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Spiegeleier im Röntgenlicht

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universitäten Siegen und Tübingen hat einen Röntgenblick ins Spiegelei geworfen. Die Erkenntnisse helfen dabei, die Dynamik von Proteinen in Lebensmitteln besser zu verstehen – und können auch von Bedeutung für die Medizin sein.

Was mit einem Ei passiert, wenn man es in die Bratpfanne schlägt und brät, kann jeder mit bloßem Auge erkennen. Durch die Hitze stockt das Eiweiß und aus der glibberigen und durchsichtigen Flüssigkeit wird eine feste, weiße Masse. Noch ein wenig Salz und Pfeffer dazu: Fertig ist das Spiegelei. Diese Grundkenntnis dürfte den meisten Hobbyköchen ausreichen, um den eigenen Appetit zu stillen. Ein Forschungsteam um WissenschaftlerInnen der Universität Siegen will es aber genauer wissen. Die PhysikerInnen wollen das sehen, was zumindest in der Küche niemand sieht. Sie wollen verstehen, was auf Ebene der fünf Nanometer großen Proteine passiert. Welche dynamischen Prozesse passieren beim Erhitzen des Eis? Wie genau wird das Eiweiß fest? Wie bilden sich die Proteinnetzwerke, die für die veränderte Struktur verantwortlich sind? Um das herauszufinden, mussten sie ans Forschungszentrum DESY nach Hamburg fahren, wo eine der hellsten Speicherring-Röntgenstrahlungsquellen der Welt betrieben wird.

christian_gutt„Wir wollen die Struktur und Dynamik von Proteinen bei Prozessen verstehen, die wichtig für Lebensmittel und ihre Zubereitung, aber auch für die Medizin und die Biologie sind“, erklärt der Leiter des Projektes, Prof. Dr. Christian Gutt von der Universität Siegen. In der Hansestadt warfen die ForscherInnen den Röntgenblick nicht nur ins Ei, sondern auch in Schokolade und Milch. Denkbar sei künftig etwa, dass Lebensmittelprozesse optimiert und gewünschte Eigenschaften gezielt erreicht werden könnten. „Aber wie jedes gute Experiment, wirft auch dieses erstmal mehr Fragen auf, als dass es Antworten liefert“, verdeutlicht Prof. Gutt und fügt hinzu, dass es sich um erste Ergebnisse des insgesamt auf vier Jahre angelegten Projektes handelt.

Dass sich beim Erhitzen von Eiweiß einzelne Proteine zu Netzwerken verbinden, ist bekannt. Das internationale Forschungsteam interessiert, wie genau dieser Prozess abläuft. Um das herauszufinden, füllten die WissenschaftlerInnen Eiweiß in eine Küvette und erhitzten die Flüssigkeit auf 80 Grad Celsius. Nun beobachteten sie die Eiweißproteine mit Hilfe der Röntgenstrahlung. Eine Herausforderung bestand darin, die Proteine durch die Röntgenstrahlung nicht zu zerstören. Das Forschungsteam hat daher eine Methode entwickelt, an deren Ende Datenmengen von bis zu hunderten Terabyte ausgewertet werden müssen.
Die Erkenntnis: Bereits innerhalb der ersten drei Minuten verknüpfen sich die Proteine und bilden ein Netzwerk auf der Nanoskala. Diese Struktur bleibt zwar auch danach noch in Bewegung und wird steifer, sie verändert sich aber nicht mehr. „Normalerweise kleben diese Proteine nicht aneinander. Durch die Hitze entfalten sie sich aber und verkleben mit anderen Proteinen. Man muss sich das wie doppelseitiges Klebeband vorstellen“, erklärt Prof. Gutt. „Die Ergebnisse und das Wissen, dass das Experiment auf diese Weise durchgeführt werden kann, helfen uns dabei, weiche Materie besser zu verstehen. Das nehmen wir jetzt mit in die weitere Forschung.“

Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlicht. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Schwedische Research Council fördern das 2020 gestartete Projekt mit insgesamt 1,7 Millionen Euro. Es läuft über vier Jahre und wird von der Universität Siegen koordiniert. Beteiligt sind ForscherInnen der Universitäten in Siegen, Tübingen, Lund, Stockholm und vom DESY in Hamburg.

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Fotonachweise:

Oben: Prof. Dr. Christian Gutt von der Universität Siegen leitet das internationale Forschungsprojekt. (Quelle: Universität Siegen)
Unten: Die Strahlführung P10 an DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III, an der die Experimente stattgefunden haben. (Quelle: Universität Tübingen, Anastasia Ragulskaya) 

 
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