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Berichte - Technik- und Industriemuseum in El Entrego

El Caminho de Santiago -
Nordspanien in Geschichte und Gegenwart

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Technik- und Industriemuseum in El Entrego (Donnerstag, 24.10.2002)

Der Nachmittag des 24.10. war der Besichtigung des Technik- und Industriemuseums von El Entrego in der Nähe von Oviedo gewidmet. Da die Region vom Kohlebergbau und Hüttenwesen geprägt ist, beschäftigt sich das noch sehr junge Museum im Großteil seiner Exponate mit eben diesen Aspekten. Auf drei Ebenen werden hauptsächlich technikgeschichtliche Exponate aus der Geschichte des lokalen Steinkohlebergbaus gezeigt. Sozialgeschichtliche Aspekte, die gerade bei Kernbereichen der Industrialisierung wie dem Kohlebergbau eigentlich nicht fehlen sollten, bleiben allerdings unberücksichtigt. Nur auf der zweiten Ebene des Museums zeigt man einige Exponate und nachgestellte Räume zur Medizingeschichte sowie einige stark idealisierende Modelle von Arbeitersiedlungen. Die medizinhistorische Abteilung wird inhaltlich offensichtlich nicht an den Rest des Museums über die Sozialgeschichte angegliedert, sondern verharrt relativ zusammenhangslos in der Ausstellung. Auf der zweiten Ebene finden sich auch nachgebaute Laboratorien von Gruben und Munitionsfabriken. Da ein großer Sprengstoffhersteller größter Sponsor des Museums ist, wird auch dieser Bereich vollkommen unkritisch bzw. idealisierend dargestellt. Politische Aspekte des Arbeiterlebens werden ebenfalls vollständig ausgeklammert.

Didaktische Höhepunkte der Ausstellungsebenen sind in der ersten Ebene die aufgestellten frühneuzeitlichen Bergbaumaschinen, von denen man als Besucher einige in Gang setzen kann. Unter anderem ist es Neugierigen möglich, ein Laufrad einer Wasserkunst zu betreiben, was bei einigen Exkursionsteilnehmern als einer der intensivsten Eindrücke des Museumsbesuches in Erinnerung geblieben ist. Als weitere wichtige technikgeschichtliche Exponate sind zu nennen: Eine dampfbetriebene Bewetterungsmaschine aus dem 19. Jahrhundert und ihr frühneuzeitliches Pendant, das mit Wasserkraft angetrieben wurde, sowie Grubenbahnen, ausgestopfte Grubenpferde, Werkzeuge, Bekleidung, etc.

Kernteil des Museums ist allerdings ein teilweise nachempfundenes, unterirdisches Besucher-bergwerk, das man über einen zentral im Museum stehenden Förderturm erreichen kann. Während der Fahrt mit dem Förderkorb, der im Museum nur zwei Sohlen überwinden muss, wird über Lautsprechergeräusche und eine gewisse Wartezeit die lange Einfahrzeit in ein reales Bergwerk simuliert, so dass der Besucher den Eindruck gewinnen soll, er würde mehrere hundert Meter in die Tiefe fahren. Nach einer unzureichend kurzen Besuchszeit in den überirdischen Räumen des Museums, die durch die festgelegten Termine der Bergwerksführungen bestimmt wurden, fuhr auch unsere Exkursionsgruppe in das Besucherbergwerk ein. Leider war es ausschließlich möglich, Bergwerksführungen auf Spanisch zu bekommen, was bei den übrigen, spanischen Führungsteilnehmern zur allgemeinen Belustigung führte, als klar wurde, dass dreiviertel der Gruppe zwar mehr oder weniger fasziniert, aber ohne ein Wort zu verstehen, den Ausführungen der Führerin folgten. Glücklicherweise löste unser studentischer Dauerdolmetscher, Jan Holthaus, auch diese Aufgabe mustergültig, trotz der Tatsache, dass er selber nach eigener Aussage kein Bergbauexperte sei und dass die spanische Führerin mit einer extremen Geschwindigkeit sprach.

Stellenweise wird dem Besucher in diesem Stollen zugemutet, sich über äußerst schwierige Stiegen zu bewegen, und es gibt die Möglichkeit, durch einen schrägen, niedrigen, nachempfundenen Abbaugang in die darunter liegende Sohle hinabzusteigen - für uns eine nicht ganz undramatische Angelegenheit, da die zu Beginn der Führung verteilten Bauhelme größtenteils defekt waren und einem daher ständig ins Gesicht rutschten, was die Sicht auf den Vordermann und die tief hängenden hölzernen Deckenverstrebungen nicht unbedingt verbesserte. Der Übergang vom Abstieg zum Abrutschen bzw. Abstürzen war daher gleitend. Das "Erlebnis" ist zur Ehrenrettung der verantwortlichen Museumsdidaktiker jedoch optional - zartbesaitetere Zeitgenossen können eine Treppe benutzen, die sich neben dem Tunnel befindet. Trotzdem ist dieser Abstieg auch gleichsam einer der wenigen Momente in diesem Besucherbergwerk, welches Authentizität vermittelt, während ansonsten die meisten Exponate, wie z.B. die dort aufgestellten Maschinen, sehr gestellt wirken. Mit Abschluss der Führung stellte sich bei den meisten Exkursionsteilnehmern, bei Studenten und Dozenten, eine relativ große Enttäuschung über die Konzeption dieses Bergbau- und Technikmuseums ein. Wie auch schon in einigen anderen Museen, deren Besichtigungen bereits vorangegangenen waren, zeigte sich hier in museumsdidaktischer Hinsicht noch großer Handlungsbedarf. Was die Geschichte der frühneuzeitlichen und frühindustriellen Arbeitswelt anbelangt wird gerade die entscheidende sozial- und alltagsgeschichtliche Aufarbeitung der lokalen Geschichte Nordspaniens immer noch weitgehend vernachlässigt, was als wissenschaftliche Nachwehe der Francozeit zu deuten sein könnte. In museumsdidaktischer Hinsicht wäre es auch den meisten Museen dieser Region anzuraten, die vorhandenen Erklärungstafeln, Schilder und Bildunterschriften wenigstens mit einer Übersetzung ins Englische auszustatten.

Nach dem Ende des Museumsbesuches fuhren wir weiter nach San Vicente de la Barquera. In diesem sehr malerischen Küstenstädtchen verbrachten wir unsere vorletzte Nacht in Spanien bei herrlichem, fast spätsommerlichen Wetter in einem wunderbar gelegenen Landhotel oberhalb der Stadt - ein besseres Plätzchen hätte sich für uns nicht finden können, um uns von den Strapazen "unter Tage" zu erholen.

Jan Etzbach, Dietrich Menn

 
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