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Nobelpreisträgerin zu Gast

Einen Tag nach der Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis kam Olga Tokarczuk zu einer Lesung in das neue Seminarzentrum der Universität Siegen.

Geplant war alles schon seit Monaten. Am 11. Oktober sollte die Lesung mit der polnischen Autorin Olga Tokarczuk an der Universität Siegen in der Villa Sauer (Haus der Wissenschaft) stattfinden. Doch einen Tag vor dem Termin dann die große Nachricht: Olga Tokarczuk erhält den Literaturnobelpreis. „Wir haben uns alle riesig gefreut, aber haben auch gezittert: Kommt sie – oder kommt sie nicht?“, beschrieb Uni-Kanzler Ulf Richter die Situation. Tokarczuk kam – und an der Universität wurde die Veranstaltung kurzfristig umorganisiert, um einen würdigen Rahmen dafür zu schaffen. Vom Foyer der Villa Sauer wurde die Lesung ins erst am Vortag fertiggestellte, neue und deutlich größere Seminarzentrum der Universität im Obergraben 25 verlegt. Knapp 200 begeisterte Zuhörerinnen und Zuhörer kamen und nahmen auch eine längere Wartezeit in Kauf. Durch kurzfristige Medientermine verzögerte sich die Ankunft der frischgebackenen Nobelpreisträgerin um rund zwei Stunden.

Mit Standing Ovations und langem Applaus wurde Olga Tokarczuk schließlich vom Siegener Publikum begrüßt. „Danke, dass sie so lange auf mich gewartet haben“, sagte die Autorin. „Die Nachricht von gestern hat mich selbst noch nicht so ganz erreicht. Dass ich eine Nobelpreisträgerin bin – um das zu verstehen, brauche ich noch Zeit.“ Zeit nahm sich Tokarczuk aller Aufregung zum Trotz auch für die ZuhörerInnen im Seminarzentrum. Ausführlich und sehr engagiert erzählte sie über ihr Werk „Die Jakobsbücher“ – einem historischen Roman über Jakob Frank, im Polen des 18. Jahrhunderts eine bedeutende Figur, aschkenasischer Jude und Anführer der Frankisten-Bewegung. „Eigentlich hatte ich geplant, ein Jahr lang an dem Buch zu arbeiten. Am Ende wurden daraus acht Jahre“, erzählte Tokarczuk.

Extrem gründlich und genau habe sie die Geschichte der Frankisten recherchiert. Und sei dabei nicht selten über Details gestolpert: „Einmal habe ich zum Beispiel geschrieben, wie bei einem Essen ein Kartoffelgericht auf den Tisch kommt. Bis ich festgestellt habe: In der Region gab es zur damaligen Zeit noch gar keine Kartoffeln“, schmunzelte die Autorin. Der Roman „Die Jakobsbücher“ erzählt nicht nur die Geschichte Jakob Franks, sondern entwirft gleichzeitig ein umfassendes Bild Europas zur damaligen Zeit. „Vieles daran ist aber nach wie vor sehr aktuell. Die Menschen hatten vor 250 Jahren schon ähnliche Probleme, wie wir sie heute haben“, betonte Tokarczuk.

tokarczuk_gespraechDr. Natasza Stelmaszyk von der Philosophischen Fakultät der Universität Siegen führte durch die Lesung und fungierte gleichzeitig als Dolmetscherin. Auszüge aus der deutschen Übersetzung des Romans las Anna Maria Weber (ebenfalls Universität Siegen). Um die Wartezeit nicht zu lang werden zu lassen, improvisierte das Team kurzerhand und stimmte das Publikum schon vor dem Eintreffen der Autorin mit Vorlese-Passagen in den Roman ein – daran beteiligte sich auch spontan der eigens für die Nobelpreisträgerin aus Wiesbaden angereiste Schauspieler Armin Nufer, der aus Tokarczuks Buch „Unrast“ las.

„Olga Tokarczuk einen Tag nach der Bekanntgabe des Nobelpreises begrüßen zu dürfen, ist eine sehr große Ehre. Eine solche Veranstaltung ist wirklich einmalig“, freute sich Stelmaszyk, die Tokarczuk auch nach Siegen eingeladen hatte. Bereits vor zehn Jahren sei die Autorin schon einmal zu einer Lesung in Siegen gewesen, berichtete die Literaturwissenschaftlerin. Seither habe man sie noch zweimal eingeladen (zum ersten Mal vor einem Jahr für „vielSeitig. Europäisches Literaturfestival Siegen“) – allerdings sei daraus nie etwas geworden: „Beide Male sind wichtige Preisverleihungen dazwischengekommen. Jetzt haben wir Sie zum dritten Mal nach Siegen eingeladen – und Sie haben den Nobelpreis bekommen“, sagte Stelmaszyk.

Vor ihrer Lesung trug sich Olga Tokarczuk ins Goldene Buch der Stadt Siegen ein. Seitens der Stadt wurde sie vom stellvertretenden Bürgermeister Jens Kamieth begrüßt. Uni-Kanzler Ulf Richter hieß die Autorin willkommen: „Eine große Ehre für die Uni und die Stadt Siegen.“

Die Lesung mit Olga Tokarczuk war von der Stabsstelle „Wissenschaft in der Stadt“ der Universität Siegen (Frau Katja Knoche) und der Philosophischen Fakultät (Seminar für Anglistik, Prof. Dr. Daniel Stein) in Kooperation mit Polonica nova – einer Veranstaltungsreihe mit polnischer Literatur und Kultur (Initiative von Dr. Natasza Stelmaszyk) – organisiert worden. Sie war Teil einer geplanten Lesereise im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse.

tokarczuk_web

Bereits 2009 war Olga Tokarczuk einmal zu Gast in Siegen - und lacht, als Dr. Natasza Stelmaszyk eines der damaligen Plakate für die Bewerbung des Auftritts in die Luft hält.

 
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