Gedichtinterpretation mal anders
PoetInnen aus ganz Deutschland begeisterten das Publikum beim ausverkauften 5. Hörsaal Slam an der Uni Siegen. Gewonnen hat Maximilian Humpert aus Köln.
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Eine Uni - Ein Buch“ fand der 5. Siegener Hörsaal Slam der Katholischen Hochschulgemeinde Siegen, der Evangelischen Studierendengemeinde Siegen und des Siegener Poetry Slams statt. Das Motto: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. In der ersten Runde des Abends wurde bei den PoetInnen besonders das Thema Liebe großgeschrieben: Von einem Jungen, der sein ganzes Leben lang versucht, herauszufinden, was Liebe ist, über das gemeinsame Dickwerden in einer Beziehung bis zu Streits und den Phasen einer Trennung. Sieben Slamerinnen und Slammer begeisterten so die 600 ZuschauerInnen im ausverkauften Audimax der Universität Siegen. Das Publikum war gleichzeitig die Jury des Abends. Ins Finale schafften es, mit nur jeweils einem Punkt Unterschied, Lennart Hamann aus Hamburg, Finn Holitzka aus Frankfurt und Maximilian Humpert aus Köln.
Nach seiner humorvollen Darbietung einer Geschichte über die Liebe zu seiner Freundin und zu gutem Essen erzählte Hamann in der zweiten Runde von seinem Lieblingshaus Hufflepuff in Hogwarts, das von vielen unterschätzt und abgestempelt wird: „Wir sind ein kleiner toleranter Verein und egal wer du bist, wir lassen dich rein.“ Er gibt zu: „Wir haben zwar nicht so viel Coolness, Style und Swag, aber wir tragen das Herz am rechten Fleck“.
Finn Holitzka, dessen erster Beitrag von Klischees handelte, schlägt in seinem finalen Text, in dem es um erste Schritte geht, nachdenkliche Töne an: „Wenn der erste Schritt nicht der schwerste ist, sondern lediglich der, der dich abhält zu werden, was du gern sein willst, warum zeigt dein Schrittzähler dann nur die 1 nicht?“ Es geht um Robert, der nicht aufstehen und zum Psychologen gehen möchte, Maja, die sich nicht traut den süßen Typen anzusprechen und Noah, der Angst vor der Zukunft hat. Und dann erzählt er von seinen eigenen Erfahrungen: „Ich war 19, als ich zum ersten Mal auf einer Bühne stand wie dieser. Und auch damit fängt man nicht einfach mir nichts dir nichts an, das steht an und für sich vorne dran, dass man sich überwinden kann, den ersten Schritt zu gehen“.
Maximilian Humpert, der zuvor über die Phasen einer Trennung geslammt hat, widmet seinen letzten Beitrag seiner ehemaligen Deutsch LK Lehrerin und den Black Eyed Peas oder auch „der Popgruppe ‚Schwarzäugige Erbsen‘“. Und die Gründe für seinen Vortrag sind ganz simpel: „Das Lied ‚I Gotta Feeling‘ war zu meinem Abiball ein ganz schöner Gassenhauer und außerdem habe ich es wahnsinnig gehasst, Gedichtinterpretationen zu schreiben“. Mit der deutschen Übersetzung des Songs und seiner anschließenden Analyse und Interpretation sorgte Humpert für die Lacher des Abends und holte sich damit den Sieg. „In den Versen 25 und 26 heißt es übersetzt: ‚Lasst uns das Dach niederbrennen. Und dann werden wir das nochmal machen‘. Hier gleitet der Text in das Fantastische über: Etwas verbrennen, das bereits verbrannt wurde – für den Pyroexperten will.i.am kein Problem. Geschickt verziert er hier seinen Liedtext mit einer Art weiterentwickeltem Oxymoron. Ein Oxymoron meine Damen und Herren, das muss ich Ihnen nicht erklären, sind Begriffe, die sich logisch einander widersprechen – so wie ein Günter Wallraff Kostüm“.
Alessa Risse