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Wohnungen und ÖPNV wichtig

WissenschaftlerInnen der Uni Siegen haben am Beispiel der südwestfälischen Kommunen Freudenberg und Kirchhundem die Situation von Geflüchteten im ländlichen Raum untersucht. Die Ergebnisse wurden jetzt im Rahmen einer Abschlusstagung diskutiert.

Wie ist die Situation von Geflüchteten auf dem Land? Und was kann getan werden, um sie in ländlichen Kommunen besser zu integrieren? Mit diesen Fragen haben sich WissenschaftlerInnen der Uni Siegen im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes beschäftigt. Regionale Partner waren dabei die Stadt Freudenberg und die Gemeinde Kirchhundem. Die Ergebnisse des Projektes wurden jetzt im Rahmen einer Abschlusstagung im Artur Woll-Haus der Uni Siegen vorgestellt, an der neben ForscherInnen auch rund 80 VertreterInnen von Kommunen, Geflüchtete, ehrenamtliche HelferInnen und Interessierte teilnahmen. Als wichtige Voraussetzungen für Integration wurden die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, die Verfügbarkeit von geeignetem Wohnraum, sowie Möglichkeiten zu sozialer Teilhabe identifiziert.

„Zwar sind viele Geflüchtete inzwischen Nachbarn geworden – im ländlichen Raum müssen sie aber täglich mit Rahmenbedingungen umgehen, die eine Integration erschweren“, erklärte Prof. Dr. Hildegard Schröteler-von Brandt zu Beginn der Veranstaltung. Gemeinsam mit Jun-Prof. Dr. Sabine Meier und Jun.-Prof. Dr. Vicki Täubig hat sie das Forschungsprojekt geleitet. Verantwortlich für die Datenerhebung und Aufbereitung der Ergebnisse war die wissenschaftliche Mitarbeiterin Silvia Mann. Die gemeinsame Integrationsarbeit durch Kommunen, ehrenamtliche HelferInnen und die Geflüchteten selbst habe sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren einerseits stark weiterentwickelt, sagen die Forscherinnen. Sie befinde sich aber immer noch im Aufbau, das habe die wissenschaftliche Analyse in den Partner-Kommunen bestätigt.

Integration_web1Auch das Angebot an Wohnraum haben die WissenschaftlerInnen gemeinsam mit den Kommunen unter die Lupe genommen. Die gängige Annahme, im ländlichen Raum sei genügend Wohnraum vorhanden, beurteilen sie als zu pauschal: Entscheidend seien Größe, Preis, Lage, Qualität und Eigentumsverhältnisse der vorhandenen Häuser und Wohnungen. So fehlt in beiden Gemeinden der Analyse zufolge geeigneter Wohnraum für Alleinerziehende oder größere Familien. Ein weiteres Problem: Nur wenige Wohnungen werden zur Vermietung angeboten. Der Großteil befindet sich aufgrund der lokalen Eigentumsverhältnisse in privater Hand. Für Geflüchtete führt das zu langen Wartezeiten bei der Wohnungssuche, weshalb sie häufig auch länger in Gemeinschaftsunterkünften bleiben müssen.

Ländliche Räume bilden nicht nur den Kontext, in dem Alltag stattfindet. Sie sind auch Sozialräume, die durch die Geflüchteten selbst, ehrenamtliche HelferInnen und alle anderen BewohnerInnen aktiv gestaltet werden können. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden die unterschiedliche Lage und Besiedelung der Stadt Freudenberg und der Gemeinde Kirchhundem in detaillierten Karten dargestellt. Sie zeigen auf, welche Auswirkungen sich aus den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten für den Alltag der Geflüchteten ergeben – sowohl was die Anbindung an Bus und Bahn angeht, als auch im Hinblick auf Einkaufsmöglichkeiten oder vorhandene Bildungsangebote.

Die oft gehörte Annahme, dass Geflüchtete nicht in ländlichen Räumen leben möchten, können die WissenschaftlerInnen nicht bestätigen. Die Studie zeige eher, dass viele sich wünschen, auch längerfristig in ländlichen Kommunen zu leben – insbesondere dann, wenn sie soziale Beziehungen zur eingesessenen Bevölkerung aufgebaut haben, allen voran zu den ehrenamtlich Engagierten. Um Alltagsproblemen wie der Abhängigkeit von den örtlichen ÖPNV-Gegebenheiten zu begegnen, entwickeln Geflüchtete häufig auch selbstständig Ansätze. Etwa indem sie den Führerschein machen, oder ein Auto kaufen. In den im Rahmen der Studie geführten Interviews beurteilten die Geflüchteten die Anonymität in Großstädten dagegen eher als negativ: Sie befürchten dort unter anderem Schwierigkeiten, Sozialkontakte aufzubauen und damit auch, die deutsche Sprache zu lernen.

Neben einem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs spielt aus Sicht der WissenschaftlerInnen auch die Digitalisierung des ländlichen Raumes eine wichtige Rolle für die Integration. Um Kontakt zu ihren Familien im Herkunftsland oder außerhalb der Region halten zu können, sind Geflüchtete auf digitale Kommunikationskanäle angewiesen. Die Ergebnisse der Studie wurden bei der Tagung in vier verschiedenen Workshops mit den TeilnehmerInnen diskutiert. Sie sollen im Anschluss veröffentlicht und im Rahmen von Abschlussgesprächen in beiden Kommunen vorgestellt werde.

Hintergrund:
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Integration von Geflüchteten im Rahmen inklusiver Quartiersentwicklung: Zusammenwirken von Hauptamt, Ehrenamt und Geflüchteten im ländlichen Raum“ ist an der Fakultät II (Bildung, Architektur, Künste) der Uni Siegen angesiedelt. Es wurde von Prof. Dr. Wolf Bukow vom „Forschungskolleg Zukunft menschlich gestalten“ (FoKoS) begleitet. Finanziert wurde das einjährige Projekt von der Uni Siegen im Rahmen des Calls für Regionale Forschungspartnerschaft 2016/17 zum Themenfeld „Zuwanderung und Integration“.

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Präsentierten gemeinsam die Projektergebnisse: Jun.-Prof. Dr. Sabine Meier, Jun.-Prof. Dr. Vicki Täubig, Konrad Schlechtinger von der Gemeinde Kirchhundem, Freudenbergs Bürgermeisterin Nicole Reschke, wissenschaftliche Mitarbeiterin Silvia Mann und Prof. Dr. Hildegard Schröteler-von Brandt.

 
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