Universität Siegen gibt Unterstützung beim Dreh des Dokumentarfilms „Böse Spiele sind verboten“
Das Nazilager für Kinder und Jugendliche in Lódz hat bis heute Spuren hinterlassen. Erinnerungen, die bei den Betroffenen immer wieder hoch kommen. Erzählungen, die an die nächsten Generationen weitergegeben und nicht verarbeitet wurden. Wie können Ängste und Unsicherheiten verarbeitet werden?
Mit Unterstützung der Universität Siegen wird die polnische Projektleiterin Urszula Sochacka den Dokumentarfilm „Böse Spiele sind verboten“ drehen, der die Geschichte des „Nazilagers für Kinder und Jugendliche in der Przemyslowastraße in Lódz“ erzählt und erwägt, wie man mit der Erinnerung an so eine schwierige Stelle umgeht. Die Dokumentarfilmerin ist diese Woche drei Tage am Siegener Zentrum für Sozialisations-, Lebenslauf und Biografieforschung (SiZe) zu Gast. Dr. Imbke Behnken, die über viele Erfahrungen in Bearbeitung und Archivierung der Zeugnisse von traumatischen Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen sowie von dem Einfluss auf nächste Generationen verfügt, wird sie fachlich unterstützen. „Wir helfen insbesondere dabei, die Frage zu beantworten, warum die heute 80-jährigen ehemaligen Insassen des Nazilagers für Kinder und Jugendliche in der Przemysłowastraße in Litzmannstadt weiterhin das erleben, was in ihrer Kindheit passiert ist, warum ihre Kinder sehr oft unbewusst die Last ihrer Erlebnisse tragen und, was am wichtigsten ist, wie man die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs heute bewältigen kann“, so Dr. Behnken.
Urszula Sochacka hat bereits Interviews mit 20 Überlebenden geführt – mehr als 11.000 Menschen sollen in dem Jugendverwahrlager ermordet worden sein. Auch Sochackas Vater hat 18 Monate dort verbracht. Bis zu seinem Tod sei diese Zeit ein Tabuthema gewesen. „Ich habe sehr unter dem Trauma meines Vaters gelitten, unsere persönlichen Probleme hatten viel mit seinen Erlebnissen zu tun“, erklärte die Projektleiterin. Bei ihren Recherchen hat sie herausgefunden, dass die Probleme in den betroffenen Familien ähnlich sind. Die ehemaligen Häftlinge hätten im Lager selbst beispielsweise keine Nächstenliebe erlebt und könnten diese somit auch nicht ihren Nachkommen zeigen.
„Ich habe mich mit meinem Vater auf dem Sterbebett versöhnt. In dem Moment habe ich verstanden, dass man über das Thema sprechen muss, um dies alles zu verarbeiten“, so Sochacka. Als nächstes wird die 43-Jährige weitere Informationen in Archiven suchen. Dann folgt ein Projekt mit Kindern und Jugendlichen in Lódz und Detmold. Sie sollen ein bestehendes Denkmal, in dem ein Kind sich von der Welt abwendet, umgestalten. Das Kind soll sich der Welt zuwenden. Auch diese Szenen werden Teil des Films, der 2012 veröffentlicht werden soll. Gefördert wird das Projekt durch die „Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit“.