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Reste der alten Judengasse gefunden

Archäologen graben derzeit im Wittgensteiner Flügel des Unteren Schlosses. Fundstücke geben Zeugnis über das Leben in vergangenen Zeiten.

Es ist zugig im Wittgensteiner Flügel des Unteren Schlosses Mitte März. Das Dach ist zum Teil geöffnet, Fenster sind ausgebaut. Im Innenbereich wurde der Betonboden entfernt. Was darunter liegt, eröffnet Blicke in die Vergangenheit. Im Auftrag des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW sind Dr. Gerard Jentgens und sein Team aus Steinfurt mit Grabungs- und Forschungsarbeiten betraut. Unterstützt werden sie von der LWL-Archäologie für Westfalen, namentlich von Dr. Eva Cichy und Prof. Michael Baales. Was die Grabungen bisher ans Tageslicht brachten, lässt Archäologenherzen höher schlagen. Dr. Eva Cichy: „Es bewahrheitet sich, dass einiges im Boden zu finden ist.“ Die Arbeiten könnten dazu führen, dass ganze Abschnitte der Siegener Stadtgeschichte neu geschrieben werden müssen. Denn: Bereits bei Grabungen im Gefängnishof trat mithilfe modernster Bagger- und Lasertechnik Erstaunliches zutage. Überreste eines Steinkellers wurden gefunden. Keramikfunde sprechen dafür, dass dieser aus dem 15. Jahrhundert stammt und zur nahezu vergessenen Judengasse gehört. Jenkens: „Das ist der erste nennenswerte Nachweis für jüdisches Leben in Siegen im 15. Jahrhundert.“ Die Funde deuten darauf hin, dass es in diesem Bereich ein jüdisches Quartier innerhalb der Stadtmauern gegeben hat: „Angeblich gab es zu dieser Zeit keine nennenswerte jüdische Ansiedlung in Siegen.“
Etliche Gegenstände aus der Vergangenheit haben die Archäologen gefunden. Aus der Zeit nach 1931, als der Wittgensteiner Flügel als Gefängnis genutzt wurde, stammen ein stattliches Metallschloss sowie eine völlig abgenutzte Plastikzahnbürste. Vorher beherbergte der Schlossflügel Schulräume, eine Wohnung und Verwaltungen, im 19. Jahrhundert das Postamt und 100 Jahre zuvor fürstliche Verwaltungen, die abgeteilte Räume für ihre Büros benötigten. Geschrieben wurde mit Feder und Tinte. Ein betagtes Tintenfass zeugt von dieser Arbeit.
Zur Zeit der Erbauung des Wittgensteiner Flügels im Jahr 1717 war das Erdgeschoss als Remise geplant worden, um dort Wagen und Gerätschaften unterzustellen. Daher gab es einen großen nicht unterteilten Raum. Nur in den Fels eingelassene Pfosten bildeten Unterteilungen. Östlich der Remise existierte eine Küche. Deren Abfallgrube ist heute für die Forscherinnen und Forscher hoch interessant. Knochenreste, Keramikscherben von Pfannen, Töpfen und Krügen, Teile eines bunten Tafelgeschirrs, zerbrochene Gläser und Mineralwasserflaschen vermitteln Eindrücke vom Leben und Wirtschaften in der damaligen Zeit.
Das Obergeschoss des Wittgensteiner Flügels diente seinerzeit als Witwensitz von Sophie Polixena Concordia Gräfin von Wittgenstein. Sie gab dem Gebäudeteil den bis heute erhaltenen Namen. Vermutlich von der prächtigen Ausstattung ihrer Gemächer sind die barocken Gesimse übrig geblieben, die vormals als Kamineinfassung gedient haben mögen und im 20. Jahrhundert als Fundamente wiederverwendet wurden. Dass der Adel einen gehobenen Lebensstil pflegte, davon erzählen Austernschalen aus der Abfallgrube.
„Die Archäologen kommen den Menschen näher“, berichten Jentgens und Cichy. Ob Nachweise gefunden werden, dass im Wittgensteiner Flügel Bauteile aus der Zeit vor dem großen Stadtbrand 1695 vorhanden sind, bleibt abzuwarten.

Der Wittgensteiner Flügel gehört zum Campus Unteres Schloss, der ab dem Frühjahr 2016 komplett von der Fakultät III der Universität Siegen genutzt werden wird.

 

Katja Knoche

 
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