Sinken die Einkommensunterschiede, steigt die Umweltzerstörung
Das Ausmaß der Umweltzerstörung von reichen Gesellschaften erhöht sich, wenn Einkommensunterschiede reduziert werden. Das haben Forscher der Uni Siegen in einer Studie herausgefunden. Diese Erkenntnis sollte aus ihrer Sicht Folgen für die Gestaltung von Politikmaßnahmen haben.
Deutschland gehört zu den ungleichsten Industrieländern der Welt. Dem reichsten Prozent der Bevölkerung gehören 30% des gesamten Vermögens. Was passiert nun, wenn man durch politische Maßnahmen versucht, diese Ungleichheit zu reduzieren? In einer weltweit angelegten Studie haben Forscher der Uni Siegen die Auswirkungen solcher Maßnahmen auf die Umwelt erforscht. Dazu zählen neben dem vom Menschen verursachten Klimawandel auch die Versiegelung von Böden und die Zerstörung von Waldflächen. Die Wissenschaftler untersuchten dazu Datensätze von 116 Ländern über 55 Jahre. Als Grundlage für ihre Messungen verwendeten sie den ökologischen Fußabdruck.
Das Forscherteam um Prof. Dr. Thomas Kopp von der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät fand heraus, dass sich der Klimagasausstoß von reichen Gesellschaften – wie Deutschland – erhöht, wenn Einkommensunterschiede reduziert werden. Gleiches gilt in reichen Ländern auch für die negativen Auswirkungen auf Flächenversiegelung und Waldverbrauch. Mögliche Erklärungen dafür sind komplex. Ein vereinfachtes Gedankenexperiment verdeutlicht die Mechanismen: Stellt man sich vor, dass das komplette verfügbare Einkommen bei einem einzelnen Haushalt landet, würde nur ein Bruchteil des Geldes verkonsumiert werden, erklärt Kopp. „Ab einem gewissen Punkt ist das Maximum des Konsums eines Menschen erreicht – schon allein aus Zeitgründen.“ Wenn in einem anderen Szenario dasselbe Einkommen auf alle Haushalte verteilt würde, würde das Geld effektiver gebraucht und insgesamt mehr konsumiert werden, so Kopp. Es bestünde zwar mehr Gleichheit, diese führe durch den erhöhten Konsum aber auch zu mehr Umweltbelastungen.
Für die Wissenschaftler folgt aus diesen Erkenntnissen, dass zukünftig in reichen Gesellschaften alle Politikmaßnahmen, welche potenziell die Ungleichheit reduzieren können (z.B. Steuer- und Abgabenpolitik, Erhöhung der Grundsicherung, „Bürgergeld“, etc.), von begleitenden Maßnahmen flankiert werden sollten, um negative Auswirkungen auf die Umwelt zu verhindern (z.B. Erhöhung der CO2-Steuer.). „Es sind auf jeden Fall ungleichheitsreduzierenden Maßnahmen zu begrüßen, die Transfers in Form von „grünen“ Angeboten beinhalten“, erklärt Kopp. Dazu zählen aus seiner Sicht zum Beispiel der subventionierte Öffentliche Personennahverkehr und das 9-Euro-Ticket.
Die Ergebnisse der Studie sind am 31.8.22 in der Fachzeitschrift Ecological Economics erschienen.
Foto: Jun.-Prof. Dr. Thomas Kopp (rechts) mit Doktorand Markus Nabernegg (links).
Foto: privat
Kontakt:
Jun.-Prof. Dr. Thomas Kopp, Universität Siegen
E-Mail: thomas.kopp@uni-siegen.de