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„Ein Gesetz kann man auch ändern“

Die Siegener Doktorandin Katharina Miketta setzt sich für eine Ergänzung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes um eine inklusionspolitische Komponente ein.

Diversity – das bedeutet Vielfalt. Und als Teil dieser Vielfalt an der Universität Siegen sieht sich Katharina Miketta. Die 31-Jährige promoviert am Lehrstuhl Allgemeine Pädagogik von Prof. Dr. Dorle Klika zum Thema „Sinnbildungsprozesse chronisch kranker Jugendlicher in der Postadoleszenz“ und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Fakultät II bei Prof. Dr. Gabriele Weiß. Was so alltäglich klingt, ist in Wahrheit jedoch kompliziert. Katharina Miketta ist an Morbus Crohn erkrankt. Zwischen 2009 und 2011 musste sie sich sechs Operationen unterziehen. Insgesamt eineinhalb Jahre lang war es ihr krankheitsbedingt nicht möglich, zu arbeiten – weder in Forschung noch in der Lehre. Das kann im Hochschulbetrieb zu einem wirklichen Problem werden. Für eine Promotion darf die Beschäftigung als wissenschaftliche Mitarbeiterin einen Zeitraum von sechs Jahren nicht überschreiten. Die Zeit lief der Pädagogin davon. Katharina Miketta: „Ich hätte nie gedacht, dass eine Fristverlängerung wegen chronischer Krankheit im Wissenschaftszeitvertragsgesetz nicht vorgesehen ist. Bekommt man ein Kind, ist eine Verlängerung um zwei Jahre möglich. Bei chronischer Krankheit läuft die Zeit einfach ab.“

An der Universität Siegen wurde mit vereinten Kräften über eine Lösung für die Doktorandin, die ihre berufliche Zukunft in Forschung und Lehre sieht, nachgedacht. Sie kann nun in Beschäftigung ihre Doktorarbeit beenden. Die Erfahrung mit starren Gesetzesvorgaben animierte die 31-Jährige jedoch, auch mit Blick auf andere chronisch kranke Doktoranden aktiv zu werden. Die Grundlage dazu bot das Pharmaunternehmen „abbvie“. Es finanzierte die Erstellung einer Handreichung „Politische Empfehlungen zum Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von chronisch Kranken“. Diese ist nicht zuletzt ein Resultat eines Werkstatttreffens der Initiative „Nicht zu ersetzen?!“. Dieser Initiative gehören unter anderem Unternehmen, Krankenkassen und als Betroffene auch Katharina Miketta an. Katharina Miketta erarbeitete in Zusammenarbeit mit Personalrätin Sibylle Schwantag, die das Thema von der Gewerkschaftsseite (GEW) aus verfolgt, sowie der Gleichstellungskommission der Universität Siegen einen Vorschlag zur Ergänzung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes um eine inklusionspolitische Komponente. Diese sieht vor, Promovierenden mit einem Schwerbehinderungsgrad bis zu 50 Prozent im Bedarfsfall die Möglichkeit einer Beschäftigungsverlängerung um zwei Jahre zu gewähren. Bei einem Schwerbehinderungsgrad von über 50 Prozent soll die Vertragsverlängerung bis zu vier Jahre betragen können. Miketta: „Mit einer derartigen gesetzlichen Regelung wird den Hochschulen die Möglichkeit eröffnet, behinderten und chronisch kranken Arbeitnehmern, Promovierenden und wissenschaftliche Mitarbeitern einen Nachteilsausgleich zu gewähren, sofern dieser benötigt wird.“

Die politischen Empfehlungen sollen im Bundestag diskutiert werden. Katharina Miketta hofft, dabei sein zu können. Die Doktorandin: „Gesetze sind von Menschen gemacht und können demnach von diesen auch geändert werden. Es muss aber jemand auf die Notwendigkeit hinweisen.“ Zumal die jetzige Regelung im Widerspruch zur Behindertenrechtskonvention der EU steht. Durch die eigene Erfahrung sieht Katharina Miketta Krankheit auch als Bildungsgenerator, als Lebenserfahrung, die weiterbringen kann. Menschen, die bereits in jungen Jahren chronisch erkrankten, lernten nicht selten, ihren Tagesablauf durch die Notwendigkeit der Medikation sehr strukturiert zu gestalten. Die Pädagogin möchte an der Enttabuisierung besonders von Erkrankungen, die für Jugendliche eher untypisch sind, mitwirken. Der Titel ihres neuen Projekts an der Universität Siegen lautet daher „Chronisch kranke Jugendliche in Familie, Freizeit, Schule und Beruf – Ein Lehr-Forschungsprojekt zu einer bisher verkannten Diversity-Dimension“.

Katja Knoche

 
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