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Von schmutzigen Lumpen und prachtvollen Büchern

Die erste Ausstellung in der neuen Teilbibliothek am Campus Unteres Schloss beschäftigt sich mit der Geschichte der Buchherstellung.

Etwas ganz Neues über etwas ganz Altes: Die erste Ausstellung in der Teilbibliothek am Campus Unteres Schloss hätte kein passenderes Thema finden können als die Geschichte der Buchherstellung. Wie sie wurden, was sie sind: von der Papyrusrolle, über Pergamentblätter bis hin zum Papierbuch. Dr. Jochen Johannsen, der Leiter der Universitätsbibliothek, freute sich über die Premiere in der neuen Teilbibliothek, denn die Ausstellungseröffnung war sehr gut besucht. „Das liegt sicherlich am interessanten Thema, aber auch am attraktiven Standort“, vermutete Johannsen. Weitere Ausstellungen im Schloss werden folgen, versprach er.

Gezeigt wird der Prozess der mittelalterlichen Buchherstellung. Echte Handschriften besitzt die Siegener Uni-Bibliothek nicht, dafür aber wichtige Faksimile, also originalgetreue Reproduktionen, mit denen die Studierenden sehr gut arbeiten können, wie Mittelalter-Philologe Dr. Nathanael Busch erklärte. Im Rahmen seines Projektseminars an der Uni Siegen ist die Ausstellung entstanden. Der Dozent lobte das außerordentliche Engagement, mit dem sich die Studierenden die Umsetzung des Themas angegangen sind. „Das, was nun so leicht daherkommt, ist das Ergebnis von viel Arbeit der Studentinnen und Studenten.“ Unterstützt wurden sie von Seiten der Universitätsbibliothek von Dr. Jessica Stegemann.

An den Faksimiles lässt sich die technische und künstlerische Raffinesse, mit der Bücher im Mittelalter hergestellt wurden, gut nachvollziehen. Auch Schreibwerkzeuge, Farbherstellung, Buchmalerei und Schriftgeschichte werden erläutert. Der Titel der Ausstellung „Von schmutzigen Lumpen zu prachtvollen Büchern“ erinnert an das erste geschöpfte Papier, das aus einem Faserbrei aus alten Fetzen bestand. Lumpensammler lieferten das Rohmaterial für Bücher, die so kostbar waren, dass sie selbst nie in Händen halten konnten.

Zur Eröffnung beantwortete der Marburger Mediävist Prof. Dr. Jürgen Wolf die Frage „Gab's auch vor Gutenberg schon Bücher? Von Fragmenten, Müll und Aktendeckeln“. Zu Beginn seines Vortrags zückte er ein kleines Stück Pergament aus der Tasche. „600 Jahre alt“, sagte er und wedelt mit dem antiken Ausschnitt durch die Luft. „Heute können wir Bücher auch auf dem Smartphone lesen. Aber ob das in 600 Jahren noch da ist?“
Sehr spannend gestaltete Wolf seine Zeitreise. Er erläuterte, warum das Papyrus, das keine Feuchtigkeit verträgt, zuerst von Holztäfelchen, die zu einem Kodex gestapelt schon ein Buch ergaben, und später dann von Pergament, also bearbeiteter Tierhaut, als Beschreibstoff abgelöst wurde. „Bei einem großformatigen Buch brauchte man für ein Doppelblatt die Haut von einem Schaf; für ein ganzes Buch also fast eine Herde.“

Für die Mönche in den Klöstern war das Schreiben in erster Linie Gottesdienst. Erst ab dem 12. Jahrhundert wurden Bücher als Bewahrer von Geschichten und Ereignissen außerhalb des religiösen Zusammenhangs wahrgenommen und gestaltet. Kostbar und wertvoll blieben sie. Allerdings nicht für alle. „Im Zuge der Reformation gingen zahllose Handschriften verloren, weil man sie wegwarf, zerschnitt oder als Einband für andere Bücher verwendete“, berichtete Wolf. Rittergeschichten hatten einen Status wie später Comics oder Groschenromane. Und so konnte es passieren, dass eine einzigartige Handschrift über den edlen Lancelot als Umschlagseite für eine Packung Rechnungen endete. 

Die Ausstellung ist noch bis zum 10. April 2017 geöffnet.

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Das Bild zeigt (von links): Dr. Nathanael Busch, Dr. Jessica Stegemann, Prof. Dr. Michael Bongardt, Prof. Dr. Jürgen Wolf und Dr. Jochen Johannsen.

 
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