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Meeresspiegel steigt seit 50 Jahren schneller

Wissenschaftler der Universität Siegen haben herausgefunden: Der Anstieg des globalen Meeresspiegels hat früher Fahrt aufgenommen, als bisher bekannt. Demnach lässt sich schon ab Ende der 1960er Jahre eine deutliche Beschleunigung nachweisen.

Der Himmel ist blau, die Sonne scheint – und trotzdem stehen die Straßen knietief unter Wasser. Das Phänomen des „sunny day flooding“, also Überflutungen trotz schönen Wetters, ist an der amerikanischen Ostküste bereits weit verbreitet. Wenn die reguläre Flut ihren Höhepunkt erreicht, strömt das Meerwasser in tiefliegende Straßen und Wohngebiete. Grund ist der globale Meeresspiegel-Anstieg, er macht sich hier unmittelbar bemerkbar. Wissenschaftlern der Universität Siegen ist es gemeinsam mit KollegInnen aus Großbritannien, den USA und Spanien gelungen, die Entwicklung des Meeresspiegels seit dem Jahr 1900 mit bisher unerreichter Präzision zu rekonstruieren. Die Studie zeigt: Bereits Ende der 1960er Jahre hat sich der Anstieg des Meeresspiegels deutlich beschleunigt, seither verläuft die Entwicklung auf konstant hohem Niveau. Die Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ veröffentlicht worden.

„Seit den frühen 1990er Jahren wird der globale Meeresspiegel sehr präzise durch Satelliten gemessen, daher wissen wir, dass er in dieser Zeit beschleunigt gestiegen ist. Was wir bisher nicht sagen konnten, war, wann diese Beschleunigung eigentlich begonnen hat, von welcher Region sie ausgegangen ist – und welche Prozesse hauptsächlich dazu beigetragen haben“, sagt Dr. Sönke Dangendorf vom Forschungsinstitut Wasser und Umwelt (fwu) der Universität Siegen. Das Problem: Für den Zeitraum vor 1992 stehen den WissenschaftlerInnen lediglich Daten lokaler Tidepegel zur Verfügung, die für die Schifffahrt entlang der Küsten installiert wurden.

Präzise Berechnungen seien mit den Pegel-Daten bisher nicht möglich gewesen, erklärt Dangendorfs Kollege Carling Hay vom MS_web2Boston College: „In unserer Studie haben wir durch die Kombination zweier Berechnungsmethoden jedoch eine Möglichkeit gefunden, die Entwicklung des Meeresspiegels anhand der Pegel-Daten ähnlich exakt zu rekonstruieren, wie mit Satellitenmessungen.” Den Wissenschaftlern ist es damit erstmals gelungen, detaillierte Erkenntnisse zum Meeresspiegel-Anstieg zu gewinnen, die bis zum Jahr 1900 zurückreichen. Die Berechnungen zeigen, dass die von Satelliten gemessene, jüngste Beschleunigung des Meeresspiegel-Anstiegs bereits Ende der 1960er Jahre begonnen hat und damit seit rund 50 Jahren andauert.

Die Studie lässt außerdem Schlüsse darauf zu, wo die zu beobachtende Beschleunigung entstanden ist und welche Prozesse sie begünstigt haben, erklärt Dangendorf: „Der Meeresspiegel steigt nicht in jeder Region gleich stark an, sondern variiert regional sehr stark. Anhand unserer Daten konnten wir feststellen, dass der beschleunigte Anstieg seinen Ursprung hauptsächlich in der südlichen Hemisphäre hat, vor allem im subtropischen Südpazifik, östlich von Australien und Neuseeland.” In dieser Region konnten die WissenschaftlerInnen eine fünfmal stärkere Beschleunigung nachweisen, als im globalen Schnitt.

Zu erklären sei dieses Phänomen mit starken, westlichen Winden in der südlichen Hemisphäre, sagt Dangendorf: „Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass die Westwinde den schnelleren Anstieg des Meeresspiegels seit dem Ende der 60er Jahre verursacht haben. Unsere Messdaten zeigen, dass sich die Winde um diese Zeit intensiviert haben. Außerdem hat sich ihre Position im Südpazifik leicht verändert.“ Aus Sicht der Wissenschaftler mit direkten Auswirkungen auf den Meeresspiegel: Zum einen haben die Winde wärmere Wassermassen aus den oberen Schichten des Ozeans Richtung Norden transportiert, was den beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels im Subtropischen Südpazifik erklärt. Zum anderen wurden kühlere Wassermassen, die Wärme schneller speichern, durch die Winde an die Oberfläche bewegt. „So konnte mehr Wärme aus der Atmosphäre in den Ozean gepumpt werden, wodurch sich der Wasserkörper ausgedehnt hat und der Meeresspiegel gestiegen ist“, erklärt Dangendorf.

Spielten in den 60er Jahren vor allem die stärkeren Westwinde und die damit einhergehende thermale Expansion eine wichtige Rolle für den beschleunigten Meeresspiegel-Anstieg, kommt seit Beginn der 90er Jahre das Abschmelzen der Gletscher in Grönland und der Antarktis hinzu. Zurückzuführen seien beide Phänomene mit großer Sicherheit auf die vom Menschen verursachte Erderwärmung, sagt Dangendorf: „Der Meeresspiegel ist auch früher schon zeitweise beschleunigt angestiegen, beispielsweise in den 1930er Jahren. Die Tatsache, dass die aktuelle Beschleunigung bereits seit 50 Jahren andauert, ist jedoch sehr außergewöhnlich. Sie zeigt, dass sich hier ein nachhaltiges Muster entwickelt hat und bestätigt die Prognosen aktueller Klimamodelle, dass der Meeresspiegel auch im 21. Jahrhundert beschleunigt ansteigen wird.“

Hintergrund:
An der Studie waren auch Prof. Dr. Jürgen Jensen und Kevin Berk von der Universität Siegen beteiligt. Außerdem Francisco M. Calafat vom „National Oceanography Centre“ in Southampton, Christopher G. Piecuch von der “Woods Hole Oceanographic Institution” in den USA, sowie Marta Marcos von der “University of the Balearic Islands” in Spanien. Den vollständigen Artikel in der Zeitschrift „Nature Climate Change“ finden Sie hier: https://www.nature.com/articles/s41558-019-0531-8

Kontakt:
Dr. Sönke Dangendorf (Forschungsinstitut “Wasser und Umwelt“, Universität Siegen)
E-Mail: soenke.dangendorf@uni-siegen.de
Tel.: 0271 – 740 2518

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 Eine Intensivierung und leichte Verschiebung der westlichen Winde haben dazu geführt, dass der Meeresspiegel im Südpazifik deutlich schneller ansteigt, als im globalen Schnitt. Durch die Umwälzung der Wassermassen verlangsamt sich der Meeresspiegel-Anstieg hingegen in der Region südlich der Westwinde.

 
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