehe und die Rede aus Absolventinnen-Sicht halte? Ich muss Euch/Ihnen ehrlich sagen, ich weiß es nicht genau. Die Antwort ist eigentlich aber einfach. Ich wurde gefragt.
Sucht man im Internet nach Reden von Absolventenfeiern, so sprechen die Rednerinnen und Redner meist davon, dass sie nicht schnell genug wegrennen konnten, als sie gefragt wurden. Nun muss ich gestehen: ich wollte nicht wegrennen. Gerne spreche ich über meine Zeit an der Universität Siegen – an der Philosophischen Fakultät. Daher habe ich gerne zugesagt. Doch nun genug der Vorrede.

Was ist schlimmer als Verlieren?

Ich denke viele von Euch/Ihnen haben diese Frage schon mehrfach gehört. Daher brauche ich die Frage vermutlich nicht aufzulösen. Ein Blick in Ihre/Eure schmunzelnden Gesichter verrät mir, dass die Antwort bekannt ist. Lange habe ich im Vorfeld überlegt, ob ich diesen provokanten, ja blöden Spruch als Aufhänger meines Beitrags verwenden soll. Es gibt zwei Möglichkeiten damit umzugehen: entweder man schweigt über diesen Satz, oder man versucht ihn zu wiederlegen. Ich habe mich heute für den zweiten Weg entschieden.

Da ich selbst viel in Deutschland unterwegs bin und in allen Regionen Bekannte und Freunde habe, musste ich schon oft erfahren, dass dieser Spruch aus irgendwelchen Gründen sehr populär ist. Viele von Euch/Ihnen kennen die Situation sicher: man lernt irgendwo eine Person kennen, und kommt ins Gespräch. Auf die Frage, wo man denn herkomme, hört man manchmal „Siegen. Du weißt ja sicher, was schlimmer ist als verlieren?“ Irgendwann habe ich aufgehört mitzuzählen, wie oft ich diese Anspielungen gehört habe.

Doch woher kommt der schlechte Ruf der Stadt? Waren die Menschen, die diesen Ruf immer weiter geben denn jemals hier in Siegen, um sich ein eigenes Bild vom Unteren und Oberen Schloss, der Nikolaikirche, dem schönen Schlosspark, der Altstadt mit seinen Fachwerkbauten oder dem Museum für Gegenwartskunst zu machen? Saßen sie schon einmal in einem der Cafés in der Oberstadt? Haben sie schon einmal leckere regionale Küche in einem der „alteingesessenen“ Gasthäuser verspeist? Spätestens nun – seit die Siegplatte abgerissen und dort ein Ort zum Verweilen an der Sieg gestaltet wurde, sollten Kritiker ihre Haltung doch nun einmal überdenken.

Ok, ich gebe zu, als ich hier herkam war ich auch nicht ab dem ersten Moment Feuer und Flamme für Siegen. Viel Beton, viel Regen, wenig begrünte Flächen in der Stadt, viele Berge, die HTS die präsent das Stadtbild prägt.

Es war eben alles irgendwie etwas anders als in meiner Heimat der Pfalz. Doch bedeutet anders immer gleich schlecht? Da ich vorhatte mal mindestens 2 Jahre  hier zu bleiben, begann ich also, mich auf Siegen eingelassen, die Stadt und die „Siegerländer“ kennenzulernen. Ich bin nicht jedes Wochenende nach „Hause“ in die Pfalz gefahren. Habe mich im Sommer zum Lernen in den Schlosspark gesetzt. Bin mal aus der Stadt rausgefahren, ins Umland. Und nun muss ich sagen, habe ich ein anderes Bild von Siegen und freue mich immer wieder, wenn ich aus der Bankenmetropole Frankfurt ins grüne Siegerland komme.

Doch nun genug von dieser Seite. Ich bin ja nicht hier, um für die Stadt Siegen zu werben. Vielmehr geht es hier heute um die Universität. Unser Studium hier.

Nun ist mein Studium ja schon ein paar Monate abgeschlossen. Ich habe die ersten 7 Monate im Arbeitsleben hinter mir. In den letzten Zügen meines Studiums konnte ich den Tag kaum erwarten, an dem ich das Studium beende und endlich ins Arbeitsleben starte. Endlich Geld verdienen! Doch ist das jetzt auch noch so?

Hin und wieder stelle ich mir die Frage, was das Studium mir denn gebracht hat? Gerne möchte ich Euch einladen jetzt kurz 1 Minute in euch zu gehen und die Fragen für Euch selbst zu beantworten.

Ja, was hat uns das Studium gebracht? Wenn man in der Regelstudienzeit durchkommt 6 Semester Bachelor, vielleicht 4 Semester Master – ich habe jeweils ein Semester länger studiert. Ganz schön lange Zeit.

5-6 Jahre im Schnitt in denen wir: viele wissenschaftliche Texte gelesen haben, in Seminaren über verschiedene Themen diskutierten, Studien- und Prüfungsleistungen erbracht haben um die notwendigen Creditpoints am Ende des Semesters im LSF stehen zu haben.

Sicher haben wir auch mal die einen oder anderen Vorzüge des Studentendaseins genossen. Was ich hiermit meine? Na klar, mal morgens nicht um 8 Uhr im Seminar zu sitzen, weil die Party am Vorabend doch etwas länger ging. Oder einfach mal in der Cafete sitzen bleiben, mit Freunden, und nicht zum Kurs zu gehen, weil man in den Gesprächen die Zeit vergessen hat.

Eins fiel mir im Berufsleben schnell auf…im Studium hatte ich mehr Zeit und war freier in der Einteilung dieser. Das vermisse ich tatsächlich.

