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Hinter den Kulissen des Wahlkampfs der USA

Ein Stipendium führte Dr. Carsten Weiß von der Universität Siegen nach Washington.

Dr. Carsten Weiß ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent am Lehrstuhl Politikwissenschaft der Universität Siegen von Prof. Dr. Christoph Strünck. In der Lehre sowie in der Forschung legt er besonderen Wert auf die Verbindung zwischen Praxis und Theorie. Und sein Werdegang zeigt: Es gibt verschiedene Wege in die Wissenschaft.
Wie viele andere junge Menschen hat sich Dr. Carsten Weiß seinen Weg während des Studiums erst erarbeitet. Nach Abitur und Zivildienst wusste der Dinslakener nur eins: „Ich möchte etwas mit Menschen tun, etwas Soziales.“ Dieser Wunsch führte ihn nach Siegen, wo er vorerst Sozialwissenschaft studierte. „Ich habe dann den Quereinstieg in die Sozialpädagogik gewählt“, sagt er. Nach dem Anerkennungsjahr in einer Arbeitslosenberatungsstelle in Düsseldorf entschied er sich erneut zum Studium. Berufsbegleitend absolvierte er den Siegener Aufbaustudiengang Diplom-Pädagogik. „Ich wollte mich weiter qualifizieren“, erläutert er. Trotz seiner wissenschaftlichen Karriere verlor er nie den Kontakt zur Praxis: „Mein Schwerpunkt ist es, Fragen aus der Praxis in die Wissenschaft zu bringen.“
So konnte es auch passieren, dass er im Rahmen seiner Dissertation zum Thema Schwarzarbeit früh morgens Arbeiter nach ihren Beschäftigungsverhältnissen befragte. Diese Praxisbezüge bewahrten ihn davor, Pauschalaussagen zu machen. „Gerade im sozialpolitischen Bereich, wo es sehr kontroverse Diskussionen gibt, hätte ich sonst sicherlich viele Treffen mit Mitarbeitern aus den unterschiedlichsten Bereichen, die sagen würden: ‚Komm mal einen Tag zu uns - dann wirst du sehen, dass es in der Realität nicht immer so ist, wie du es darstellst‘.“ Genau das versuche er zu vermeiden, indem er die Brücke zwischen Theorie und Praxis schlage. „Ich verstehe Praxis und Wissenschaft als Geben und Nehmen. Meine Arbeit in der drittmittelgestützten Forschung macht es mir möglich, problemorientiert an explorativ ausgelegten Studien zu arbeiten“, sagt Dr. Carsten Weiß. Dies tut der Experte für Arbeitsmarktpolitik und soziale Landwirtschaft beispielsweise im Rahmen eines Forschungsprojektes des Siegener ZPE (Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste) und der FH Koblenz als Projektleiter. Dabei wird versucht, Beschäftigungsförderung und soziale Landwirtschaft miteinander zu kombinieren. „In diesem Beschäftigungsprojekt arbeiten vormals erwerbslose Menschen in der Produktion und im Vertrieb von ökologischen Lebensmitteln. In der Landwirtschaft gibt es – im Gegensatz zu anderen Bereichen – sehr viel Arbeit, insbesondere, wenn es um ökologische Landwirtschaft geht. Wir untersuchen im Projekt, welcher Mehrwert durch soziales Unternehmertum im Handlungsfeld der Beschäftigungsförderung der sozialen Landwirtschaft generiert werden kann“, erläutert er.

Trotz der eher untypischen Wissenschaftlerkarriere arbeitet der 38-Jährige erfolgreich: 2012 forschte er mit einem Stipendium des American Institute for Contemporary German Studies (AICGS) in Washington. Dort hatte er die Möglichkeit, während der Wahlkampfzeiten zu untersuchen, wie und weshalb die Mittelschicht in der politischen Kommunikation instrumentalisiert wird. „Das Konstrukt Mittelschicht ist vor allem deswegen interessant, weil sich dort immer wieder eine Dynamik entwickelt. Die Menschen haben Angst, ihren Status zu verlieren oder aber die Hoffnung, ihn zu verbessern. Was mich interessiert, ist, wie diese Dynamik aus Hoffnung oder Angst im Zuge von politischer Kommunikation genutzt werden kann.“
Im Rahmen seines renommierten Stipendiums bei der NRW School of Governance, einer Einrichtung der Universität Duisburg-Essen, konnte er zu diesem Themenkomplex Wahlkampfmanager, Meinungsforscher und Senatoren interviewen und arbeitete verschiedene Kommunikationsstrategien heraus. Es gab viele spannende Begegnungen. Unter anderem traf er Dr. Anna Greenberg. Die Meinungsforscherin ist Expertin in diesem Gebiet und zudem Tochter von Stan Greenberg, der mit seiner Agentur mit der Kampagne „(It's) the economy, stupid!“ im Jahr 1992 Bill Clinton zum Sieg der Präsidentschaftswahl verhalf. „Das war eine große Ehre und sehr spannend“, erzählt er. Zudem war ihm ein kurzes Treffen mit der Frau des Vize-Präsidenten, Jill Biden, möglich. „Nach dem Gespräch gab ich ihr ein Schreibset im Lederetui der Uni Siegen“, erinnert er sich schmunzelnd. Insgesamt sei das Stipendium wie ein Sechser im Lotto gewesen: „Ich konnte ja nicht ahnen, dass ich zu Wahlkampfzeiten in den USA sein würde und dass ausgerechnet das Thema ‚middle class‘ zum Wahlkampfthema gemacht werden würde.“
Mit diesen Forschungen habe er nun reichlich empirisches Material für seine Habilitation, die er an der Universität Siegen fertigen wird. Denn: „Ich bin ein richtiges Uni-Siegen-Gewächs.“ Er habe zwar zwischenzeitlich an der FH Düsseldorf gearbeitet, aber alle universitären Abschlüsse samt Promotion habe er in Siegen absolviert. Und: Carsten Weiß gehört auch privat zu den Wissenschaftlern, die sich vollständig im Siegerland niedergelassen haben. Um mit seinem Schwiegervater den Hauberg machen zu können, absolvierte er sogar den Motorsägenführerschein – quasi den „Siegerländer Heimat-Pass“.

Josephine Thiel

 

Dieser Artikel ist im Querschnitt 4/2013 erschienen.

Den Querschnitt online lesen.

 

 
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