Aus der Hochwasserkatastrophe die richtigen Lehren ziehen
Ein Projekt des Bundesforschungsministeriums will Warnung und Evakuierung in den Gebieten verbessern, die im Sommer vom Hochwasser betroffen waren. MedienwissenschaftlerInnen der Uni Siegen analysieren dafür die Krisenkommunikation vor Ort und entwickeln Konzepte, um deutlich robustere Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen zu schaffen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert ab sofort ein Projekt, das zur Aufarbeitung der Hochwasserkatstrophe im Juli 2021 beitragen soll. Ziel ist es, Risikovorhersagen, Krisenkommunikation und Katastrophenmanagement bei der Bewältigung von Extremwetterlagen zu verbessern. In dem Verbund unter Leitung des Instituts für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der RWTH Aachen arbeiten ForscherInnen sowie Anwender aus unterschiedlichsten Fachdisziplinen und Organisationen zusammen. Die Universität Siegen ist am Projekt beteiligt.
Ein Team aus MedienwissenschaftlerInnen der Uni Siegen um Prof. Dr. Gebhard Rusch untersucht zunächst die Kommunikation von Behörden, Medien und Bevölkerung rund um das Hochwasser. Dazu zählt einerseits die Kommunikation im Zusammenhang mit der Informationslage bis zum Eintritt der Katastrophe, andererseits die Kommunikation über den Verlauf des Hochwassers hinweg und schließlich für die nachfolgende Zeit. „Die Katastrophe scheint mit der fortschreitenden Aus- und Überlastung sämtlicher Vorfluter in den betroffenen Gebieten so schnell und mit solcher Wucht eingetreten zu sein, dass für Präventions- und Rettungsmaßnahmen weder Zeit noch Raum geblieben war“, erklärt Rusch, Akademischer Direktor am Institut für Medienforschung der Uni Siegen. In den Überflutungsgebieten wurden praktisch alle bodengestützten Kommunikationsinfrastrukturen – z.B. Telefonnetze, und selbst der Behördenfunk – nachhaltig zerstört.
Schließlich untersucht das Projekt auf Basis der Bestandsaufnahme, wie den Behörden rechtzeitig hinreichend komplexe Lageinformationen zur Verfügung gestellt werden können, damit passende Maßnahmen geplant und Entscheidungen getroffen werden können. Das Institut für Medienforschung erarbeitet Konzepte für deutlich robustere Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen sowie Vorschläge für eine verbesserte überorganisationale Kommunikation und Zusammenarbeit von Behörden, Forschungsdiensten und Medien. Dazu gehören in allen Lagen und frühestmöglich auch entsprechende Informationen und Hilfsangebote für die Bevölkerung.
Das Institut für Medienforschung der Uni Siegen hat seit 2006 zahlreiche Projekte vor allem im Bereich der Sicherheitsforschung des Bundes in leitender Funktion und als Konsortialpartner in größeren Forschungsgruppen durchgeführt. Thematische Schwerpunkte dieser Arbeiten waren die Kommunikation und der Medieneinsatz von Rettungskräften, Behörden, Politik, Presse und Öffentlichkeit in Krisen- und Katastrophenlagen. Dabei war die zentrale Leitfrage, wie die Sicherheit durch achtsames Kommunizieren und den Einsatz unterstützender Medien für alle beteiligten Akteure und Organisationen nachhaltig verbessert werden könnte.
Neben der RWTH Aachen und der Uni Siegen sind die FU Berlin, die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und die Universität Potsdam am Projekt beteiligt. Von den Forschungsteams fließt vielfältiges Know-how aus unterschiedlichen Bereichen ein – wie etwa Wasserbau und Wasserwirtschaft, Verwaltungswissenschaften, Medienforschung sowie Geografie bzw. Naturrisiken- und Katastrophenforschung. Auch von Anwenderseite bringen zahlreiche Akteure ihre umfassende Expertise, aber vor allem auch ihre unmittelbaren Erfahrungen bei der Bewältigung der Hochwasserlage mit in das Projekt ein. Dazu gehören u.a. das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), das Technische Hilfswerk (THW) und der Deutsche Wetterdienst.
Für das Verbundprojekt „Governance und Kommunikation im Krisenfall des Hochwasserereignisses im Juli 2021 - HoWas2021“ stellt das BMBF rund 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Das Projekt hat eine Laufzeit von 18 Monaten.
Kontakt:
Prof. Dr. Gebhard Rusch
Institut für Medienforschung, Universität Siegen