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Schule mal ganz anders

Biologie-Lehramtsstudierende der Universität Siegen sind eine Woche lang durch Deutschland getourt, um alternative Schulen kennenzulernen.

Mit Pantoffeln in die Schule? In der großen Pause einfach mal in den See springen? Ein Hausschwein im Schulstall? Ja, das gibt's. Zwölf Biologie-Lehramtsstudierende der Universität Siegen haben in der vorlesungsfreien Zeit eine Lernreise durch Nord- und Ostdeutschland gemacht, um zu sehen, was außerhalb von Regelschulen möglich ist. Fünf Schulen in sechs Tagen – von Kiel über Schwerin und Rostock bis nach Berlin. „Die Lernreise hat es uns ermöglicht, mal über den Tellerrand zu schauen“, sagt Richard Sannert, Bio-Lehramtsstudent, der die Lernreise initiiert und mitorganisiert hat. Gefördert wurde das studentische Projekt durch die Didaktik der Biologie an der Universität Siegen, besonders durch den Dozenten Dr. Björn Hendel. Finanzielle Förderung erhielten die Studierenden durch die Universität Siegen im Rahmen des Förderwettbewerbs „Besser studieren!“ 2019.

faehre_webDie Studierenden konnten selbst entscheiden, welche Schulen sie besuchen möchten. Die finale Auswahl fiel demokratisch in der Gruppe. Faszinierend fanden die angehenden LehrerInnen das Gymnasium und Internat „Schulfarm Insel Scharfenberg“ in Berlin. Umgeben von Wasser liegt die Schulfarm auf einer Insel. Eine Fähre bringt die SchülerInnen zur Schule. Jeder Schüler und jede Schülerin hat im Schulgarten ein eigenes Beet, auf dem Schulgelände stehen Gewächshäuser, eine Imkerei stellt Honig her, im Stall wartet ein Schwein auf die SchülerInnen, im Garten eine Enten-Familie. „Die Schülerinnen und Schüler werden sehr naturnah gelehrt“, erzählt Lina Winkler, eine der TeilnehmerInnen der Lernreise. „Und in der Pause können sie einfach in den See hüpfen und schwimmen gehen.“

Ähnlich naturnah geht es an der Club of Rome Lernwerft in Kiel zu. Die Privatschule schreibt den Klimaschutz besonders groß. Im Unterricht diskutieren die SchülerInnen, wie sie nachhaltig und verantwortungsvoll die Zukunft mitgestalten können. Bei Aktionen wie dem Ocean Clean Day räumen sie zum Beispiel den Strand vor Kiel auf und entsorgen Plastikmüll. Die Fridays for Future Bewegung unterstützt die Schule ausdrücklich und ruft SchülerInnen dazu auf, sich gesellschaftlich zu engagieren.

pantoffeln_webDie Lehramtsstudierenden kennen aus ihrer eigenen Schulzeit nur die Regelschulen, also die, deren Träger der Staat oder die Gemeinden sind. Die Atmosphäre in der Werkstattschule Rostock war für die Studierenden deshalb zunächst ungewohnt. Im gesamten Gebäude herrscht Pantoffel-Pflicht, sowohl für die SchülerInnen als auch für die LehrerInnen. Viele SchülerInnen tragen Jogginghosen. Alle Böden sind mit Teppich ausgelegt, damit es besonders heimelig wirkt. „Es war toll zu sehen, wie gut gelaunt die Schülerinnen und Schüler in die Klassen kamen und wie aktiv sie am Unterricht teilnahmen“, erzählt Karin Steinkamp, eine der TeilnehmerInnen der Lernreise. „Die fühlen sich in der Schule fast wie zu Hause und das merkt man.“ Das alles seien im Grunde nur Kleinigkeiten, diese hätten aber große Auswirkungen. Ideen, die die Studierenden deshalb auch den Regelschulen empfehlen würden. „Meine Kinder würde ich jedenfalls ohne Bedenken in diese Schule schicken“, sagt Richard Sannert.

