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Populismus in der Wirtschaftspolitik

Am Forschungskolleg „Zukunft menschlich gestalten“ der Universität Siegen haben Experten aus Politik und Wissenschaft über „Populismus in der Wirtschaftspolitik“ diskutiert. Die Podiumsdiskussion fand im Rahmen der „Wirtschaftspolitischen Gespräche“ statt.

Populismus ist seit einigen Jahren in aller Munde. International, aber gerade auch in Europa schaffen es immer mehr Politiker an die Macht, die scheinbar einfache Antworten zur Lösung komplexer ökonomischer Probleme anbieten. Wie ist dieser Populismus zu verstehen und wo kommt er her? Welche Folgen hat er und was kann dagegen getan werden? Diese Fragen haben Experten aus Politik und Wissenschaft jetzt im Rahmen der „Wirtschaftspolitischen Gespräche“ am Forschungskolleg „Zukunft menschlich gestalten“ der Universität Siegen diskutiert. „Populismus in der Wirtschaftspolitik: Krisenphänomen oder neue Normalität?“ lautete das Thema, eingeladen hatten das FoKoS und das Zentrum für ökonomische Bildung (ZöBiS).

Auf dem Podium saßen der Volkswirt Prof. Dr. Carsten Hefeker von der Uni Siegen, sowie sein Kollege, Philosophie-Professor Dr. Michael Bongardt. Außerdem der Meinungsforscher Dr. Thomas Petersen vom Institut für Demoskopie Allensbach und der Politologe Manuel Gath von der Denkfabrik „Progessives Zentrum Berlin“, der gleichzeitig Bundesvorsitzender der Jungen Europäischen Föderalisten ist. Moderiert wurde die Diskussion von FAZ-Redakteur Johannes Pennekamp.

WiPol_web3„Zwar reden alle darüber – aber eigentlich weiß keiner so genau, was unter Populismus eigentlich zu verstehen ist“, stellte Pennekamp eingangs fest, um den Diskussionsteilnehmern gleich die erste Frage zu stellen: Wie lässt sich Populismus definieren? Gar nicht so einfach, verdeutlichte Prof. Bongardt. So könne mit Populismus eine Politik bezeichnet werden, „die dem Volk auf`s Maul schaut – aber danach wäre eigentlich beinahe jeder Politiker ein Populist.“ Auch eine Definition, nach der Populismus sich die Ängste der Menschen zunutze macht, greife zu kurz, so Bongardt, denn „was sollte Politik anderes tun, als auf Ängste in der Bevölkerung zu reagieren? Die Aussage, dass eine solche Politik immer populistisch ist, stimmt daher nicht.“

Einigkeit herrschte auf dem Podium jedoch darin, dass existierende Sorgen und Nöte in der Bevölkerung ein Erfolgsgrund für Populismus sind. Zwar gehe es Deutschland vergleichsweise gut, viele Menschen hätten daran aber keinen Anteil, argumentierte der Politologe Manuel Gath: „Das öffnet den Spalt für Verteilungskämpfe, die Populisten sich zunutze machen.“ Parteien wie die AFD seien aber nicht nur ein Sammelbecken für ökonomische Verlierer, erklärte Meinungsforscher Thomas Petersen: „In Deutschland gibt es einen sehr starken Wunsch nach Ordnung, das zeigen unsere Umfragen seit vielen Jahren.“ Wandlungsprozesse  – sei es die Digitalisierung oder die Einwanderungswelle vor zwei Jahren – verursachten einen gefühlten Kontrollverlust und bereiteten vielen Menschen große Sorgen. „Da kann man als Populist wunderbar drauf spielen.“

Ein weiterer Erfolgsgrund für Populismus aus Sicht der Experten: Die etablierten Parteien. Sie hätten angesichts der immer WiPol_web2komplexer werdenden Herausforderungen häufig nicht viel anzubieten, kritisierte Bongardt: „Wie oft haben wir von der Kanzlerin in den letzten Jahren das Wort ,alternativlos‘ gehört?“ Eine offene, demokratische Debatte, die auch die politischen Gegensätze herausstellt, forderte der Politologe Manuel Gath: „Das müssen wir wieder machen, um Alternativen jenseits der Populisten aufzuzeigen.“ In Deutschland müsse mehr über Wirtschaftspolitik geredet werden, erklärte der Volkswirt Prof. Hefeker. „Wir brauchen eine ernsthafte Auseinandersetzung, die auch auf die langfristigen Konsequenzen politischer Entscheidungen eingeht. So lässt sich dem Populismus argumentativ schnell beikommen.“

Einfache Lösungen für komplexe, gesellschaftliche Probleme anbieten – dass Populisten damit erfolgreich sind, liege nicht zuletzt auch an den Medien, mahnte Petersen: „Die haben mindestens genauso viel versäumt, wie die Politik.“ Bei der Politikvermittlung sei in den vergangenen Jahren einiges schiefgegangen. Insbesondere das Fernsehen habe die Wahrnehmung von Politik verändert. „Die häufig stark verkürzte Darstellung suggeriert, Politik sei einfach. Vier von zehn Deutschen glauben heute, sie könnten es besser machen, als die gewählten Politiker.“

Ist Populismus denn nun die „neue Normalität“, an die wir uns gewöhnen müssen – oder doch eher Krisenphänomen? Beides, erklärte Prof. Hefeker in der Abschlussrunde: „In manchen Ländern ist Populismus strukturell angelegt, in Europa scheint er eher ein Krisenphänomen zu sein. Der Populismus wird bei uns wieder zurückgehen, aber wohl nicht vollständig verschwinden.“ Ängste, Krisen und Populismus habe es immer schon gegeben, sagte Thomas Petersen. „Damit müssen wir umgehen.“ Manuel Gath unterschied zwischen ökonomischem und politischem Populismus: „Ersterer beruht auf Krisenphänomenen, dafür kann man Lösungen finden.“ Prof. Bongardt warnte vor einer Ausbreitung populistischer Strömungen: „Dann ist massive Gewalt unvermeidbar. Ich hoffe, dass nicht die Gewalt das letzte Wort hat.“  

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Diskutierten im FoKoS über Populismus: Prof. Dr. Carsten Hefeker, Prof. Dr. Michael Bongardt, Moderator Johannes Pennekamp, Dr. Thomas Petersen und Manuel Gath (v.l.n.r.).

 
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