Erst Austausch in Sevilla, dann mit der Bundeskanzlerin
Auf ein außergewöhnliches Auslandssemester in Corona-Zeiten folgt eine besondere Einladung zum Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel: Hinter dem Siegener Studenten Adrián Alonso Álvarez liegen spannende Monate.
Im Idealfall sollte jedes Auslandssemester für besondere
Erlebnisse und prägende Momente sorgen – gespickt mit der ein
oder anderen Überraschung. Als Adrián Alonso Álvarez sich dazu
entschieden hatte, ein Semester in Spanien statt in Siegen zu
verbringen, da war allerdings überhaupt nicht absehbar, was ihn
alles erwarten würde – im positiven wie im negativen Sinne.
Negativ, weil die Suche nach den spanischen Wurzeln und das
Studium durch die Corona-Pandemie erschwert wurden. Positiv,
weil letztlich die schönen Erinnerungen überwogen. Zu diesen
zählt auch eine unerwartete Diskussion mit Angela Merkel.
An den Tag, als er die Nachricht erhielt, einer von zehn
Studierenden zu sein, die mit der Bundeskanzlerin im Rahmen der
„Konferenz zur Zukunft Europas“ sprechen würden, kann sich der
Medienwissenschaftsstudent noch gut erinnern. „Ich kam gerade
vom Joggen und musste mich erstmal hinsetzen, nicht nur wegen
des Joggens, sondern auch wegen der Einladung.“ Für den
Online-Dialog ausgewählt worden war er vom Deutschen
Akademischen Austauschdienst (DAAD). Für dessen
Social-Media-Kampagne „Studieren weltweit“ hatte Adrián
Alonso Álvarez berichtet und seinen Followern den Alltag in
Andalusien gezeigt.
Und auch Angela Merkel war an den Erfahrungen des
26-Jährigen mit der deutschen und spanischen Staatsbürgerschaft
interessiert. Wie viel Spanien denn in ihm stecke, fragte die
Bundeskanzlerin. Eine Antwort auf genau diese Frage wollte
Adrián Alonso Álvarez im Geburtsland seiner Eltern ursprünglich
finden. Aber es kam anders. „Ich habe festgestellt, dass das
eigentlich eine seltsame Frage ist. Ich bin weder patriotisch
in die eine noch in die andere Richtung“, sagte er und kam zur
Erkenntnis: „Ich bin Europäer.“ Ein Gefühl, das er in der
Gesellschaft gerne noch stärker verankert sehen würde. „Ich
würde mir wünschen, dass der Nationalismus abnimmt und die
Leute sich etwas weniger als Dänen, Deutsche oder Finnen sehen,
sondern mehr als Europäer.“
Die anfängliche Nervosität hatte sich im lockeren Austausch mit
der Bundeskanzlerin schnell gelegt. Sie erkundigte sich nach
den „typisch“ spanischen Angewohnheiten seiner WG-Mitbewohner –
die auch schon mal um Mitternacht die Fritteuse angeworfen
haben – oder nach den auf dem Jakobsweg gesammelten
europäischen Erfahrungen. Er sei froh, dass er diese Erfahrung
trotz widriger Corona-Umstände machen konnte, sagt Adrián
Alonso Álvarez mit Blick auf das Austauschsemester in Spanien.
Und gleiches gilt wohl auch für das Gespräch mit der
Bundeskanzlerin.
Auf sein Angebot, zum Ende der Amtszeit noch einmal in Siegen
vorbeizuschauen, reagierte die im Herbst scheidende
Regierungschefin schmunzelnd bis ausweichend: „Das weiß ich
noch nicht.“