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Experte der Woche: Luca-App in der Kritik

Mehrere Bundesländer, Bezirke, Kreise und Kommunen haben 2021 die Kontaktverfolgungs-App Luca für ihre Gesundheitsämter eingeführt. Seit ihrem Start steht Luca jedoch immer wieder unter Kritik von Datenschützern. Prof. Dr. Wendt erklärt, warum es kritisch zu sehen ist, wenn die Kontaktnachverfolgung einem privatwirtschaftlichen Unternehmen übertragen wird, und erläutert mögliche Gefahren

„Schutz und Sicherheit von Gesundheitsdaten ist staatliche Aufgabe“

Laut Firmenangaben gehört die Luca-App mit 40 Millionen Installationen auf Smartphones zu den größten in Deutschland. Bislang sind bei den Gesundheitsämtern Kosten in Höhe von mehr als 20 Millionen Euro für die Nutzung der App entstanden. War es generell sinnvoll, die Entwicklung einer Kontaktverfolgungs-App in die Hände privater Unternehmen zu geben?

Prof. Dr. Claus Wendt: Es ist die Aufgabe der Gesundheitspolitik, des Robert Koch Instituts und der Gesundheitsämter, die öffentliche Gesundheit zu schützen. Dadurch, dass die Kontaktnachverfolgung u.a. mithilfe der Luca-App erfolgen soll, wird eine wichtige staatliche Aufgabe aus der Hand gegeben und für viel Geld einem privatwirtschaftlichen Unternehmen übertragen. Wir sehen heute, dass das erstens nicht funktioniert, zweitens persönliche Gesundheitsdaten nicht ausreichend geschützt und drittens öffentliche Ressourcen vergeudet werden. Die wichtigen Aufgaben der Kontaktnachverfolgung und des Gesundheitsschutzes müssen im staatlichen Zuständigkeitsbereich bleiben. Ansonsten besteht immer die Gefahr, dass kommerzielle Interessen Vorrang vor der individuellen Gesundheit und der Datensicherheit haben.

Wie sieht es datenschutzrechtlich aus? Die Entwickler der Luca-App standen bereits in der Kritik wegen Sicherheitslücken und der zentralen Datenspeicherung. Nach unrechtmäßigem Zugreifen der Polizei auf Daten der App wurde gar von PolitikerInnen dazu aufgefordert, die Anwendung zu löschen.

Prof. Dr. Claus Wendt: Mit Gesundheitsdaten muss man sehr sensibel umgehen. Hier ist der höchstmögliche Schutz geboten. In der für uns alle sehr herausfordernden Zeit der Corona-Pandemie waren viele Menschen schnell bereit, sich an der Kontaktnachverfolgung zu beteiligen, um sich und das persönliche Umfeld zu schützen und die Gesundheitspolitik zu unterstützen. Diejenigen, die sich unrechtmäßig Zugang zu diesen Daten verschaffen, müssen zur Verantwortung gezogen werden. Bisherige internationale Erfahrungen zeigen, dass die Sicherheit individueller Gesundheitsdaten am besten auf nationaler Ebene über staatliche Stellen und bei einer eindeutigen Zurechenbarkeit von Verantwortlichkeiten gewährleistet werden kann.

Welche Gefahren sehen Sie für Bürgerinnen und Bürger – gehen wir zu blauäugig mit Datensicherheit um, weil wir uns über die Nutzung solcher Apps an das Teilen unserer Daten gewöhnen?

Prof. Dr. Claus Wendt: Wir gehen mit vielen Daten, die wir über Apps kommerziellen Anbietern zur Verfügung stellen, viel zu naiv um. Viele Menschen denken, dass man mit diesen Daten ohnehin nichts anfangen kann und am Ende schon nichts passieren wird. Aber für viele Unternehmen, man denke nur an die Versicherungsbranche, stellen diese Daten einen hohen Wert da und unter Umständen können für Bürgerinnen und Bürger Nachteile daraus entstehen, dass andere Zugriff auf ihre Gesundheitsdaten haben. Dagegen wurde die seit langem angekündigte elektronische Patientenakte in Deutschland immer noch nicht eingeführt. Das liegt nicht am Widerstand der Bevölkerung. Die meisten Bürgerinnen und Bürger stehen einer elektronischen Patientenakte positiv gegenüber. Diese Gesundheitsdaten können, das zeigt z.B. das dänische Beispiel, durch staatliche Stellen sehr viel besser geschützt werden, als Daten, die über kommerzielle Gesundheits-Apps gesammelt werden.

Sollten sensible IT-Bereiche, in denen bspw. Gesundheitsdaten verarbeitet und gespeichert werden, besser komplett in staatlicher Hand liegen?

Prof. Dr. Claus Wendt: Ja, der Schutz und die Sicherheit von Gesundheitsdaten ist eine staatliche Aufgabe und entsprechend sollte auch der Aufbau einer digitalen Infrastruktur für Gesundheitsdaten staatlichen Stellen übertragen werden. Während kommerzielle Anbieter Gesundheitsdaten sammeln dürfen, versäumen wir gleichzeitig die wichtige Aufgabe, eine hochgradig geschützte elektronische Patientenakte zu etablieren. Diese Form der Digitalisierung schützt die Gesundheit dadurch, dass den Ärztinnen und Ärzten Informationen schneller zugänglich gemacht und dadurch Mehrfachuntersuchungen wie z.B. doppelte Röntgenuntersuchungen vermieden werden können. Außerdem, und auch das zeigen positive Beispiele aus anderen Ländern, haben Patientinnen und Patienten dadurch einen besseren Überblick und eine höhere Souveränität über ihre eigenen Gesundheitsdaten. Mit anderen Worten: Wir verhindern den Schutz von Patientendaten vor dem Zugriff kommerzieller Anbieter ebenso wie die Patientensouveränität.

 

Kontakt:

Prof. Dr. Claus Wendt
E-Mail: wendt@soziologie.uni-siegen.de

 
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