Universität Siegen verleiht Ehrendoktorwürde an Günther Ortmann
Der Betriebswirt und Organisationstheoretiker Prof. Dr. Günther Ortmann ist für seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen von der Universität Siegen mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet worden.
Am Ende war es dem bescheidenen Protagonisten fast zu viel
der Huldigung. „Ich wusste nicht, dass Lobhudelei trotz aller
peinlichen Berührtheit wie Öl runtergehen kann“, sagte Prof.
Dr. Günther Ortmann mit einem Schmunzeln. Doch die Gäste ließen
keinen Zweifel daran, dass jedes auszeichnende Wort auch seine
Berechtigung hatte. Die Fakultät III (Wirtschaftswissenschaften
Wirtschaftsinformatik Wirtschaftsrecht) der Universität Siegen
hat Ortmann für seine herausragenden wissenschaftlichen
Leistungen in der Forschung die Ehrendoktorwürde (Dr. rer. pol.
h.c.) verliehen. Der Betriebswirt und Organisationstheoretiker
ist Professor für Führung am Reinhard-Mohn-Institut für
Unternehmensführung der Universität Witten/Herdecke.
Die Feierstunde fand aufgrund der Corona-Pandemie digital
statt. Gäste und WegbegleiterInnen Ortmanns von Hamburg bis
nach Wien hatten sich zugeschaltet, um gleich doppelt zu
gratulieren: Denn der frisch ernannte Ehrendoktor feierte an
diesem Tag auch seinen 76. Geburtstag.
"Wirtschaftswissenschaften auf vielfältige Art
und Weise geprägt"
„Günther Ortmann hat die Wirtschaftswissenschaften auf
vielfältige Art und Weise geprägt“, honorierte Prof. Dr. Marc
Hassenzahl, Dekan der Fakultät III, das Lebenswerk. Dieser
Einfluss gilt auch für andere Bereiche, etwa die Soziologie und
Gesellschaftswissenschaften. Denn Ortmann blickt von Beginn
seiner wissenschaftlichen Karriere bis heute stets weit über
den Tellerrand des eigenen Fachgebiets hinaus. In seinen Werken
setzt er sich mit vielfältigen Themen auseinander. Bereits 1990
schrieb Ortmann über das Überwachungspotential von Computern in
Unternehmen, er beschäftigt sich mit Moral in Unternehmen und
Institutionen und steuert Beiträge zur Entscheidungstheorie
bei.
Der Soziologe György Széll bezeichnete das 1995 erschienene
Werk „Formen der Produktion“ als „fortgeschrittensten Stand der
Organisationsforschung in deutscher Sprache“; das Buch „Regel
und Ausnahme“, in dem es um die Notwendigkeit und Duldung von
Regelverletzungen geht, wurde von der Neuen Zürcher Zeitung als
„zukünftiges Standardwerk der Gesellschaftswissenschaft“
tituliert. Aber auch mit Franz Kafka setzt sich Ortmann
regelmäßig auseinander.
„In deinen Schriften zeigst du dich als ein oft wider den
Strich bürstender Wissenschaftler und Philosoph“, berichtete
Alfred Kieser in seiner Laudatio, der wohl wie kein Zweiter
weiß, wovon er spricht. Ortmann promovierte 1975 an der FU
Berlin, Kieser war sein Doktorvater. „Seine Schriften finden
große Beachtung, was allen auf diesem Gebiet Belesenen klar
ist. Dennoch taucht Günther in den gängigen Rankings nicht auf.
Einen überzeugenderen Beleg dafür, dass Rankings Unfug sind,
kann es meiner Einschätzung nach nicht geben“, so Kieser.
Der Blick über den Tellerrand
Nach erfolgreicher Dissertation ging es für Ortmann 1976 an
die Universität Oldenburg, wo er zwischen 1982 und 1988 als
Professor für Personal- und Ausbildung tätig war. 1988 übernahm
er an der Universität Wuppertal die Professur für Planung und
Organisation, 1997 für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an
der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg. Seit 2014 forscht
Günther Ortmann im Ruhrgebiet.
Nach all diesen Jahren und Stationen zehre er „bis heute von
der Dissertation“, sagte Ortmann. Weil er sich dafür nicht nur
mit fachspezifischen Theorien auseinandergesetzt habe, sondern
zum Beispiel auch mit Theodor W. Adorno oder dem Soziologen
Talcott Parsons. In seinem Buch „Fußball Blues“ – Ortmann ist
bekennender Fan von Borussia Dortmund – schreibt er über die
Zeit der Promotion: „Ich begann, Kafka zu lesen, Freud, und,
etwas später, Marx. Das war ein anderer Schnack als BWL.“ Und
so fällt ihm ein Ratschlag für junge WissenschaftlerInnen
leicht: „Sie sollten neugierig sein auf Themen, die sich
jenseits der BWL abspielen. Man findet dort so unendlich viel,
aus dem sich schöpfen lässt.“
Zum Abschluss der digitalen Feierstunde äußerte Dekan Prof.
Marc Hassenzahl die Hoffnung, sich in nicht zu ferner Zukunft
doch noch persönlich begegnen zu können. Die Chancen stehen
gut. Im Wintersemester wird Günther Ortmann im Rahmen der
Meisterklasse des Master-Studiengangs „Plurale Ökonomik“ mit
Studierenden der Universität Siegen diskutieren. „Es ist eine
besondere Ehre, diese Auszeichnung von einer Fakultät erhalten
zu haben, die einen Master Plurale Ökonomik eingerichtet hat.
Es gab Zeiten, da hätte ich angenommen, dass ähnliche
Studiengänge viel mehr in Deutschland installiert werden
würden. Das war nicht der Fall. Umso schöner ist es, dass mir
die Universität Siegen diese Ehre zuteilwerden lässt.“