Uni Siegen gestaltet die Zukunft der digitalen Medizin mit
Im Rahmen des 50-jährigen Jubiläums der Uni Siegen stellte die Lebenswissenschaftliche Fakultät die volle Bandbreite ihrer Forschung und Lehre vor.
Wie können Menschen in ländlichen Regionen gesundheitlich gut versorgt werden? Welche Rolle spielen digitale Technologien und innovative Versorgungsmodelle für die Medizin der Zukunft? An der Lebenswissenschaftlichen Fakultät (LWF) entwickeln und erproben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue, medizinnahe Ansätze in Lehre und Forschung, die unser Gesundheitssystem verändern sollen. Im Rahmen des 50-jährigen Jubiläums der Uni Siegen stellte die jüngste der fünf Fakultäten die Bandbreite ihrer Forschung vor – von der Psychologie und der Biomedizin über Medizinische Informatik bis hin zum digitalen Gesundheitswesen.
„Neue Versorgungsmodelle sind für ländliche Regionen besonders wichtig“, erklärte Prof. Dr. Christoph Strünck die Bedeutung für Siegerland und Wittgenstein. „Wir an der Lebenswissenschaftlichen Fakultät können einen substanziellen Beitrag für die Zukunft der digitalen Medizin leisten.“ Strünck ist Dekan der Fakultät und Experte für Alternsforschung (Gerontologie).
Medizininformatiker Prof. Dr. Rainer Brück zeigte, wie sowohl Patientinnen und Patienten, Studierende als auch medizinisches Fachpersonal von der Digitalisierung profitieren können. Er führte das virtuelle Stethoskop vor, mit dem angehende MedizinerInnen trainieren. Das von Brück und seinem Team entwickelte Training mit dem Namen „StomaVR“ wiederum hat PatientInnen mit künstlichem Darmausgang und deren Angehörige als Zielgruppe. Durch das virtuelle Training wird der oft mit Scham behaftete Umgang mit dem künstlichen Darmausgang eingeübt.
Brück stellte außerdem das Projekt DataHealth Burbach vor. Im Projekt werden die Vitaldaten – also z.B. der Blutdruck und die Sauerstoffsättigung – der Patienten kontinuierlich gemessen und ausgewertet. Nur wenn die Ärztinnen und Ärzte Unregelmäßigkeiten entdecken, werden die PatientInnen in die Praxis gebeten. Die Qualität der medizinischen Versorgung solle so verbessert und gleichzeitig die Hausarztpraxen entlastet werden.
Mit innovativen Studiengängen und interdisziplinärer Forschung unterstützt die Fakultät genau dieses Ziel. Im Kern geht es darum, innovative Versorgungsmodelle zu entwickeln und erproben, welche die Hausärztinnen und Hausärzte entlasten und sich an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten orientieren. Das Zusammenspiel zwischen digitalen Technologien und den Kompetenzen nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe steht im Vordergrund der Forschung in Siegen. Während weitere Partner wie die Universitätsmedizin Bonn und die Siegener Kliniken mehr Medizinerinnen und Mediziner für den ländlichen Raum ausbilden, bringt die LWF ihr eigenes Profil ein: in digitaler Gesundheitsversorgung.
Prof. Dr. Christoph Dockweiler erforscht in seiner Professur „Digital Public Health“ (Digitales Gesundheitswesen) die Chancen und Risiken dieser digitalen Gesundheitsversorgung und äußerte sich durchaus kritisch: „Seit 2003, als die Einführung der digitalen Gesundheitskarte beschlossen wurde, ist in Deutschland wenig passiert. Es gab große Träume und Pläne, und eine genauso große Ernüchterung.“ Er bemängelte vor allem, dass man sich in der Praxis häufig nicht an den NutzerInnen orientiere. „Die Menschen mit hoher Krankheitslast kommen oft nicht vor, wenn es um den Nutzen der digitalen Medizin geht“, fasste er eine Studie zusammen. Häufig profitierten vor allem junge Menschen mit hoher Bildung von digitalen Leistungen der Krankenkassen. Dabei seien es vor allem Menschen in hohem Alter oder mit niedrigem Einkommen, die den größten Nutzen z.B. von digitalen Präventionsprogrammen hätten. Umso wichtiger sei die Forschung an der Uni Siegen, die die Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Auch die biomedizinische Grundlagenforschung leistet dazu einen Beitrag. Das zeigten Prof. Dr. Maria Brehm (Biotechnologie) und Prof. Dr. Florian Centler (Bioinformatik) in ihren Vorträgen. Mit Hilfe biotechnologischer Methoden und mathematischer Modellierung gelingt es immer besser, Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Davon profitieren neue Ansätze in Diagnostik und Therapien, die auch digital unterstützt werden können.
In allen Bereichen liegt der Fokus außerdem darauf, wie man die Ergebnisse aus der Forschung in der Praxis umsetzen und verankern kann, damit sie den PatientInnen in der Fläche tatsächlich zugutekommen. Prof. Dr. Simon Forstmeier aus dem Department Psychologie berichtete zum Beispiel von der Demenzforschung und der strukturellen Lebensrückblicks-Therapie in Hospizen. Zunächst profitieren vor allem die StudienteilnehmerInnen, bevor Modelle entwickelt werden, um Versorgungsansätze in der Region und darüber hinaus einzusetzen.
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