Schweigen und Langsamkeit zulassen
Zwei Tage lang haben Expert*innen an der Uni Siegen über Inklusion in Kunst und Kultur gesprochen. Im Mittelpunkt der Tagung "Kultur.Inklusion.Forschung" standen zahlreiche Praxisbeispiele wie Museumsführungen für Demenzkranke.
Ein Museumsprogramm speziell für Menschen mit Demenz. Das gibt es am „Museum of Modern Art“ in New York – und seit März auch am Museum für Gegenwartskunst (MGK) in Siegen. Mitarbeiterin Kirsten Schwarz bietet die speziellen Führungen an. Bei der Tagung „Kultur.Inklusion.Forschung“ an der Universität Siegen hat sie jetzt von ihren Erfahrungen berichtet. Wissenschaftler*innen und Fachleute aus ganz Deutschland und der Schweiz waren ins Artur-Woll-Haus gekommen, um sich über Möglichkeiten der Inklusion in Kunst und Kultur auszutauschen. Ihre zentrale Frage: Wie können wir Menschen mit Behinderung Kunst und Kultur zugänglich machen?
Für Kirsten Schwarz vom MGK geht das schon mit der Begrüßung der Demenzkranken im Museum los: „Bevor die Führung startet, trinken wir zusammen Kaffee und verteilen Namensschilder. Das hilft den Teilnehmer*innen, sich besser in die neue Umgebung einzufinden.“ Beim Gang durch die Sammlung achtet Kirsten Schwarz darauf, möglichst wenige Fakten zu nennen. Stattdessen überlegt sie sich vorher Fragen und Aufgaben für die Gruppe. Und sie lässt bewusst Freiräume: „Ich muss darauf achten, auch Schweigen und Langsamkeit zuzulassen. Oder spontane Gespräche: Oft stellen die Demenzkranken ganz überraschende Bezüge her.“
Neben der Museumsarbeit ging es bei der Tagung auch um Inklusion in anderen künstlerischen Bereichen wie „Theater“, „Tanz“ oder „Musik“: Als zweite „lokale“ Institution war die Fritz-Busch-Musikschule der Stadt Siegen eingebunden – dort wünscht man sich Anregungen zu neuen Unterrichtsformen, um Kinder mit Behinderung in den Musikunterricht einzubinden. Mehr als ein Dutzend Vorträge standen insgesamt auf dem Programm. „Wir wollten den Teilnehmer*innen einen Blick über den eigenen Tellerrand ermöglichen und schauen: Wie wird Inklusion denn anderswo umgesetzt?“, erklärt die Siegener Juniorprofessorin und Organisatorin der Tagung, Dr. Juliane Gerland. Außerdem seien Forschungsansätze diskutiert worden: „Es geht darum, Methoden zu identifizieren, mit denen wir Inklusion in der Kultur untersuchen können: Wie werden wir dem Thema „Kunst/Kultur“ auf der einen – und „Inklusion“ auf der anderen Seite gleichermaßen gerecht?“
Die Tagung „Kultur.Inklusion.Forschung“ wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. „Inklusion“ ist einer der Forschungsschwerpunkte an der Universität Siegen. Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen arbeiten zusammen, um das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten.
Alessa Risse