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Italien zwischen Erneuerungsdruck und politischer Erstarrung

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gingen an der Universität Siegen der Frage nach, ob die politischen Uhren in Italien anders ticken.

Gibt es „Politics all’italiana“? Laufen die politischen Uhren in Italien tatsächlich nach einem anderen Takt als in den vermeintlich rationaleren und effizienzgetriebenen Demokratien Nord-/Westeuropas? Folgt man den Schlussfolgerungen der führenden internationalen politikwissenschaftlichen und sozio-historischen Italienexperten, so ist diese Frage klar und deutlich mit „Si!“ zu beantworten. Auf der Konferenz „Politics all’italiana – crisis as a permanent condition? A political system between the will to transistion and reform resistance” am 15. und 16. November an der Universität Siegen haben sich sich zwölf Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Italien, Großbritannien, den USA und Deutschland über die Fragen von Erneuerung oder Erstarrung im politischen System Italiens ausgetauscht.

Italien in der Langzeitkrise

Der britische Historiker Prof. Christopher Duggan analysierte die „longue durée“ der aktuellen italienischen Krise und verband diese erstens mit der Problematik der Nationalstaatswerdung Ende des 19. Jahrhunderts. In dieser Periode sind strukturelle Konflikte mit der Katholischen Kirche sowie die für Italien so typische Spaltung zwischen dem staatlichen „paese legale“ und dem gesellschaftlichen „paese reale“ angelegt, so Duggans Fazit. Diese Kluft wurde zweitens während der faschistischen Diktatur weiter ausgeweitet und besteht drittens – auch aufgrund fehlender Aufarbeitung des Faschismus nach der Republikgründung 1948 – auch noch in der heutigen Demokratie weiter. Der Staat ist daher mit einem tiefgreifenden Autoritätsproblem konfrontiert, wie Duggan schlussfolgerte.

Gescheiterte Reformen
Wie problematisch der Themenkomplex von politischem Wandel ist, stellte auch der britische Politikwissenschaftler Prof. Martin Bull bei seinem Vortrag zu den zahlreichen Verfassungsreformversuchen heraus. Bislang noch alle scheiterten. Eine umfassende Reform der Verfassung sei inzwischen zwar zum „heiligen Gral“ der inneritalienischen Debatte geworden, mit dem alle strukturellen Probleme wie Regierungsineffizienz und schwache Performance gelöst werden sollen. Inwiefern eine solche Großreform aber jemals Aussicht auf Erfolg hat, schätzte Bull sehr skeptisch ein, nicht zuletzt wegen den starken Eigeninteressen der beteiligten politischen Akteure.
Der renommierte italienische Politikwissenschaftler Prof. Gianfranco Pasquino widmete sich – ebenfalls anknüpfend an die Frage von Stillstand oder Wandel - kritisch dem Thema einer vermeintlichen Transition Italiens von der „Ersten Republik“ hin zur sogenannten „Zweiten Republik“, welche mit der Staatskrise und dem Zusammenbruch des Parteiensystems rund um den Korruptionsskandal "Tangentopoli" in den frühen 1990ern markiert wird. Entlang David Eastons Dreier-Typologie politischer System konstatierte er, dass sich weder Italiens politische Gemeinschaft, noch seine Autoritäten oder sein institutionelles Regime signifikant verändert hätten.

Politisches System von Traditionen und historischem Erbe gekennzeichnet

Inhaltliches Fazit nach intensiven und Diskussionen und spannenden Vortagen: Traditionen und historisches Erbe aus der Vergangenheit sind nicht nur für die architektonischen Schätze und die Kunstwelt Italiens wichtige Parameter, sondern auch für das politische System und die institutionellen Begebenheiten.

Jana Edelmann

 

 
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