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Berichte - Zamosc

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Zamosc (17.10.2001)

Am Nachmittag des 17. Oktober erreichten wir Zamosc, eine im südöstlichen Polen gelegene Stadt, die 1992 aufgrund ihres gut erhaltenen, im Renaissancestil erbauten Stadtkerns in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen wurde.

Zu Beginn der Stadtführung erläuterte uns der Reiseführer, ein ortsansässiger Archäologe, das Musterbeispiel Zamosc als Renaissancestadt anhand eines Modells im Stadtmuseum. Zamosc wurde 1580 von Jan Zamojski gegründet, der Jura in Italien studierte. Dank seiner Rechtskarriere im polnischen Königreich gelang es Zamojski einen vom polnischen Senat unabhängigen "Staat im Staat" in Zamosc zu etablieren. Noch bis heute sind dessen Nachfahren im polnischen Senat vertreten. Die ursprüngliche von den Stadtmauern umfasste Fläche betrug 600 auf 400 Meter, also ca. 24 Hektar. Entworfen und gebaut wurde Zamosc von dem italienischen Architekten Bernardo Morando. Schon der Grundriss in Form eines Pentagons weist auf ein Charakteristikum der Renaissancearchitektur hin, die durchgehende Verwendung von geometrischen Figuren. Der Stadtbau dauerte 30 Jahre. Die geographische Lage der Stadt war von ökonomischer und strategischer Bedeutung: Gebaut wurde Zamosc an Kreuzungswegen von zentralen Handelsstraßen und war ebenfalls als Bollwerk der östlichen Flanke Polens gedacht.

Die Bevölkerung Zamosc's setzte sich aus verschiedenen Völkern zusammen: armenische Handelsleute, sephardische Juden, Ruthenen, Griechen und Polen. Diese verschiedenen Volksgruppen wurde Religionsfreiheit gewährt, die sich mit der Vielfalt der Kirchen in Zamosc belegen lässt. Den zentralen Punkt der Stadt bildet der ein Hektar große Marktplatz mit dem Rathaus. Dieser diente jedoch nicht als Handelsplatz, sondern als Versammlungsort. Der Handel fand auf den Nebenmärkten statt.

Nach einem halbstündigen Vortrag im Stadtmuseum begaben wir uns zur Synagoge, die heute als Stadtbücherei dient. Sie wurde 1630 erbaut und war bis zum Zweiten Weltkrieg das Zentrum der jüdischen Gemeinde in Zamosc. Heute gehört die Synagoge der jüdischen Gemeinde in Krakau. Von den damals 28.000 Einwohnern der Stadt waren 10.000 jüdischen Glaubens, die im Oktober 1942 deportiert wurden. Auf die Frage, wie viele Juden denn heute noch in Zamosc leben würden, erwiderte der Reiseführer, dass nur noch Aaron Stern, ein alter Dichter, in der Stadt wohne.

Als nächstes besichtigten wir die Überreste der Stadtmauer. Dank dieser war Zamosc lange Zeit eine uneinnehmbare Festung, bis die Stadt 1809 erstmals von polnischen Verbänden erobert wurde. Die Truppen gelangten durch unterirdische Wehrgänge in die Stadt. Der nächste Besichtigungspunkt war die Kathedrale. Auf dem Weg dorthin passierten wir das Geburtshaus der wohl berühmtesten Tochter der Stadt, Rosa Luxemburg (1871-1919). Mit dem Bau der Kathedrale wurde 1585 begonnen, nach den Plänen Bernardo Morandos. Fertig gestellt wurde sie allerdings erst Ende des 17. Jahrhunderts. In der Kathedrale befindet sich die Familiengruft der Zamojskis. Der einzeln stehende Glockenturm wurde wahrscheinlich ebenfalls der italienischen Renaissance entnommen (vgl. Pisa).

Den Abschluss der Führung bildete die Akademie, die 1594 von Zamojski gegründet wurde. Diese Bildungsstätte war vor allem für die östliche Bevölkerung Polens gedacht. Jahrzehntelang gehörte die Akademie zu den besten Universitäten Polens. Mit der Zeit verlor die Universität jedoch ihre Größe und heute befindet sich in deren Räumlichkeiten ein Gymnasium.

Kritisch anzumerken ist, daß der Stadtführer Zamosc nur als Modell einer Renaissancestadt präsentiert hat und nicht als "deutsches Siedlungsprojekt" im "Generalplan-Ost". Grundsätzlich wurde nicht nur die Geschichte unter dem deutschen Besatzungsterror weitestgehend ausgespart, sondern sämtliche Ereignisse des 20. Jahrhunderts wurden nur am Rande erwähnt. Zamosc war bis ca. 17.30 Uhr eine in der Dämmerung wunderschön aussehende Renaissancestadt. Der Modellcharakter aus der italienischen Renaissance wurde so gut kopiert, dass man sich auf dem Marktplatz unweigerlich an eine italienische Piazza erinnert fühlte. Gebäude, die allerdings zu einem späteren Zeitpunkt besichtigt wurden, waren aufgrund der Dunkelheit nur noch schemenhaft zu erahnen.

Alexandra Berg, Melanie Lorenz

 
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