Ich habe irgendwann den Überblick verloren. Aber im Laufe meines Studiums habe ich sicher 15 Referate gehalten, einige Klausuren geschrieben, etliche Hausarbeiten produziert, hunderte wissenschaftliche Texte gelesen, eine Bachelorarbeit und eine Masterarbeit geschrieben. Hier zeigen sich Kompetenzen, die wir im Studium erlernt haben: 1. wissenschaftliches Schreiben, 2. Erschließen von Texten, 3. Einarbeiten in neue, bisher unbekannte Themen, 4. Erarbeitung und Präsentation von Referaten, 5. Selbstständige Arbeits- und Zeiteinteilung und 6. das Diskutieren über verschiedene Themen.

Dies sind Kompetenzen, die ich in meinem Berufsalltag jeden Tag benötige. Ob es mir beruflich hilft, dass ich mich mit den Demokratietheorien von Platon, den Theorien sozialer Ungleichheiten oder mit Statistik befasst habe, kann ich nicht abschließend beantworten – so weiß ich ja nicht, welche Sicht auf die Welt ich hätte, hätte ich all die Studieninhalte nicht gehabt. Fest steht aber für mich – im Studium lernen wir fürs Leben. Mir helfen die wissenschaftlichen Inhalte und Theorien die wir erlernten, die Politik, die Gesellschaft und den Menschen ein wenig besser zu verstehen.

Doch was macht das Studium in Siegen aus? Ist das Studium in Siegen besser als der Ruf der Stadt? Meine Antwort steht fest: Siegen ist viel besser als verlieren! Wieso ich zu dieser Antwort komme, möchte ich kurz darstellen:

  1. Kleine Uni mit kleinen Fachbereichen: Dadurch ist es jedem Studierenden, sofern er/sie das möchte, möglich einen direkten Draht zu den Dozierenden und Professorinnen und Professoren zu haben. Dies ermöglicht auch eine gute und intensive Betreuung bei schriftlichen Hausarbeiten und der Abschlussarbeit.
    Wir alle hatten eine Matrikelnummer. Jedoch hatte ich nie das Gefühl, dass ich nur eine Nummer bin. Dies hört man von anderen Universitäten. Ich hatte immer das Gefühl menschlich behandelt zu werden. Individuell. Ein Stück familiär sogar. Dies führt mich direkt zu meinem zweiten Argument:
  2. Das Prüfungsamt: Hier gab es nie lange Wartezeiten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren stets freundlich und nett, haben versucht alles zu ermöglichen, dass das Anliegen in meinem Sinne gelöst werden konnte. Da ich an meiner alten Universität erlebt habe, dass es auch anders geht, man nur eine Nummer ist und der Besuch des Amtes als lästiger Akt angesehen wurde, ist es mir wichtig dies hervorzuheben und mich an dieser Stelle herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu bedanken!
  3. Interdisziplinäre Seminare: In Seminaren sitzen oft Lehramts- Medienwissenschafts- und Sozialwissenschafts-Studierende in einer Lerngruppe. Dies ermöglicht es verschiedene Blickwinkel einzunehmen – führt zu lebhaften Diskussionen – bietet Einblicke in andere Wissenschaftsdisziplinen. Dies bereicherte mich enorm.
  4. Veranstaltungen außerhalb des normalen Lehrplans: Bei der SiegMUN können Studierende selbst erfahren, wie die Vereinten Nationen funktionieren. Beim Goldenen Monacco die Planung und Durchführung einer Großveranstaltung praktizieren und am Ende die Filme und deren Produzenten feiern. An der KinderUni Kindern die Welt von Studierenden zeigen. Beim Festival Contre de la rasicme ein Zeichen gegen Rassismus und Menschen-feindlichkeit setzen. Ein vielfältiges Angebot der Uni und von studentischen Initiativen die den Unialltag abwechslungsreich gestalten und es ermöglichen, zusätzliche Kompetenzen und Erfahrungen zu sammeln.
  5. Gutes Essen in Mensa und Bistro: Auch dies ist ein nicht ganz unwichtiger Faktor. Bekanntlich hält Essen Leib und Seele zusammen. Gutes Essen führt zu guter Laune. Aus meiner Sicht, können sich die Studierenden in Siegen daher nicht beklagen. So wurde auch vor einigen Jahren das Essen in einem bundesweiten Vergleich als eines der besten ausgezeichnet.

Ich bin sicher, wir könnten die Liste noch gemeinsam ergänzen. Jedoch wird es auch irgendwann mal Zeit, für den gemütlichen Teil des Abends.

Stellvertretend für alle Absolventinnen und Absolventen möchte ich allen Professorinnen und Professoren, Dozierenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität Siegen dafür danken, dass sie uns die Zeit hier „oben auf dem Berg“ so angenehm wie möglich gestaltet haben.

Für mich steht fest: Ich bin froh in Siegen studiert zu haben und mache immer fleißig Werbung für die Stadt und die Uni. Vielleicht wollt ihr mich bei der Werbung ja unterstützen?!

So nun genug des Rückblicks. Zeit nach vorne zu blicken. Auf uns alle wartet eine spannende Zeit. Entweder ihr geht auf Reisen, startet in das Berufsleben, bleibt an der Universität um weiter zu studieren oder zu promovieren, nehmt euch eine Auszeit oder wie auch immer ihr die nächsten Monate und Jahre geplant habt. Ich wünsche Euch alles Gute und gratuliere uns allen zu unserem Abschluss. Zeit diesen jetzt zu feiern! Ich wünsche uns allen einen schönen Abend!

 
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