In jeder besuchten Schule nahmen die Studierenden am Unterricht teil, führten Gespräche mit den SchulleiterInnen, den LehrerInnen und SchülerInnen. In der Waldorfschule in Schwerin führte eine Lehrerin die Studierenden durch die Klassenräume jeder Jahrgangsstufe. In der ersten Klasse zum Beispiel gibt es keine Tische und Stühle, sondern nur Bänke, die im Kreis zusammengestellt sind. Auch die Werkstatt konnten sich die Studierenden anschauen. Handwerkliche Fächer und Bewegung haben in der Waldorf-Pädagogik einen sehr hohen Stellenwert. „Es war toll zu sehen, was auch junge Kinder schon erreichen können, zum Beispiel malerisch oder handwerklich“, erzählt Karin Steinkamp.

In der Heinrich Mann Schule in Berlin erlebten die Siegener Studierenden den Alltag einer sogenannten Bonusprogrammschule. Dies ist eine Schule, die einen hohen Anteil an SchülerInnen mit nichtdeutscher Herkunft (77%) und einen hohen Anteil an SchülerInnen, die Lehrmittel befreit (über 50%) sind. Dadurch bedingt haben das soziale Lernen und das Erlernen der Bildungssprache eine besondere Bedeutung. Lehrkräfte sind dadurch in besonderer Weise gefordert. Direkt neben der Schule liegt eine temporäre Unterkunft für geflüchtete Familien. SchülerInnen, die in Deutschland neu ankommen, besuchen ein Jahr lang die Willkommensklasse, um Deutsch und die Regeln eines Schulalltags zu lernen. Anschließend steht der Übergang in die Regelklasse an, der für viele besonders im sprachlichen Bereich eine große Herausforderung bedeutet. Sprachliche Defizite seien meist der Grund, warum SchülerInnen mit nichtdeutscher Herkunft einen Schulabschluss nicht erreichen.

waldorfschule_aussen_web„Im Hörsaal lernen wir, wie guter Unterricht aussieht“, sagt Karin Steinkamp. „Auf der Lernreise haben wir dann Konzepte und Lehrmethoden kennengelernt, die ganz anders aussehen, aber auch super funktionieren. Wir haben definitiv Ideen sammeln können für unseren eigenen Unterricht später als Lehrer.“ Richard Sannert hat vor allem neue Erkenntnisse zur Schulentwicklungsarbeit mitgenommen, also dem Weg von einer bestimmten Idee für den Unterricht, über die Umsetzung im Team bis hin zum Ziel. „Die Gespräche mit den Schulleitern waren dafür sehr hilfreich. Besonders interessant war es zu erfahren, wie man verschiedene Lehrer mit unterschiedlichen Interessen und Plänen motivieren kann, sich für ein gemeinsames Konzept und Ziel einzusetzen.“ Nach der Reise stellten die Studierenden ihren jüngeren KommilitonInnen ihre Ergebnisse in der Biologiedidaktik vor.   

Auch Dozent Dr. Björn Hendel, der die Studierenden begleitete, konnte auf der Lernreise Einiges lernen: „Es gibt ein buntes Kaleidoskop von Ideen und Möglichkeiten, Schule „anders“ interessant und spannend für die jeweilige Schülerklientel zu gestalten, auch alternativ zu verbreiteten Konzepten. Dies den künftigen Studierenden in den Lehrveranstaltungen zu vermitteln, wird ganz sicher eine meiner Aufgaben werden.“ In der Didaktik sei es wichtig, dass Studierende neben didaktischer Theorie die Kompetenzen erwerben, die ihnen nach dem Studium einen reibungslosen Übergang in den Beruf ermöglichen. Dazu soll nun auch gehören, ihnen zu vermitteln, wie bunt die Schulwelt in Deutschland ist. „Jede neu fertig ausgebildete Lehrkraft muss nicht an eine Regelschule gehen, sondern kann sich entsprechend ihrer eigenen Ideen und Vorstellungen die Schule aussuchen, die am besten zu ihr passt“, sagt Hendel.

Kontakt
Dr. Björn Hendel  
E-Mail: hendel@chemie-bio.uni-siegen.de   
Telefon: 0271 740-5022

 
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