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Promotion im Doppelpack

Jakob Olchowka nutzte das Cotutelles-Verfahren und arbeitete an seiner Promotion parallel in Frankreich und Deutschland.

Jakob Olchowka ist frischgebackener Doktor der Chemie und das gleich in zweifacher Hinsicht. Er hat nämlich in Frankreich und Deutschland geforscht. Das ist möglich im Rahmen des sogenannten Cotutelles-Verfahrens, der binationalen Betreuung eines Promotionsvorhabens. Es ermöglicht jungen Doktoranden nicht nur, ihre Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern, sondern sich interkulturelle Kompetenz zu erwerben und sich mit unterschiedlichen Wissenschaftssystematiken und Hochschulkulturen auseinanderzusetzen. Jakob Olchowka promovierte an den Universitäten in Siegen und Lille in den Arbeitskreisen von Prof. Dr. Claudia Wickleder (Department Chemie/Biologie) und Prof. Dr. Olivier Mentré.

Der Franzose mit polnischen Wurzeln hat 2006 in Lille sein Physik- und Chemiestudium begonnen. Den Master machte er dann in Chemie. „Die Möglichkeit meine Promotion in zwei Ländern zu machen, fand ich sehr spannend“, erzählt Olchowka. Er überlegte, nach St. Petersburg zu gehen, entschied sich aber nach einem Treffen bei einer Konferenz in Russland mit Prof. Dr. Claudia Wickleder, damals Prodekanin der Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät, für die Forschungsarbeit an der Universität Siegen.

In der Praxis bedeutete die binationale Promotion für den 27-Jährigen einen permanenten – und vorab vertraglich vereinbarten – Wechsel zwischen Frankreich und Deutschland. Sechs Monate forschte er an der Universität Lille, dann ging es an die Uni Siegen, um hier die nächsten sechs Monate zu arbeiten. Über drei Jahre pendelte er so hin und her.  Dazu gehörte auch jedes Mal die Suche nach einer neuen Unterkunft. „Dabei hat der International Service immer sehr geholfen“, lobt Olchowka. So wohnte er mal zur Untermiete, mal im Studentenwohnheim. Flexibel müsse man sein, wenn man an zwei Unis promoviert, betont der Chemiker.

Das findet auch Ulrich Eberhardt, beim International Service der Uni Siegen zuständig u.a. für binationale Promotionen. „Doppelte Promotionen“, so Eberhardt, „werden zunehmend ein wichtiger Faktor der Internationalisierung – und somit der internationalen Attraktivität - der Hochschule. Ein erster Erfolg zeichnet sich dahingehend ab, dass seit Januar 2015 fünf Cotutelles-Verfahren initiiert wurden und eins nunmehr abgeschlossen ist.“ Der Name „cotutelle“ lege vielleicht nahe, dass Frankreich dabei favorisiert werde, so Eberhardt. „Aber binationale Promotionen können nach den Vorgaben weltweit durchgeführt werden.“ Wichtig sei dabei der Zeitplan, der in einem von beiden Hochschulleitungen zu unterzeichnendem Vertrag vereinbart werde. Dieser Vertrag ist Grundlage auch für Antragstellungen zur Finanzierung (z.B. im DAAD). Viele Stipendiengeber fördern nicht mehr einen Zeitraum von drei bis vier Jahren, sondern erwarten binationale Promotionen, bei denen jeweils nur die Aufenthalte an der Partnerhochschule gefördert werden. Bei Fragen zu Förderanträgen leistet Ulrich Eberhardt gern Hilfestellung. Er weiß, dass nur, wenn die Finanzierung geklärt ist und Mittel bereit stehen, die doppelte Promotion für Doktoranden und betreuende Professoren attraktiv ist. Im Fall von Jacob Olchowka hat Prof. Dr. Claudia Wickleder die Stelle aus Drittmitteln finanziert, während in Frankreich die Uni Lille die Finanzierung stemmte.

„Binationale Promotionen rücken zunehmend in den Fokus im Blick auf strategische Partnerschaften der Hochschule“, erklärt Eberhardt. „Das reicht von Tulsa in den USA bis hin zu Partnern in China.“ Dabei biete es sich einerseits an, gute Masterstudierende ausgewählter Partner im Anschluss für eine Promotion in Siegen zu gewinnen. Andererseits bestehe die Möglichkeit – wie jetzt durch Prof. Dr. Hubert Roth vorbereitet – mit der NSTU (Novosibirsk) eine offizielle Grundsatzerklärung abzuschließen, ausschließlich im Blick auf binationale Promotionen.

Jakob Olchowka fand die Erfahrung, abwechselnd in zwei Ländern zu leben und zu forschen sehr spannend. Da sei zum einen der wichtige wissenschaftlichen Austausch, die vielen Anregungen und Ideen, die er dadurch gewonnen habe und auch, dass er sich durch die unterschiedliche Ausrichtung beider Arbeitskreise eine Expertise auf ganz unterschiedlichen Gebieten erarbeiten konnte. Zum anderen habe er so viele nette Leute kennengelernt. Dass er ohne ein Wort Deutsch zu können, in Siegen ankam, hat ihn nicht verunsichert. Im Alltag sei er schnell zurechtgekommen. Und an der Uni sei ohnehin Englisch die gemeinsame Sprache gewesen. Olchowka lobt die gute Betreuung an der Uni Siegen und die Zusammenarbeit mit den Kollegen in kleinen Gruppen.

Der Chemiker forschte an neuen Materialien für den Bau von LED Lampen. Seine Dissertation hat den Titel „Structural versus optical properties in selected Bismuth based oxo-salts and compounds“. Das Rigorosum legte er vor einer Kommission mit Mitgliedern beider Universitäten ab, dafür reisten Prof. Wickleder und Prof. Carsten Engelhardt nach Lille. „Normalerweise macht man seine Doktorarbeit und bricht dann auf, um im Ausland Erfahrungen zu sammeln, das konnte ich schon während der Promotion machen“, sagt Olchowka rückblickend. Er könnte sich vorstellen, im Wissenschaftsbetrieb zu bleiben. Ob in Deutschland, in Frankreich oder ganz woanders auf der Welt? Jakob Olchowka ist für alles offen.

 
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