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Vom Kita- zum Schulkind in der Pandemie

Der Corona-Shutdown hat Kita-Kinder, die vor der Einschulung standen, in ihren Fähigkeiten stark zurückgeworfen. Ein Forschungsprojekt zeigt die Entwicklungstrends und macht deutlich, dass dem holprigen Start einer ganzen Schüler-Generation noch zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Wenn Kinder in der Kita in die Gruppe der „Großen“ kommen, ist das etwas ganz Besonderes. Sie sind nun Vorschulkinder und bereiten sich mit Übungen, Ausflügen und Projekten auf den Übergang zur Schule vor. Für die Fünf- bis Sechsjährigen im ersten Coronajahr 2020 sah das anders aus. Während des Shutdowns mussten sie für elf Wochen zu Hause bleiben. Elf Wochen, die deutliche Spuren in der frühkindlichen Entwicklung zur Folge hatten. Im Rahmen einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Analyse eines Datensatzes zur Entwicklung von Kindern im Vorschulalter während der Pandemie konnten Prof. Daniel Mays (Professur für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Förderpädagogik) und seine wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Carolin Quenzer-Alfred und Lisa Schneider eine signifikante Verschlechterung der sozial-emotionalen, der motorischen Entwicklung sowie der vorschulischen Fähigkeiten aufzeigen.

Die Daten stammen aus Kitas im Kreis Siegen-Wittgenstein und sollten ursprünglich dazu dienen, eine von Mays und seinem Team entwickelte, vorschulische Fördermaßnahme zu evaluieren. „Wir hatten die vorschulische Diagnostik so gerade eben abgeschlossen und dann kam Corona und der erste Shutdown. Weltweit waren die meisten Bildungseinrichtungen komplett geschlossen“, berichtet Doktorandin Carolin Quenzer-Alfred. Unmittelbar nach dem Shutdown erlaubten die Eltern, die Daten erneut zu erheben, so Mays, der seit mehr als 15 Jahren Entwicklungsverläufe von Kindern während einer Übergangsphase beforscht. Es folgte eine dritte Nacherhebung 18 Wochen später, als die Kinder schon in der Schule waren. „Heute wissen wir, dass wir damit eine der wenigen längsschnittlichen Datensätze aus der Corona-Zeit haben, die eine tiefergehende Analyse ermöglichten“, so Mays weiter.

Sehr starke Effekte zeigt die Untersuchung im Bereich der numerischen Fähigkeiten und bei den expressiven sprachlichen Fähigkeiten der Kinder. „Die Fähigkeit, andere altersgemäß zu verstehen, hat sich während des Shutdowns weiterentwickelt und zwar unabhängig vom sprachlichen Hintergrund, also ob zu Hause überwiegend Deutsch gesprochen wird oder nicht“, erklärt Carolin Quenzer-Alfred. „Aber die Kompetenz sich auszudrücken, hat stark abgenommen, so dass ein Großteil der Kinder unterhalb der Norm in diesem Kompetenzbereich lagen“.

Bei den sozial-emotionalen Kompetenzen seien die Fähigkeiten, Emotionen zu erkennen altersgerecht weiterentwickelt gewesen. „Emotionsregulation und sozial-kompetentes Handeln dagegen nicht“, so Lisa Schneider. Auch die Grob- und Visuomotorik waren in der Entwicklung beeinträchtigt. Schneider: „Das sind alles Dinge, die sehr wichtig sind, um in der Schule gut anzukommen und die sich verdichtet in dem halben Jahr entwickeln, bevor die Kinder in die Schule gehen.“ Gerade das war die Zeit, in der die Vorschulkinder wegen des Shutdowns zu Hause bleiben mussten. Die Fähigkeiten wurden altersabhängig betrachtet. „Wir haben mit Daten von Normgruppen verglichen, die monatsgenau so alt war wie die Kinder, die wir untersucht haben. So konnten wir sensibel auf die Daten blicken.“

Die Siegener Analyse deckt sich mit internationalen Daten. Bei einer Konferenz in Schottland wiesen die Ergebnisse überraschende Parallelen zu Untersuchungen weltweit auf. „Ob in Italien, in der Türkei, in Mexiko oder China – überall hat man in der Zeit des Shutdowns bei der Entwicklung von Vorschulkindern ähnliches beobachtet“, berichten die Forscher*innen.

Durch die erneute Befragung der Kinder nach der Einschulung zeigte sich, dass die problematischen Entwicklungsbereiche statistisch nicht so signifikant schlecht geblieben, sondern sich wieder dem Zustand vor dem Shutdown angenähert haben. Es sei aber ein klarer Einschnitt in der Bildungsbiografie, auch wenn es nicht bedeute, dass die Kinder nun für immer schlechtere Schulleistungen haben werden.

Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen, dass die Frage danach, ob Kindergärten in Ausnahmesituationen offengehalten werden, politisch nicht einfach zu beantworten ist. Aus (förder-)pädagogischer Sicht wäre es wünschenswert, dass über Entscheidungsträger und den gesellschaftlichen Diskurs hinaus und ebenso bei den Fachkräften ein fundierteres Verständnis über die Bedeutung von frühkindlichen Bildungseinrichtungen entwickelt wird.

Als erste Konsequenz aus dem Forschungsprojekt wird das von Mays und seinem Team entworfene Programm zur vorschulischen Förderung „Löwenstark in die Schule“, weiterentwickelt. Dieses ist im vergangenen Jahr im Reinhardt-Verlag erschienen und beinhaltet praxisnahe Anregungen und Materialien für die (vor-)schulische Förderung in der Kita.

 

 
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