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Baklava und Kroketten

Beim Kochwettbewerb „Dinner Time“ der Uni Siegen haben sich Studierende und Geflüchtete gegenseitig bekocht und spätestens beim Nachtisch festgestellt, dass die kulturellen Unterschiede oft gar nicht so groß sind.

Mit vollem Mund soll man nicht reden. Diesen Ratschlag hat wohl fast jeder schon mal bekommen und üblicherweise ist es vorteilhafter, ihn zu beherzigen. Wenn man aber nur drei Gänge und einen Digestif Zeit hat, sich kennenzulernen, wird das zur Herausforderung, so wie beim Kochevent „Dinner Time“. Ähnlich wie im TV-Vorbild „Das perfekte Dinner“ treten hier vier Kandidaten gegeneinander an und versuchen, die jeweils anderen von ihren Kochkünsten zu überzeugen. Ganz so groß ist der Konkurrenz-Gedanke allerdings nicht. Statt eines Preisgeldes bekommt am Ende jeder Teilnehmer ein Kochbuch mit den Rezepten der gemeinsamen Abende, für die Gewinner gibt es außerdem Küchenutensilien. Es geht bei „Dinner Time“ mehr darum, sich kennenzulernen, auszutauschen und vor allem Spaß miteinander zu haben – gerade auch mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen. Darum hat die Abteilung STARTING der Universität Siegen die neue Veranstaltungsreihe gestartet.

In einer Siegener Dachgeschosswohnung sitzen nun Fadi, Denise, Shideh und Christian zusammen, obwohl sie sich vor „Dinner Time“ noch nie getroffen haben. Der Hauptgang ist schon beendet, eine Flasche Weißwein geöffnet und Fadi erzählt, wie er die deutsche Sprache wahrnimmt. Er ist vor etwa einem Jahr als Flüchtling aus Syrien gekommen und steckt mitten in seiner Ausbildung zum Krankenpfleger, anschließend will er Medizininformatik studieren. „Beim Wort ‚bringen‘ weißt du zum Beispiel nie, was der andere will, bis der Teil am Ende kommt“, erklärt Fadi. „Ich bringe dich… weg? Um?“ Die Muttersprachler in der Runde lachen. Lehramtsstudent Christian ist gleichzeitig beeindruckt davon, wie gut Fadi Deutsch spricht: „Ich habe auch schon mit Kindern gearbeitet, die Deutsch als Zweitsprache gelernt haben, und die konnten deutlich weniger“. Auch Shideh kann fließend mitreden, ist aber zurückhaltender. Sie ist vor zwei Jahren aus dem Iran nach Deutschland gekommen, um ihren Master als Wirtschaftsingenieurin zu machen. „Meine Schwester studiert schon etwas länger in Köln, sonst hätte ich mich nicht getraut, hierhin zu ziehen“, gesteht sie.

Als der Nachtisch serviert wird, ist deutlich, dass die kulturellen Unterschiede zum Teil gar nicht so groß sind. Kaum ist der Schoko-Nusskuchen mit Vanillepudding und Himbeeren kunstvoll drapiert, werden die Handys gezückt um das Essen abzulichten. Der Kuchen sieht aber nicht nur gut aus, sondern schmeckt den Gästen auch sichtlich, was wiederum Gastgeber Christian freut. Der sollte sich allerdings noch nicht allzu siegessicher sein, denn Fadi kündigt schon vollmundig an, was er als Letzter in der Runde zu kochen gedenkt: Neben gegrillten Zucchini hat er noch ein paar Spezialitäten aus seiner Heimat, z.B. Baklava, geplant, auch wenn er stolz auf seine selbstgemachten, echt deutschen Kartoffelkroketten ist.

Bei so viel Engagement wundert es nicht, dass sich ein Sieg der Geflüchteten abzeichnet. „Die haben sich besonders reingehängt und wollten natürlich auch ihre eigenen Kulturen und Speisen präsentieren“, sagt Christian Gerhus, der für das Projekt „Geflüchtete helfen Geflüchteten“ verantwortlich ist. Er wollte Menschen mit unterschiedlichen Kulturen zusammenbringen, seine Mitarbeiterin Shideh Azizi hatte dann die Idee, gemeinsame Kochabende zu organisieren. „So haben Geflüchtete die Möglichkeit, neue Leute zu treffen und auch ihre Deutschkenntnisse zu verbessern“, erklärt sie. Die Veranstaltungsreihe ist in diesem Sommersemester zunächst mit zwei Gruppen gestartet, könnte im Wintersemester aber noch ausgebaut werden.

„Dinner Time ist einfach eine tolle Möglichkeit, Menschen kennenzulernen oder etwas über andere Kulturen zu erfahren“, sagt Denise, die den Master-Studiengang Entrepreneurship and SME Management studiert. „Es ist auch eine lockere Art ins Gespräch zu kommen“, stimmt Fadi ihr zu. Alle vier sind davon überzeugt, dass sie auch nach dem Wettbewerb noch mal zusammenkommen und kochen werden. Selbst wenn alle Punkte verteilt und der Sieger ermittelt ist, wird keiner von ihnen das Gefühl haben, verloren zu haben.

Von Mattis May

Dinner Time_web

 
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