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Integration von Infrastrukturen in Europa vor dem Ersten und nach dem Zweiten Weltkrieg im Vergleich

Teilprojekt: Integration im Funksektor

Gesellschaft für drahtlose Telegraphie - System Telefunken

Gesellschaft für drahtlose Telegraphie - System Telefunken
Quelle:Telefunken-Zeitung, 1. Jg., Nr. 1, Juli 1911, Titelblatt

Seit den 1890er Jahren durchlief das Funkwesen eine rasante Entwicklung. Es etablierte sich schnell als drittes Telekommunikationsmedium neben dem Telegrafen und dem Telefon, das eine Reihe unterschiedlicher Anwendungen wie den Rundfunk, den Flugfunk, den Seefunk oder den Amateurfunk hervorbrachte. Die moderne Informationsgesellschaft ist ohne funktionierende Funkdienste überhaupt nicht mehr denkbar. In diesem Teilprojekt wird die Integration des Funkwesens in Europa am Beispiel der Errichtung zweier Seefunkfunknetze vor dem Ersten Weltkrieg und nach dem zweiten Weltkrieg untersucht.

Vor dem Ersten Weltkrieg stellte naturgemäß der Seefunk das Hauptanwendungsgebiet des neu entstandenen Funkwesens dar, dessen Organisation in den Händen privater Unternehmen lag. Kennzeichnend für den Betrachtungszeitraum war der Konkurrenzkampf zwischen der „Telefunken-Gesellschaft“ und der „Marconi’s Wireless Telegraph Company“. Letztere versuchte in der Rolle des Marktpioniers ein weltweites Anbietermonopol für die Produktion und den Betrieb von Funkstationen zu errichten, indem sie die Kommunikation mit Funkstationen anderer Hersteller verweigerte. Geleitet von der Erkenntnis, einheitliche Regeln für eine reibungslose Kommunikation zwischen Schiffs- und Küstenstationen festlegen zu müssen, wurden seitens der Politik im Zuge internationaler Konferenzen betriebliche, technische, tarifäre und administrative Standards vereinbart. Der Eingriff der Politik in die Ausgestaltung des Seefunks markierte den Beginn kontinuierlicher organisatorischer Strukturen im Funkwesen.

Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Entstehung des internationalen UKW-Seefunkdienstes als Fallbeispiel analysiert. Im Vergleich mit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg hatten sich die Anwendungsgebiete des Funkwesens u.a. auf den Flugfunk, Rundfunk und Amateurfunk ausgeweitet. Mit der Auswahl des UKW-Seefunks wird daher zum einen eine – wenn auch nicht notwendige – thematische Konstanz im weitesten Sinne gewahrt. Zum anderen trägt das Fallbeispiel dem technischen Fortschritt Rechnung, da die Erschließung des Ultrakurzwellen-Bereichs im betrachteten Zeitraum sämtlichen Anwendungsbereichen neue Impulse bzw. Möglichkeiten eröffnete und somit hochgradig aktuell war.

Im Kern führte der Schlüssel zum Verständnis des UKW-Seefunks über die Erkenntnis, dass quasi jeder Hafen über die gleichen Frequenzen verfügen konnte und identische Dienste über die gleichen Frequenzen abgewickelt werden konnten. Um das Potential des UKW-Seefunks ausschöpfen zu können, war eine internationale Übereinkunft hinsichtlich grundlegender Parameter unerlässlich, die sich in betriebliche und technische Entscheidungsprobleme aufspalten ließen, wenngleich sie wechselseitig voneinander abhingen. Mit Blick auf die handlungsleitenden Motive bzw. Ziele der beteiligten Akteure standen vorrangig die Wirtschaftlichkeit, Flexibilität und Sicherheit des UKW-Seefunks im Vordergrund. Da sie nicht in allen Fällen miteinander harmonieren mussten, war es mitunter notwendig, sie zu gewichten, um einen Kompromiss zu erwirken.

Die Integration des UKW-Seefunks konnte nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Dach der Internationalen Telekommunikationsunion vorangetrieben werden. Sie hatte sich in der Vergangenheit eine entsprechende Reputation erworben und verfügte über etablierte Strukturen, innerhalb derer sich der UKW-Seefunk nahtlos in die praktizierten Verhandlungs- und Entscheidungsverfahren eingliedern ließ. Prägend für dieses Fallbeispiel war die kooperative Zusammenarbeit politischer und wirtschaftlicher Akteure, mit dem Ziel, technische und betriebliche Standards frühzeitig festzulegen, um eine gewisse Investitions- und Planungssicherheit garantieren zu können. Maßgeblichen Einfluss auf die Integration des UKW-Seefunks übten dabei die Verbände der Produzenten von Seefunkgeräten sowie der Reedereien aus, die an der Arbeit in den Gremien der ITU in beratender Funktion ohne Stimmrecht partizipieren durften und über diese Schnittstelle in die Entscheidungsprozesse auf politischer Ebene integriert wurden.

Ziel dieses Teilprojektes ist es nun, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der internationalen Verhandlungen zur Errichtung der Seefunknetze unter den spezifischen institutionellen, technischen und wirtschaftlichen Bedingungen in beiden Zeiträumen herauszuarbeiten.



Projektskizze: Funk