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Säkularismus

Laut Taylor ist Säkularismus – den er als Verlagerung des Religiösen von der Öffentlichkeit in die Privatsphäre versteht – ein Hauptcharakteristikum moderner europäischer Gesellschaften (siehe auch Taylor 2007). Diese Verschiebung des Religiösen ist für die Analyse von KJL von besonderer Relevanz, da KJL von ihren Anfängen an als Mittel zur religiösen Erziehung funktionalisiert war – in der britischen KJL wären hier im späten 17. bzw. frühen 18. Jahrhundert James Janeway und Isaac Watts oder die evangelikal geprägten Autorinnen Sarah Trimmer, Anna Laetitia Barbauld, Maria Sherwood oder Hannah More im späten 18. bzw. frühen 19. Jahrhundert zu nennen. In der Literaturgeschichtsschreibung für KJL wird bisweilen ein Wandel innerhalb des Genres von Religiosität zu wachsendem Säkularismus beschrieben. Besonders deutlich wird dies anhand der sich wandelnden Signifikanz und Beurteilung des Fantastischen. So existieren zahlreiche Studien zu religiösen Elementen in fantastischer KJL; diese befassen sich meist mit der Darstellung religiöser, konfessioneller oder religionskritischer Ideen der AutorInnen oder sind im weiteren Feld der Motiv- und Symbolforschung einzuordnen.

Als Textkorpus für das historisch orientierte Teilprojekt dienen fantastische Texte vom 19. bis zum 21. Jahrhundert sowie Texte aus dem 18. Jahrhundert, die entweder fantastische Elemente aufweisen oder sich innerhalb der Erzählung mit dem Verhältnis von Fantastik und Realität auseinandersetzen bzw. dezidiert das Verhältnis von Individuum (bzw. Gesellschaft) und Religion thematisieren.

Die Teilprojekte im Rahmen dieses Arbeitsbereichs sollen über bisherige Einzeltextanalysen hinausgehend die Frage nach Säkularismus im größeren Zusammenhang des modernen westeuropäischen Imaginären einordnen. Dadurch sollen bislang als Einzelphänomene betrachtete Autoren und Autorengruppen (z.B. George MacDonald, J.R.R. Tolkien, C.S. Lewis, Philip Pullman) in einem weiteren kulturellen Kontext positioniert werden. Eine umfassendere Beurteilung dieser aufgrund ihrer Popularität und ihrer Nähe zu Mythen wichtigen Texte für das Imaginäre ist dadurch möglich.

Zentral für die in diesem Arbeitsbereich verhandelte Frage nach der Verlagerung der Religion vom öffentlichen in den privaten Raum ist hier zunächst wieder eine historische Vorgehensweise, welche nachzeichnet wann und in welcher Form derartige Verlagerungstendenzen sichtbar werden. So ist zu überprüfen, ob die Geschichte der britischen KJL tatsächlich als genereller Säkularisierungsprozess beschrieben werden kann, ob das Genre selbst von Anfang an ein Indiz einer Säkularisierung darstellt, oder ob sich in diesem Genre möglicherweise eine Gleichzeitigkeit von säkularen und antisäkularen Tendenzen feststellen lassen. Im synchronen Schnitt interessiert neben der zuletzt erwähnten Frage auch die nach dem Verhältnis von Säkularismus und Fundamentalismus sowie die Frage nach der Darstellung religiöser Pluralität innerhalb einer säkularen Gesellschaft. In sämtlichen Teilprojekten ist zu überprüfen inwiefern anhand des kanonischen Status von Texten KJL als Indikator für den von Taylor behaupteten Säkularismus als grundlegendem Identitätsmerkmal moderner westeuropäischer Gesellschaften gesehen werden kann. Umgekehrt wäre zu fragen, ob die Zuerkennung internationaler Kanonizität – etwa im Sinne des Status von europäischen Kinder- bzw. Jugendbuch’klassikern’ – notwendigerweise die Erzählweise des Säkularismus voraussetzt.

Promotionsprojekt

Secularity and Mentorship in Fantastic British Children’s Literature – From Authority to Plurality? (Arbeitstitel)

Franziska Burstyn, M.A.

Anhand von verschiedenen Modellen des Mentoring in der fantastischen KJL überprüft die Dissertation, inwieweit die textimmanenten moralischen Ordnungen auf religiös-geprägte Erzählmuster oder Motive schließen lassen. Dabei ist insbesondere der dritte Kernpunkt Taylors von Interesse, welcher auf eine Gesellschaft verweist, in der Glauben und Unglauben gleichzeitig vorherrscht und entsprechend auch in der KJL eine Vielfalt an zunehmend säkularen Moralvorstellungen aufzeigt. Hier ist parallel zur Säkularisierung auch eine ansteigende Akzeptanz fantastischer Elemente in der Kinderliteratur des 19. Jahrhunderts zu konstatieren, ersichtlich etwa an den Werken von Charles Kingsley, The Water-Babies (1863), Lewis Carroll, Alice’s Adventures in Wonderland (1865) und George MacDonald, At the Back of the North Wind (1871).  Laut Taylor zieht die Entwicklung zur Säkularisierung zudem auch eine Entzauberung der Gesellschaft nach sich, die sich nach Entmachtung des Glaubens an rein vernunftorientierten (Moral-)Vorstellungen ausrichtet und innerhalb des sozialen Imaginären mit säkularen Ritualen oder Mythen wiederum eine Wiederverzauberung der Gesellschaft anstrebt. Die fantastische Kinderliteratur kann in diesem Sinne durchaus auch als identitätsstiftendes Element des sozialen Imaginären verstanden werden, die zu einer Wiederverzauberung des gesellschaftlichen Kollektivs beiträgt.

Der Aspekt des Säkularismus spielt folglich im Zusammenhang mit der fantastischen KJL eine immense Rolle und verweist auf einen Paradigmenwechsel von religiösen zu säkularen Elementen. Während einige Klassiker der Kinderliteratur noch durch eine starke christliche Doktrin geprägt sind, können diese Werke durchaus auch auf rein säkularer Ebene gelesen werden. Dabei sind die fantastischen Mentor-Figuren durchaus als säkulare Akteure zu verstehen, zeigen in der Charakterisierung aber auch Züge religiöser Archetypen auf. Diese Dissertation unternimmt demnach eine Kategorisierung verschiedener Mentor-Figuren, die das weitreichende Spektrum an Autoritätshierarchien zwischen Schützling und Mentor veranschaulicht. Bei der Kategorisierung der Mentor-Figuren wird größtenteils auf traditionelle Modelle zurückgegriffen, wie etwa auf die Figur des Kindermädchens, insbesondere P.L. Travers‘ Mary Poppins Serie (1934-88) oder Chris Riddells Goth Girl and the Ghost of a Mouse (2007). Weitere populäre Mentor-Figuren lassen sich in der englischen Internatsliteratur wiederfinden, in der die spirituelle Betreuung des Schützlings im Rahmen des Schüler-Lehrer Verhältnisses in den Vordergrund rückt, wie beispielsweise in J.K. Rowlings Harry Potter Serie (1997-2007) deutlich wird.

 
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