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Informationen zum EU-Projekt LIVEWHAT


Die europäischen Staaten ringen weiter mit den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Zu den anhaltenden Herausforderungen gehören die stark gestiegene Arbeitslosigkeit, teils gravierende Einschnitte in die Sozialsysteme, instabile Kreditmärkte, das veränderte Konsumverhalten der Menschen und nicht zuletzt Zukunftsängste in der Bevölkerung. Die Folgen für den Alltag der Menschen sind umfassend und auch die politischen Konsequenzen der Krise stehen im Fokus der Aufmerksamkeit. Das europäische Forschungsprojekt LIVEWHAT untersucht anknüpfend an diese Beobachtungen die Zusammenhänge zwischen der ökonomischen Krise, den politischen Maßnahmen und der Bewältigung durch die Bevölkerung. Die Forschungsarbeiten sind ländervergleichend angelegt und sollen die Situation in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Polen, Schweden, Spanien und im Vereinigten Königreich komparativ untersuchen. Dabei soll erforscht werden, in welcher Weise die Menschen in Europa individuell und kollektiv auf die Wirtschaftskrise – von Protest bis Resignation – reagieren, und wie diese individuellen und kollektiven Reaktionen erklärt werden können. Welchen Einfluss hat die wirtschaftliche Krise, und welchen die politischen Maßnahmen (bspw. die betriebene Austeritätspolitik)? Welche Rolle spielen die jeweiligen sozio-ökonomischen Gegebenheiten, wohlfahrtsstaatlichen Institutionen und politischen Systeme? Im Einzelnen verfolgt das Projekt vier Zielsetzungen. Es möchte:

• unser Wissen darüber erweitern, wie Menschen auf ökonomische Krisen und deren soziale und politische Konsequenzen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten reagieren.

• grundlegende Erkenntnisse generieren, auf welche Weise wirtschaftliche Krisen Gesellschaften auf der Ebene des konkreten Alltagslebens verändern, und welche ursächlichen bzw. intervenierenden Faktoren bzw. Wechselwirkungen hier bestimmend sind.

• dazu beitragen die negativen Folgen der Krise und die diesbezüglichen Reaktionen der Menschen auf die öffentliche Tagesordnung zu setzen, um so die Aufmerksamkeit für die Situation von Gruppen, die besonders stark von ökonomischen Krisen betroffen sind, zu erhöhen.

• die Problemlösungskapazität von Politik und Verwaltung erhöhen und einen umfassenderen und gemeinsamen Problemlösungsansatz in den Mitgliedsstaaten und der Europäischen Union entwickeln helfen.

Damit stellt sich LIVEWHAT eine Reihe von konkreten Forschungsfragen. Wie reagieren normale BürgerInnen – individuell und kollektiv – auf ökonomische Krisen und die politischen Interventionen der Regierungen? Hängen ihre Reaktionen auf der individuellen Ebene von den soziodemographischen Merkmalen und dem sozialen Hintergrund der Personen ab? Unterscheiden sich die Reaktionen auf der kollektiven Ebene zwischen den verschiedenen Ländern, etwa abhängig vom jeweiligen Verlauf der Krise, den institutionellen Besonderheiten und der unterschiedlichen Bedeutung lokaler Zivilgesellschaft? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen der ökonomischen Krise, der Regierungspolitik und den Einstellungen, Werten, Erwartungen, Emotionen und dem politischen und sozialen Verhalten der Menschen? Wie schaffen es Menschen, Resilienz zu entwickeln und neue Perspektiven zu entwickeln, anstatt in Fatalismus und Politikverdrossenheit zu verfallen? Welche Formen der Selbsthilfe, Organisation und Interessenvertretung entwickelt sich auf der lokalen Ebene unter diesen widrigen Verhältnissen, und welche Lehren lassen sich daraus für die gesellschaftspolitischen Diskussionen ziehen? Um die Fragen des Projekts angemessen bearbeiten zu können, werden sechs verschiedene Daten- und Methodensets verwendet:

(1) ein ländervergleichender Datensatzes mit ökonomischen, sozialen und politische Indikatoren zur Beschreibung des Krisenverlaufs;

(2) eine dokumenten- und interviewgestützte Analyse der Regierungspolitik und ihre Antworten auf die Krise;

(3) eine Analyse der kollektiven Reaktionen der Menschen auf die Krise (Medienanalyse);

(4) eine Analyse der individuellen Reaktionen auf die Krise (repräsentative Umfrage);

(5) eine Reihe von Experimenten, um kausale Effekte verschiedener Dimensionen der Krise auf das Verhalten und die Einstellung der Menschen zu verifizieren; und

(6) eine Analyse alternativer Formen von Resilienz in Krisenzeiten.

Der multidimensionale und ländervergleichende Forschungsansatz verspricht einen deutlichen Erkenntnisgewinn. In analytischer Hinsicht untersucht LIVEWHAT das komplexe Wechselspiel zwischen ökonomischen Krisen, politischen Institutionen und Regierungspolitiken, nationalen Medienöffentlichkeiten und Zivilgesellschaften sowie der gesellschaftlichen Alltagswirklichkeit der Menschen. Hinzu kommt der komparative Ansatz, denn vor allem der Vergleich der wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten in so verschiedenen Ländern wie Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Polen, Schweden, Spanien und dem Vereinigten Königreich verspricht eine facettenreiche und differenzierte Antwort auf die Frage, wie sich Menschen, Gemeinschaften und Gesellschaften in widrigen Umständen behaupten können.

 
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