Leb wohl, Ventilator – Hallo Wellenenergie!
Nach 25 Jahren höchst erfolgreicher Forschung im Bereich „Ventilatoren“ widmet sich der Lehrstuhl für Strömungstechnik und Strömungsmaschinen der Universität Siegen verstärkt regenerativen Energien.
Mit Ventilatoren ist Dr. Thomas Carolus zwar nicht verheiratet, trotzdem spielen die Maschinen eine prägende Rolle im Leben des Professors der Universität Siegen. Seit 25 Jahren beschäftigen sich Prof. Carolus und der Lehrstuhl für Strömungstechnik und Strömungsmaschinen am Institut für Fluid- und Thermodynamik mit Ventilatoren. Mit kleinen, die als Lüfter in PCs arbeiten und mit großen, die in Kraftwerken und Tunneln im Einsatz sind. Nach 25 Jahren ist nun der Zeitpunkt gekommen, um sich ein wenig von Ventilatoren zu trennen – und neuen Maschinen zuzuwenden.
„Unser Forschungsgebiet verändert sich, wir werden uns in Zukunft mehr um das Thema ‚Regenerative Energien‘ kümmern. Dazu zählen Turbinen, mit denen man Energie aus Meereswellen und Gezeitenströmungen in den Ozeanen gewinnen kann, und Windturbinen“, sagt Prof. Carolus. In den vergangenen Jahren standen Ventilatoren im Mittelpunkt der Forschung. Diese Gattung von Turbomaschinen fördert Luft und Gase und ist für einen wesentlichen Anteil des Energieverbrauchs in industrialisierten Ländern verantwortlich. „Unsere Forschung in Siegen zielte deshalb darauf ab, den Wirkungsgrad der Ventilatoren zu verbessern, dazu den Lärm zu mindern“, sagt Prof. Carolus. "Mit Ventilatoren kann man im Labor studieren, wie durch Strömung Lärm überhaupt entsteht. Das hilft auch bei der Gestaltung noch leiserer Windräder."
Mit modernsten Methoden wie der computergestützten Strömungssimulation und der akustischen Kamera arbeiteten die Forscherinnen und Forscher an der Uni Siegen daran, die komplexe Strömung in den Maschinen besser zu verstehen. Gebläse von Lokomotiven, Traktoren, Textilfabriken und sogar Schneekanonen wurden leiser und effizienter. „Dass wir mit zu den intensivsten Nutzern des Großrechners an der Universität gehören, macht uns stolz. Es ging immer darum, das Niveau der Technik anzuheben, den Energiekonsum zu verringern und die Umwelt vor Lärm zu schützen“, fasst Prof. Carolus zusammen.
Allein acht große mehrjährige Projekte wurden vom Bundesministerium für Wirtschaft im Rahmen der industriellen Gemeinschaftsforschung und von der Europäischen Kommission gefördert. Insgesamt 17 Dissertationen begleitete Prof. Carolus. Zuletzt zeichnete die britische „Institution of Mechanical Engineers (IMechE)“ Prof. Carolus und Dipl.-Ing. Michael Sturm mit dem „Arthur Charles Main Award 2014) für eine Wissenschaftliche Veröffentlichung über ein neues Verständnis der Lärmentstehung bei Ventilatoren aus. Das Lehrbuch „Ventilatoren“ ist inzwischen in der 3. Auflage auf dem Markt.
Doch auserzählt ist die Geschichte von Prof. Carolus und den Ventilatoren noch nicht. „Ein Projekt ist gerade gestartet, in dem noch mehr als bisher die subjektive menschliche Wahrnehmung berücksichtigt wird“, sagt Prof. Carolus. "Ein neues Hörstudie im Department Maschinenbau erlaubt es, den aufgezeichneten Schall verschiedenster Ventilatoren in ganz unterschiedlichen Einbausituationen durch eine Vielzahl von Testpersonen vergleichen zu lassen. Von den Testergebnissen erwarten wir uns Hinweise, welche Konstruktionen den am wenigsten störenden, nicht notwendig den geringsten Schall produzieren." Ein Ansatz, der sich auch auf andere lärmerzeugende Maschinen übertragen lässt.
Die Zukunft des Lehrstuhls an der Universität Siegen liegt nun im Bereich der Energiewende. „Hier gibt es spannende Fragen. Wie können wir riesige Windräder umweltfreundlich, geräuscharm und effizient gestalten? Wie lässt sich die Energie aus Wellen und Gezeiten noch besser nutzen, wie die noch hohen Investitionskosten senken?“, sagt Prof. Carolus. Die Forschung geht also weiter – nur mit neuen Maschinen.