Verantwortung der Ingenieurwissenschaften: Forschungstag an der Uni Siegen
Wie können angehenden IngenieurInnen die Themen „Verantwortung“ und „Nachhaltigkeit“ vermittelt werden? Darum ging es jetzt beim nationalen Forschungstag „Verantwortbarkeit und Nachhaltigkeit in der ingenieurwissenschaftlichen Lehre“ an der Universität Siegen.
Ingenieure entwickeln nicht nur technische Lösungen – sie gestalten mit ihren Technologien gleichzeitig auch unsere Gesellschaft. Damit gehe eine große soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung einher, sagt Prof. Dr. Ralph Dreher vom Lehrgebiet „Technikdidaktik an Berufskollegs“ der Universität Siegen. Wie die Themen „Verantwortung“ und „Nachhaltigkeit“ in der technischen und naturwissenschaftlichen Ausbildung verankert werden können, war jetzt Thema des von Dreher ausgerichteten, nationalen Forschungstags „Verantwortbarkeit und Nachhaltigkeit in der ingenieurwissenschaftlichen Lehre“ im Artur-Woll-Haus der Uni Siegen.
„In vielen Ländern, darunter Deutschland, erleben angehende Ingenieurinnen und Ingenieure in ihrer Berufsausbildung nicht das eigene Professionshandeln unter den Aspekten von Verantwortung und Nachhaltigkeit“, erklärt Prof. Dreher. „Diese sind weder als Bildungsziel curricular verankert noch wird daran in der Praxis mit den Studierenden reflexiv gearbeitet.“ Um dies zu ändern, schlägt Dreher eine Selbstverpflichtung der in den Ingenieurwissenschaften Lehrenden vor – in Form eines „Leonardischen Eides“. In Anlehnung an den hippokratischen Eid der Medizin soll darin die Vermittlung der Gestaltungsverantwortung anhand der Prinzipien der ethischen Legitimierbarkeit, der Nachhaltigkeit und der gesellschaftlichen Kontrollierbarkeit in der Ingenieurausbildung festgelegt werden.
Der Dekan der Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät der Universität Siegen, Prof. Ullrich Pietsch, unterstrich in seinem Grußwort hierzu: „Spätestens die Folgen der Entdeckung der Kernspaltung sollte jedem Wissenschaftler vor Augen führen, dass er sich schon bei der Publizierung seiner Entdeckung der gesellschaftlichen Folgen bewusst sein sollte.“ Ähnlich sahen es die meisten Teilnehmer dieses Forschungstages, die Hinwendung gerade der Hochschuldidaktik zu diesem Thema wurde einhellig begrüßt, auch wenn dieses bedeuten würde, die Zielvorstellung von Berufsfähigkeit gerade in den Bachelor-Studiengängen neu zu überdenken um diese dann neu zu konzipieren.
Dabei unterstrich Dr. Lutz Möller von der Deutschen UNESCO-Kommission: „Die globalen Nachhaltigkeits-Herausforderungen wie Nahrungsmittel- und Wasserversorgung, der Umgang mit knappen Ressourcen und die Sicherstellung von Bildung für alle sind nicht ausschließlich politisch zu erreichen. Sie bedürfen gerade auch der Entwicklung und dem Einsatz von reflektierten technischen Lösungen – und entsprechend ausgebildeter Ingenieurinnen und Ingenieure. Dies hat die UNESCO in ihrer ‚Engineering Initiative‘ von 2012 explizit betont. Auch das UNESCO-Weltaktionsprogramm ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung‘ begrüßt nachdrücklich Initiativen wie die der Universität Siegen, die jenseits von prägnanten Selbstverpflichtungen bereits konkrete ingenieurdidaktische Angebote entwickelt hat.“
Dem schlossen sich auch die Vertreterinnen und Vertreter des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), der Hochschulrektorenkonferenz und von anderen Hochschulen ebenso wie die heimische Industrie an: „Einem solchen Denken wohnt ein ungeheures Innovationspotenzial inne, aber dazu muss es sich die Geschäfts- und Konstruktionsleitung zu eigen machen,“ so Jörg Dienenthal von der Fa. Dango & Dienenthal.In den Arbeitsgruppe wurde daher von Beginn an nicht ein „Wollen wir das?“, sondern ein „Wie schaffen wir das?“ diskutiert, wobei es zu einer noch auszuwertenden Fülle von Ideen und Hinweisen kam.