Experiment für mehr Qualität
Gemeinsam mit der Universität Bremen erhält die Uni Siegen die Zulassung zur Experimentierklausel.
In vielen Bereichen der Industrie und bei vielen Dienstleistungen ist die Sicherung der Qualität ein zentrales Thema. An Hochschulen geschieht dies durch eine Akkreditierung. Um das bestehende Akkreditierungswesen weiterzuentwickeln und neue Formen der externen Begutachtung zu etablieren, hat der Akkreditierungsrat die Hochschulen aufgefordert, neuartige Formen der Qualitätssicherung in Studium und Lehre zu entwickeln – im Rahmen der sogenannten „Experimentierklausel“. Der gemeinsame Antrag der Universitäten Siegen und Bremen zur „Experimentierklausel“ ist nun angenommen worden.
Zum Hintergrund: Die Qualitätssicherung an deutschen Hochschulen unterliegt den Vorgaben der Bundesländer. In Nordrhein-Westfalen sind die Hauptinstrumente der Qualitätssicherung die Programmakkreditierung (die Überprüfung einzelner Studienprogramme) und die Systemakkreditierung (Zertifizierung des internen Qualitätsmanagementsystems). Sie zielen auf die Bereiche Studium und Lehre ab und sind ein Siegel für gute Lehrqualität. Beide Formen sind keine beratenden, sondern prüfende Verfahren, die von externen Akkreditierungsagenturen durchgeführt werden. Die Experimentierklausel soll als neues Instrument neue Impulse für das Akkreditierungssystem setzen und die Qualität der Studiengänge durch innovative Ideen verbessern. Die beteiligten Hochschulen dürfen eigene Vorschläge erarbeiten und in der Praxis erproben.
„Mit unserem Antrag zur Experimentierklausel verfolgen wir eine Weiterentwicklung der Systemakkreditierung und eine Steigerung der Autonomie der Universitäten im Akkreditierungsprozess – und zwar im europäischen Rahmen“, sagt Prof. Dr. Thomas Mannel, Prorektor für strategische Hochschulentwicklung der Universität Siegen.
Das Experiment „European Quality Audit“ der Universitäten Siegen und Bremen und startet 2016 und läuft über drei Jahre. Ziel ist es, einen europäischen Verbund von Universitäten zu etablieren, deren Mitglieder sich im Sinne eines iterierenden Dialoges gegenseitig Rückkopplung geben. Der Verbund fungiert als Entwicklungs-, Beratungs- und Begutachtungseinrichtung. Er ist als intelligente und lernende Organisation zu verstehen. Im Idealfall könnte das „European Quality Audit“ als weiteres Instrument des Akkreditierungswesens durch den Akkreditierungsrat offiziell zugelassen werden.
Neben Siegen und Bremen schließen sich die Karl-Franzens Universität Graz, die Universität Groningen, die Universität Helsinki, die Universität Lettlands in Riga und die Universität Luzern zusammen, um das „European Quality Audit“ zu entwickeln und zu implementieren. Außerdem werden die European University Association (EUA) sowie die European Association for Quality Assurance in Higher Education (ENQA) – die Dachorganisation europäischer Akkreditierungsagenturen – als Projektpartner, die Evaluationsagentur Baden-Württemberg (evalag) als beratende Agentur, und die Schweizerische Agentur für Akkreditierung und Qualitätssicherung (AAQ) als überprüfende Agentur die Universitäten unterstützen.
Der Ansatz der Universitäten Siegen und Bremen ist neu, indem er zum einen in einem europäischen Hochschulverbund entwickelt wird, und zum anderen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt, also die zentralen Leistungsbereiche von Universitäten in den Blick nimmt. Dazu zählen Qualitätsentwicklung in Lehre, Studium, Forschung, Transfer, Service, Internationalisierung und Diversity. Durch die Zusammenarbeit in dem Konsortium können zudem andere, innovative Ansätze eines Qualitätsmanagements erprobt werden. Diese könnten dann zum einen in die Ausgestaltung des Qualitätsmanagementsystems an der Universität Siegen einfließen, zum anderen aber auch Maßstäbe für ein zukünftiges Qualitätssicherungssystem für Universitäten setzen, welche das bestehende Akkreditierungssystem nachhaltig verändern könnten.