Let's talk Tacheles! Frauen gründen.
„Let’s Talk Tacheles“, das Talk-Format, gemeinsam organisiert vom Alumni-Büro und dem Entrepreneurship Center der Universität, legte dieses Mal den Schwerpunkt auf das Thema „Frauen gründen“. Der Gründer- oder besser gesagt der Gründerinnen-Talk war Teil der Abschlussveranstaltung von EXIST-Women am 28.11.2024.
In diesem Projekt des Entrepreneurship Centers haben engagierte Frauen ein Jahr lang Gründungsideen entwickelt, Kontakte geknüpft und sind über sich hinausgewachsen. Nun ging es darum, auf diese Zeit zurückblicken und gemeinsam mit ihnen die Erfolge zu feiern, aber auch in die Zukunft zu blicken und neue Impulse aus der inspirierenden Talk-Runde mitzunehmen.
Die Veranstaltung startete mit einem Grußwort der Rektorin Univ.-Prof. Dr. Stefanie Reese, die seit gut einem Jahr die Geschicke der Universität Siegen leitet. Sie freue sich besonders, dass die selbstgesetzten Ziele der Gründungsquoten bereits jetzt schon übertroffen wurden und das Programm auch 2025 durchgeführt werden soll. Ganz persönlich berichtete sie von ihren eigenen Erfahrungen, sich in einer Männerdomäne durchzusetzen - im Jahr 2000 wurde sie als erste Frau in Deutschland auf eine Professur für Mechanik berufen - und gab, wie sie sagte, ein bisschen neidisch sei, dass es solch gute Unterstützungsprogramme damals noch nicht gegeben habe.
Moderiert wurde die Talk-Runde „Let’s Talk Tacheles“ von Özlem Kodas, Masterstudentin und selbst Teilnehmerin des
EXIST-Women-Programms.
Als Talk-Gäste gaben die beiden Alumnae der Uni Siegen und erfahrene Gründerinnen und Mentorinnen im Programm,
Steffi Müsse (nachts um 2) und Lara Bäumer (Praxisstark), sowie die angehende Gründerin Wiebke Feit (PuPilot) und
die Gründerin Luisa Borchard (Deutsch mit Luisa) interessante Einblicke in ihren Alltag als (angehende)
Unternehmerinnen.
Neugierig fragt Özlem Kodas gleich mal nach, wie denn so der Anfang war. Was sei die größte Herausforderung beim
Schritt in die Selbstständigkeit gewesen?
Die Angst sei am Anfang viel größer gewesen als der Schritt selbst, erinnert sich Steffi Müsse schmunzelnd. So ein
Gewerbe anzumelden, das sei ja nur ein Zettel, den man ausfülle. Das, was dann käme, sei allerdings enorm, man mache
eine richtig große Persönlichkeitsentwicklung durch. Und diese Weiterentwicklung bleibe auch später nie stehen.
Für Lara Bäumer ist ganz klar: die Akzeptanz im Umfeld und in der Familie. Also gründete sie erstmal im Nebenerwerb,
tastete sich langsam ran und gab dann sogar ihren Beamtenstatus auf. Für die einen ein Schock, für sie die ganz
große Freiheit. Sie habe immer dann Zeit für ihre Familie, wenn sie gebraucht werde. In ihrem Kalender heiße das
dann „kein Termin“.
Bei Wiebke Feit und Luisa Borchard klingt das ähnlich: Beide sind studierte Lehrerinnen. Luisa Borchard berichtete,
dass das Beamtentum eigentlich immer das Ziel gewesen sei, aber die Selbstständigkeit passe jetzt einfach besser zu
ihr und ihrem Leben, auch wenn sie zugibt, dass ihre Eltern anfangs nicht so euphorisch reagiert hätten.
Wiebke Feit, die zusammen mit ihrem Mann mitten im Prozess der Unternehmensgründung steckt, schilderte, dass ihr das Programm sehr geholfen habe, Zweifeln aus dem Umfeld zu begegnen. Wenn sie sogar von der Uni in dem Vorhaben gefördert werde, dann müsse das ja Hand und Fuß haben. Als Mutter bzw. Eltern zweier kleiner Kinder hätten sie oft abends nochmal richtig intensiv an ihrer Gründungsidee gebastelt, statt eine Serie zu schauen.
Die Flexibilität sei in der Selbstständigkeit einfach viel höher als anderswo, da sind sich alle einig. Bei dem Aspekt sieht man viele Frauen im Publikum nicken. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie setze immer noch höhere Maßstäbe an Frauen als an Männer.
Bei dem Thema Kritik von außen ging es schnell darum, wer diese Kritik eigentlich äußere. Klar, Kritik sei wichtig und man solle sich damit auseinandersetzen, aber was mache man, wenn diese Kritik gar nicht von potenziellen Kunden komme? Es ist okay, wenn andere das, was man mache, für falsch oder nicht richtig halten, solange meine Kunden mit mir und meinem Angebot zufrieden sind, sagte Luisa Borchard. Dahin zu kommen sei allerdings ein Prozess, der manchmal gar nicht so einfach ist, stimmen die anderen zu.
Auf die Frage, was eine Gründerinnenpersönlichkeit ausmache, sind sich alle wieder einig: Man müsse neugierig sein und sich trauen, die Komfortzone zu verlassen. Man dürfe sich aber auch Hilfe holen, zum Beispiel durch ein Coaching vor einer Rede, bei der man sich unsicher fühle.
Aus dem Publikum kommt die wichtige Aussage, man solle immer den Fokus auf die guten Dinge legen, die Erfolge und nicht immer auf die Probleme, das Chaos oder das Ungewisse. Die vier Talk-Gäste nickten zustimmend.
Als es um die Frage nach dem Mehrwert des Programms ging, hörten wir nur Positives: Der Austausch in der Community sei unglaublich wichtig gewesen und vor allem die Unterstützung durch die Coaches und Mentorinnen. Es sei so schön, in einem Umfeld zu sein, das ansporne, weiterbringe und motiviere. Denn: Gründung sei immer ein Auf und Ab.
Auch die Mentorinnen nehmen viel aus dem Jahr mit. Austausch, auch kritischer Austausch, sei immer wichtig und die Gelegenheit, sich auch selbst zu hinterfragen.
Anschließend gab es wie immer die Gelegenheit, auch noch persönlich mit den Talk-Gästen ins Gespräch zu kommen. Wir nutzten die Gelegenheit zum intensiven Netzwerken und freuen uns auf die nächste Talk-Runde von Let’s Talk Tacheles.
Dieser Bericht wurde von Vera Joosten verfasst.