Zum Tode von Professor Dr. Berthold Stötzel
Am 17. Januar 2012 ist unser Kollege Professor Dr. Berthold Stötzel gestorben, emeritierter Professor der Psychologie, Mitglied unserer Hochschule von den ersten Tagen der Gründung 1972 an. Er ist viel zu früh gestorben - mit nur 73 Jahren.
Bertold Stötzel wird uns schmerzlich spürbar fehlen, als Fachmann im Spektrum zwischen Psychologie und Erwachsenenbildung, als Organisator und Kommunikator, als Brückenkopf in die Region ebenso wie ins Ausland – und als Freund, als Quelle immer neuer kreativer Ideen und als sachkundiger und einfühlsamer Berater.
Stötzel ist 1938 in Siegen geboren und war – wie er selber immer wieder betont hat – ein „Mann des zweiten Bildungsweges“. Nach dem Abschluss einer Schlosserlehre bewarb er sich um einen Platz im Hessenkolleg in Wiesbaden, um dort das Abitur nachzuholen. Diese neuen Reformeinrichtungen öffneten damals – ohne Rücksicht auf den Numerus Clausus - den Zugang zu allen Studiengängen. Stötzel entschied sich zunächst für das Studium der Berufsschulpädagogik, besuchte aber gleichzeitig Vorlesungen im Fach Psychologie, da ihm an diesem Fach besonders die für die pädagogischen Praxis einsetzbare wissenschaftliche Systematik reizte. Es kam deshalb zu einem Doppelabschluss in Pädagogik/Psychologie, der ihm den Weg zurück in die Heimat auf eine Stelle bei der Firma Philips öffnete, die er als Leiter der Aus- und Weiterbildungsabteilung mit zusätzlichen Aufgaben im Bereich der Personalabteilung antrat.
Durch Zufall ergab sich bald danach ein Kontakt zu Professor Hans Linden, der mit Blick auf die Gründung der Gesamthochschule Stötzel zunächst für einen Lehrauftrag und danach für eine Professur im neu errichteten Studiengang Sozialwesen zu gewinnen versuchte. Stötzel sagte zu, bewarb sich erfolgreich um eine Professur im Fach Psychologie und wurde so eine der wichtigsten Gründungspersönlichkeiten der heutigen Universität Siegen – ohne jedoch jemals den Kontakt zu der betrieblichen Praxis durch Beratung und anwendungsbezogene Forschung aufzugeben. Mit der Berufung verband Stötzel die bereits lange Zeit gehegte Absicht, seine Promotion an der Universität Köln abzuschließen – mit einer auf einer empirischen Untersuchung basierenden Dissertation zum Thema: „Das Fach Psychologie im Studium der Sozialarbeit/Sozialpädagogik“.
Im Rahmen des Studiengangs Sozialwesen bot Stötzel in erster Linie Veranstaltungen in dem Bereich der Jugend- und Erwachsenenbildung an, er war aber auch selber als Gutachter in der Jugendgerichtshilfe und im Bereich des Kindschafts- und Familienrechts tätig und vermittelte die damit verbundenen fachlichen Themen im Rahmen seiner Lehre. Es war auch Berthold Stötzel, der maßgeblich daran beteiligt war, 1996 das Zentrum für Planung und Organisation (ZPE) an der Universität Siegen zu gründen und durch seine Inputs in den Bereichen ‚Organisationsentwicklung’ und ‚Qualitätsmanagement’ zu einem der erfolgreichsten Institute der Hochschule zu machen. Auch als langjähriger Dekan des Fachbereichs ‚Erziehungswissenschaft/Psychologie’ hat er wesentlich dazu beigetragen, den Modernisierungsprozess der Organisation voranzutreiben, vor allem durch die mit großem Engagement vollzogene Einführung neuer Medien und die nachhaltige Vermittlung von Medienkompetenz auf allen Ebenen des Personals.
Von seiner Leidenschaft und seiner großen Begabung für die Lehre hat nicht zuletzt die ‚Mittwochsakademie’ profitiert, zu deren beliebtesten Referenten er bis in seine letzten Jahre hinein gehört hat. Trotz der engen Bindung an das heimatliche Siegerland und den bemerkenswerten Einsatz innerhalb und außerhalb der Universität hat es Berthold Stötzel auch in die Ferne getrieben. Über viele Jahre hinweg hat er mit großem Erfolg eine Kooperation mit der Partneruniversität in Novosibirsk in die Wege geleitet, welche ihm die vielfältige Unterstützung, die sie durch ihn erfahren hat, mit der Verleihung einer Ehrendoktorwürde zu seinem 65. Geburtstag gedankt hat.
Nach seiner Pensionierung hat sich Stötzel vor allem dem Denkmalschutz im Siegerland gewidmet. Als Vorsitzender des Ortskuratoriums der ‚Deutschen Stiftung Denkmalschutz’ in der hiesigen Region hat er mit allen Kräften versucht, dem Motto der Stiftung „Damit die Vergangenheit Zukunft hat“ gerecht zu werden und hat dabei beachtenswerte Erfolge zu verzeichnen gehabt.
Dass viel von dem, was Berthold Stötzel in der Vergangenheit auf den Weg gebracht und uns nun als Erbe hinterlassen hat, Zukunft haben wird, steht außer Frage angesichts der Modernität, des Aufbruchsgeistes und der Überzeugungskraft, welche dieser große und mutige Mann zeitlebens ausgestrahlt hat.
Sabine Hering