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Demokratie

Die Erzählweise der Demokratie beinhaltet laut Taylor die Konzepte der freien Entscheidungsfähigkeit auf rationaler Grundlage sowie die Ausrichtung auf gegenseitigen Konsens und gegenseitigen Nutzen. Das rational entscheidende, reife Individuum ist Handlungsträger in dieser Erzählweise; sein Handeln ist auf die Gesellschaft bzw. das Gemeinwohl ausgerichtet. Wichtige Elemente dieser Erzählweise sind demnach Reifungs- und Sozialisationsprozesse, vor allem aber ethisches Handeln und Entscheidungen. Nach Appadurai ist ‚Demokratie’ ein „master term“ (36) der ideologischen Landschaft seit der Aufklärung; der Begriff sei gekennzeichnet durch die Werte Freiheit, Wohltätigkeit, Recht, Souveränität und Repräsentation. Durch die globale Verbreitung habe der Terminus jedoch unterschiedliche Ausprägungsformen angenommen, die mitunter von ihrem europäischen und amerikanischen Ursprung abweichen mögen (siehe Appadurai, 36f).

Entsprechend interessieren sich die in diesem Arbeitsbereich angesiedelten Teilprojekte insbesondere für die Repräsentation von Entscheidungsprozessen und die ethisch-moralischen Handlungsgrundlagen von ProtagonistInnen in Romanen für Kinder und Jugendliche. Werden beispielsweise rationale gegenüber intuitiv-emotionalen Entscheidungsprozessen favorisiert? Vollziehen die ProtagonistInnen Entwicklungs- oder Reifungsprozesse? Sind Entscheidungsreife und Handlungsfähigkeit altersspezifisch definiert? Wo werden als positiv bewertete moralische Ordnungen lokalisiert – im Individuum oder in der Gesellschaft? Stehen Konsens und Gemeinschaft im Mittelpunkt der moralischen Ordnung oder werden Autonomie und Abgrenzung eines (starken) Individuums als Gegenpol zur Gesellschaft favorisiert? Löst sich das Individuum völlig in seiner Zugehörigkeit zu einer Sozietät auf und wenn ja, wie wird dieser Prozess beurteilt?

Als Textgrundlage für diesen Arbeitsbereich sollen Texte dienen, welche das Verhältnis von Individuum und gesellschaftlichen Gruppierungen in den Mittelpunkt stellen. Hierzu gehören unter anderem Familiengeschichten, Bildungs- und Initiationsromane, so genannte „problem novels“ seit den 1960er Jahren und, in gewissem Umfang, Abenteuerromane.

Im historisch angelegten Teilprojekt gilt es hierbei, ggf. unter Berücksichtigung von Genrespezifika, herauszuarbeiten inwiefern die ‚demokratische’ Erzählweise in der britischen KJL spezifische Schwerpunktsetzungen vornimmt und inwiefern diese historischen Wandlungen unterliegen. Der synchrone Schnitt wird sich insbesondere den „problem novels“ zuwenden, wobei im Blick auf den vorliegenden Forschungsstand sowie auf die allgemeine Zielsetzung des Projekts Romane im Mittelpunkt stehen sollen, welche das Gegenüber von Individuum und Gesellschaft außerhalb des privaten Rahmens der Familie verhandeln. Im Blick auf den Bezug von sozialem Imaginärem und Kanonizität ist das Verhältnis von kanonischem Status und jeweiliger Akzentuierung der Erzählweise zu untersuchen: Lassen sich beispielsweise Veränderungen des kanonischen Status von Texten durch Verschiebungen im sozialen Imaginären und der daraus resultierenden Positionierung der Texte im Bezug auf das Imaginäre begründen?

Promotionsprojekt

"Negotiations of Individual and Community in British Children's and Young Adult Adventure Stories" (Arbeitstitel)
Simone Herrmann, M.A.

Abstrakt

2019 feiert die Welt das 300-jährige Bestehen von Daniel Defoes Robinson Crusoe – die britische Robinsonade ist in diesem Jahr beinahe genauso alt. Das Genre bleibt bis heute populär, vor allem in der Kinder- und Jugendliteratur. Während dieser langen Zeitspanne wurden Adaptionen Robinson Crusoes in unterschiedlicher Weise von Moralvorstellungen einer jeweiligen Ära geprägt. Die Abgeschiedenheit der meist schiffbrüchigen Protagonisten bietet einen Mikrokosmos wie geschaffen für soziale Experimente. Solch ein Handlungsort verlangt von den Protagonisten in ihrem Zusammenleben mit anderen zu verhandeln. Für das zwanzigste Jahrhundert lassen sicha allerdings weitaus mehr britische Jugendrobinsonaden identifizieren als mit William Goldings utopischen Lord of the Flies (1954) populär bekannt ist. Leben sie für den Nutzen aller Parteien oder wollen sie dominieren? Können die zumeist kindlichen Protagonisten eigene moralische Handlungsgrundlagen ohne die Hilfe Erwachsener für sich formulieren? Können ihre Entscheidungen als ethisch und moralisch korrekt bewertet werden? Und von wem? Dies sind nur einige der Fragen die im benannten Projekt adressiert werden.

In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts sowie dem andauernden einunzwanzigstem Jahrhundert, finden sich beispielsweise Texte, etwa Terry Pratchetts Nation (2009), die altruistisches Handeln zugunsten der Gesellschaft und dem Allgemeinwohl in den Vordergrund stellen. Andererseits führen Texte bis 1950, wie Arthur Ransoms Swallows and Amazons (1930) oder Dale Collins Robinson Carew Castaway (1948), Robinson Crusoes Fokussiertheit auf ein starkes Individuum fort, welches dennoch nach demokratischen Prinzipien wie Toleranz und Gleichberechtigung innerhalb ihrer Kommunität handelt. Von Interesse sind außerdem, welche Gesellschaftsformen innerhalb der neuen Umgebung begünstigt werden: während Defoe seinen Robinson noch als Monarchen bzw. Patriarchen seines neuen Reiches darstellt, sind Texte nach 1900 durch wesentlich offenere Gesellschaften gekennzeichnet, wozu außerdem der Umgang mit anderen Ethnien gehört. So gewinnen beispielsweise Darstellungen von Vertragsschlüssen, freien Wahlen unter Einbeziehung aller Gruppenmitglieder und einvernehmliche Argumentationsstrategien von immer größerer Tragweite. Diese Aspekte finden ihren Höhepunkt in dem aktuellsten und bei weitem abstraktesten Werk des Textkorpus, Dave Sheltons A Boy and a Bear in a Boat (2012).

 
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