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Siegener Physiker stabilisieren Quanten-Information in Ionen

Physiker der Universitäten Siegen und Ulm haben eine Möglichkeit gefunden, Quantenzustände von Ionen durch Mikrowellenstrahlung zu stabilisieren. Die neuen Erkenntnisse sind ein Meilenstein auf dem Weg zur Entwicklung eines Quantencomputers.

Unter dem Titel „Quantum Gates and Memory using Microwave Dressed States“ haben die Forscher um Professor Christof Wunderlich von der Universität Siegen (Lehrstuhl Quantenoptik) sowie Professor Martin Plenio und Dr. Alex Retzker vom Ulmer Institut für Theoretische Physik ihre Ergebnisse jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ publiziert.

Von einem grundlegenden Blickpunkt aus betrachtet, geht die Veröffentlichung zwei wichtige Herausforderungen an, die Wissenschaftler als Hindernis für die Verwirklichung von Quanteninformationsverarbeitung identifiziert haben: Kohärenzzeit und Skalierbarkeit. Die Kohärenzzeit bezieht sich auf das zuverlässige Speichern von Quanten-Information. Skalierbarkeit beschäftigt sich mit dem Problem der effizienten Integration vieler Qubits – der elementaren Schalteinheit eines Quantencomputers – in einem einzigen Apparat. Dies ist vergleichbar damit, wie in heutigen Computern mehr und mehr Transitoren in einem einzigen Prozessor verbaut werden.

Um Ionen – die hier als Qubits dienen – unter Kontrolle zu bringen, werden sie in Ionenfallen gefangen und mit Laserlicht gekühlt. Dann stellt sich die Frage, wie man die elektrisch geladenen Partikel miteinander in Wechselwirkung bringt. Bereits vor zehn Jahren hat Professor Christof Wunderlich, leitender Autor des Berichtes, vorgeschlagen, Ionen hierfür zusätzlich einem räumlich variierenden Magnetfeld auszusetzen. Das Problem: Ionen reagieren äußerst empfindlich auf unkontrollierte magnetische Störfelder, die überall in unserer Umgebung präsent sind. Diese Störfelder bewirken den schnellen „Tod“ der in den Ionen gespeicherten Quanteninformation und machen sie damit für die Quanteninformationsverarbeitung nutzlos. „Wir haben nun gezeigt, dass die Anwendung von Mikrowellenfeldern auch zur Stabilisierung der Quanteninformation geeignet ist und wir konnten in ersten Experimenten die Lebensdauer derselben in den ionischen Qubits um mehr als 200-fach verlängern“, sagt Prof. Wunderlich. Wichtig ist hierbei, die Fähigkeit der Ionen für Quantenoperationen mit mehreren Qubits zu erhalten. Dies ist mit der neuen Methode in der Tat der Fall. Darüber hinaus können diese Quantenoperationen – vergleichbar mit auf elektrischen Vorgängen basierenden Operationen in einem klassischen Computer – nun sehr viel schneller ausgeführt werden.

Denkt man über die Skalierung hin zu einer großen Anzahl von Qubits nach, dann zeigt sich, dass bei der Verwendung von Laserlicht für die Ausführung von Quantenoperationen grundlegende und auch gravierende technische Probleme im Wege stehen. Durch die Verwendung von Mikrowellen-Feldern lassen sich viele dieser Probleme umgehen. Zudem benötigt die neue, Mikrowellen nutzende Methode, im Vergleich zu einer auf Lasern basierenden Methode, weniger speziell angefertigte Komponenten: „Um Lasersysteme zu bedienen, sind in der Regel ausgebildete Physiker notwendig“, sagt Prof. Wunderlich. Dahingegen ist der Mikrowellenaufbau zum größten Teil im Handel erhältlich: „Ein Mobiltelefon beispielsweise beinhaltet alle notwendigen Komponenten für die Manipulation von gespeicherten Ionen mit Mikrowellen. Dies kann heute von einem Kindergartenkind bedient werden.“

Eine Besonderheit des Forschungsprojekts ist die enge Zusammenarbeit von Experimentalphysikern aus Siegen und Theoretikern aus Ulm – und zwar von der ersten Idee vor rund einem Jahr bis zur Publikation des Fachbeitrags.
Künftig wollen die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse auf weitere physikalische Fragestellungen anwenden und dadurch der Entwicklung eines Quanteninformationsprozessors näher kommen. Ein solcher Quantencomputer würde eine Revolution in der Informationsverarbeitung bedeuten: „Er könnte Probleme lösen, an denen sich heutige Computer die Zähne ausbeißen“, so Prof. Wunderlich.

Die Wissenschaftler sind vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt worden. Zudem wurde das Projekt mit Mitteln aus dem EU-Projekt „The Physics of Ion Coulomb Chrystals“ (PICC) finanziert.

N. Timoney, I. Baumgart, M. Johanning, A.F. Varón, M.B. Plenio, A. Retzker, C. Wunderlich: „Quantum Gates and Memory using Microwave Dressed States“. Nature. Vol. 476, Nr. 7359 (11. August 2011).

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Christof Wunderlich
Fakultät IV: Lehrstuhl Quantenoptik
Tel: 0271 740-3757
E-Mail: wunderlich@physik.uni-siegen.de

 
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