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Katalog plus

Die Wiederentdeckung der Emmy Rubensohn

Der Lehrstuhl für Historische Musikwissenschaft der Uni Siegen gibt in einer Ausstellung Einblicke in das fast vergessene Leben der Musikmäzenin Emmy Rubensohn.

Ernst schaut die junge Frau von einem Plakat in der neuen Ausstellung in der Teilbibliothek Unteres Schloss (US) in ihrem hochgeschlossenen Kleid auf die BesucherInnen: „Wissen Sie noch, wer ich bin?“. Der Titel der Ausstellung über die Musikmäzenin Emmy Rubensohn steht nicht nur für das Schicksal des Vergessens der einst so einflussreichen und bekannten Persönlichkeit, sondern auch für den spannenden Prozess ihrer Widerentdeckung. 

Die 22 reich bebilderten und sehr aufwendig gestalteten Tafeln der Ausstellung zeichnen das Leben der in Kassel beheimateten Emmy Rubensohn (1884-1961) nach, die 1940 vor den Schrecken des Naziregimes nach Shanghai floh und schließlich 1947 nach New York auswanderte. Die Texte erarbeitete Prof. Matthias Henke im Rahmen eines Projektseminars im Wintersemester 2017/18 mit Studierenden und MitarbeiterInnen des Lehrstuhls für Historische Musikwissenschaft an der Universität Siegen. Die hervorragende grafische Umsetzung stammt vom Grafiker Andreas Meyer.
 
Vor rund 20 Jahren stieß Henke bei seinen Forschungen über den Komponisten Ernst Krenek in dessen 1998 veröffentlichter Autobiographie erstmals auf den Namen Emmy Rubensohn. Henke hatte noch nie zuvor von ihr gehört. Krenek lebte Mitte der 1920er Jahre im Hause des Ehepaars Rubensohn in Kassel, sein ganzes Leben unterstützten sie ihn und - wie sich herausstellte - viele andere bedeutende Künstler und Künstlerinnen der europäischen und US-amerikanischen Musik- und Kunstwelt. Die Rubensohns boten Gastfreundschaft, viele Kontakte und die kritische Beurteilung des jeweiligen Schaffens. 
 
„Sie war eine Frau, die sich stets zurücknahm. Ihr Mäzenatentum war kein Selbstzweck“, erläuterte Henke bei der Eröffnung der Ausstellung. Seine akribische Suche nach Spuren förderte unter anderem Briefen von und an Emmy Rubensohn zu Tage, die das Bild einer hochintelligenten, weitvernetzten Frau zeichnen, die sich mit Herz und Musikverstand den Künstlern, ihren Fortschritten und den Fehlschlägen annahm. Sie wurde so für viele – etwa für Ernst Krenek, Oskar Kokoschka und Alma Mahler-Werfel – zu einer lebensbegleitenden Freundin.
 
Wie weit das Netzwerk Emmy Rubensohns reichte, zeigt auch der graphisch hochwertige Ausstellungskatalog, der im universi Verlag erschienen ist. Neben den Tafeln der Ausstellung werden darin auch erstmalig einzelne Einträge aus dem Gästebuch, das das Ehepaar Rubensohn vom Fin de Siècle bis etwa 1960 unter anderem in Leipzig, Kassel, Shanghai und New York führte, präsentiert. Mitte Juni 2018 meldete sich ein Nachfahre Rubensohns bei Henke mit der Nachricht, er habe eben durch Zufall im Nachlass seines Vaters ein Gästebuch gefunden, das Henke interessieren könne. „Ich war sprachlos, als ich die ersten Seiten bekam. Bin es zuweilen heute noch und überglücklich über diesen Jahrhundertfund!“ schildert Henke. Die Einträge im Gästebuch lesen sich wie ein „Who is Who“ der jüngeren Musikgeschichte. Sie dokumentieren eindrücklich den Widerstand, die Entbehrungen im Exil und die Wichtigkeit von Netzwerken in der Nachkriegszeit. „Es handelt sich um einzigartige Dokumente von eminenter musik- und kunsthistorischer Bedeutung“, konstatiert Henke.
 
Nach der Vernissage luden Prof. Henke und Prof. Martin Herchenröder zu einem Konzert in das Studio für neue Musik. Dort präsentierte das „Duo L’aura serena“, bestehend aus der Pianistin Laura Schwind und der Mezzosopranistin Julia Spies, ein hochkarätiges Programm mit Liedern von Ernst Krenek und Alma Mahler-Werfel sowie Klavierstücken von Krenek und Dimitri Mitropoulos. Julia Spies las dazu sehr eindrücklich aus Briefen Emmy Rubensohns.
 
Der Dreiklang aus Ausstellung, Katalog und Konzert machte die (fast) vergessene Lebensgeschichte der Emmy Rubensohn an diesem Abend in vielerlei Hinsicht virtuell und sinnlich erfahrbar. Jetzt wissen wir wieder, wer Emmy Rubensohn war!
Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Oktober 2018 in der Passage der Teilbibliothek Unteres Schloss (US) zu sehen und wird dann als Wanderausstellung weiterziehen nach Halle, München und Kassel.
 
Der Katalog ist im Buchhandel oder direkt bei universi beziehbar (ISBN 978-3-96182-020-7; Preis: 20,50 Euro).
 
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