Hightech für die Pampa
Die Erde ist ständig kosmischer Strahlung ausgesetzt, Teilchen mit enorm hoher Energie treffen auf die Atmosphäre und produzieren sog. Teilchenschauer. Was sind die Quellen dieser Teilchen, woher stammen sie? Zur Fortsetzung ihrer erfolgreichen Forschungen am Auger-Observatorium erhalten die Siegener Astroteilchenphysiker umfangreiche Fördermittel vom Bund und der Helmholtz-Allianz.
Insgesamt werden die Siegener Physiker mit 716.000 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und rund 180.000 Euro im Rahmen der Helmholtz-Allianz für Astroteilchenphysik gefördert.
Das Pierre-Auger-Observatorium, auf 1.400 Metern Höhe in der argentinischen Pampa gelegen, ist die weltweit größte Detektoranlage zur Messung kosmischer Strahlen der höchsten Energien. Im internationalen Verbund forschen hier auch Siegener Professoren, die Astroteilchenphysiker Peter Buchholz und Markus Risse. „Entscheidend für die Detektion an diesem Ort ist, dass hier die Atmosphäre besonders rein ist und die Nächte besonders dunkel sind.“ In Siegen wird die Ausleseelektronik für AMIGA (Auger Muons and Infill for the Ground Array) , eine Erweiterung des Pierre-Auger-Observatoriums, mitentwickelt, getestet und gebaut.
Auf einer Gesamtfläche von 3.000 km2 sind 1.600 Wasser-Cherenkov-Detektoren verteilt. Dieses Detektorfeld soll an einer Stelle mit 80 zusätzlichen Wassertanks verdichtet werden. Jeder dieser Tanks soll mit je drei grossflächigen Szintillationszählern umgeben werden, die in mehr als zwei Meter Tiefe vergraben werden. „Wir werden 300 Auslesesysteme nach Argentinien liefern, jedes mit 12 Elektronikkarten bestückt“, so Professor Buchholz. Die Prototypen werden komplett in Siegen bestückt und gestestet. Für die anstehende Massenproduktion werden die Karten zwar industriell vorgefertigt, müssen aber alle einzeln und als gesamtes System aufwendig getestet werden, ein immenser zeitlicher Aufwand, denn wenn die Szintillationszähler einmal eingegraben sind, ist eine Reparatur oder ein Austausch nicht mehr möglich.
Mit diesen aufwendigen Installationen wollen die Forscher unter anderem herausfinden, woher die enorm hohe Energie der Teilchen stammt, die auf die Atmosphäre treffen, eine Energie, die auf der Erde nirgends hergestellt werden kann, „sie ist ungefähr 10millionenfach höher als die, die am Speicherring LHC erzeugt werden kann“, ergänzt Professor Risse.
Mit AMIGA betreiben die Physiker reine Grundlagenforschung, „wir glauben damit, die Zusammensetzung der kosmischen Strahlung besser verstehen zu können“, erklärt Prof. Buchholz. Auf die Frage nach eventuellen Vermutungen, die die bisherigen Messungen zulassen, weist Professor Risse darauf hin, dass die festgestellten Richtungen der Teilchenschauer auf aktive Galaxienkerne als mögliche Quellen hindeute, in deren Zentrum ein energiehungriges schwarzes Loch Materie ansaugt: „Das Universum ist ein gigantischer Teilchenbeschleuniger!“