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Private Geräte im dienstlichen Einsatz

Studie der Universität Siegen legt Ergebnisse über die Nutzung privater Endgeräte in öffentlichen Verwaltungen vor. 72 Prozent der Beschäftigten nutzen ihre Geräte ohne Erlaubnis.

Uwe ist Streetworker in einer deutschen Kommunalverwaltung. Termine mit seinen jugendlichen Klienten kann er schwer vereinbaren, Briefe oder E-Mails haben keinen Erfolg. Kommunikation über seinen privaten Facebook-Account dagegen schon. Die tägliche Arbeit kann der Streetworker verbessern, indem er Gesprächsprotokolle per Diktierfunktion seines neuen Tablets direkt nach den Gesprächen erstellt – und nicht gesammelt am Ende der Woche am PC. Die Qualität der Dokumentation steigt an, die Produktivität ebenso. Niemand hat Streetworker Uwe erlaubt, private IT für seinen Beruf einzusetzen, es ist in seinem Amt nicht geregelt.

Fälle wie die von Streetworker Uwe gibt es immer mehr. Unternehmen setzen im Arbeitsalltag zunehmend auf Smartphones, Tablets, soziale Medien und auch „Wearables“ (tragbare Computersysteme). Diese Technologien sind ursprünglich für den Endkunden entwickelt worden, haben aber längst die betriebliche Arbeitswelt erobert. Doch für öffentliche Verwaltungen gestaltet sich der Einsatz der neuen Technologie oft schwierig. IT-Sicherheit und rechtliche Rahmenbedingungen sind nur einige der Hindernisse.

Unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves (Universität Siegen) und in Zusammenarbeit mit dem European Research Center for Information Systems (ERCIS) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und dem Nationalen E-Government Kompetenzzentrum (NEGZ) hat der Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Universität Siegen die erste umfassende Befragung zur Nutzung privater Endgeräte in der öffentlichen Verwaltung durchgeführt. Dabei wurden bemerkenswerte Ergebnisse gewonnen.

  • 46 Prozent der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter nutzen private Devices wie Smartphones und Tablets für dienstliche Zwecke.
  • 72 Prozent der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die private Geräte für dienstliche Zwecke nutzen, tun dies ohne Erlaubnis (d. h. ohne Regelung oder gegen bestehende Verbote).
  • 19 Prozent der Verwaltungen verfolgen eine Bring-Your-Own-Device-Strategie und erlauben ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die dienstliche Nutzung privater Geräte.
  • 45 Prozent der Verwaltungen haben keine expliziten Regeln für die Nutzung privater Geräte für dienstliche Zwecke.

Die Verbreitung von Konsumententechnologie in Unternehmen und Verwaltungen wird als „IT Consumerization“ bezeichnet. Neue Technologien wie beispielsweise leistungsstarke Smartphones oder Tablets kosten vergleichsweise wenig, sind am Arbeitsplatz einsetzbar und können einfach bedient werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können so produktiver arbeiten, ohne Experten-Rat der IT-Abteilung einzuholen. Wer neue Technologien im Privaten kennengelernt hat, will sie anschließend auch am Arbeitsplatz einbringen. Endnutzer sind oftmals neue Antreiber.

Die Ergebnisse zeigen, dass viele Verwaltungen nach wie vor nicht auf die weitreichenden Veränderungen reagiert haben. Nur Wenige setzen auf öffnende Strategien wie Bring-Your-Own-Device (BYOD), hier können die Beschäftigten eigene Geräte einbringen. „Eine gefährliche Ignoranz, denn so verzichten Kommunen auch auf die Realisierung individueller Produktivitätspotenziale am Arbeitsplatz und riskieren zudem den fortschreitenden Verlust der Attraktivität als Arbeitgeber“, sagt Prof. Niehaves. In Kommunalverwaltungen, die die Nutzung privater Geräte für dienstliche Zwecke offiziell erlauben, nutzen zwei von drei Beschäftigten (68,5 Prozent) diese Möglichkeit – das ist die höchste Nutzung. Sofern die Verwaltung keine Regelung trifft (Grauzone), gibt es eine höhere Nutzung (46 Prozent) als bei einem Verbot (32,6 Prozent).

„Die Nutzung privater Geräte ist längst in deutschen Verwaltungen angekommen. Für die Verwaltungen besteht dringender Handlungsbedarf“, sagt Prof. Niehaves. In der Studie werden Handlungsempfehlungen für Verwaltungen aufgezeigt, die einer aktiven Gestaltung des digitalen Arbeitsplatzes den Weg ebnen können. Dazu zählt, die Produktivität der Beschäftigten zu steigern, indem Kreativität und Gestaltungskraft gefördert werden. Investitionen in die technologische Infrastruktur ermöglichen dies. Dazu müssen tragfähige technische Konzepte entwickelt und rechtliche Aspekte bedacht werden.

Für die vorliegende Studie wurden 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutscher Kommunalverwaltungen in einer Umfrage nach ihrer Technologienutzung am Arbeitsplatz befragt. Zusätzlich wurden 41 umfangreiche Interviews mit Angestellten in den Verwaltungen durchgeführt.

Referenz:
Niehaves, B. / Köffer, S. / Ortbach, K. (2015): Gefährliche Ignoranz? – Bring-Your-Own-Device, IT Consumerization und Co in der öffentlichen Verwaltung. Berlin: Nationales E-Government Kompetenzzentrum e.V. (Hrsg.), ISBN 978-3-946209-00-3.

Online abrufbar unter: http://www.negz.org/downloads

 
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