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Lösung für Marginalproblem

Physiker aus Siegen und Düsseldorf entwickeln eine Lösungsmethode für das sogenannte Marginalproblem und publizieren sie im renommierten Fachmagazin Nature Communications. Das Resultat könnte in wenigen Jahren zum Standardlehrstoff gehören.

In der Quantenphysik werden Systeme von Elementarteilchen durch Wellenfunktionen beschrieben. Diese Wellenfunktion enthält alles, was man über das System wissen kann. Kann man aber aus Wellenfunktionen einzelner Atome auch Rückschlüsse auf die Wellenfunktion eines großen Moleküls ziehen? Dies ist das sogenannte Marginalproblem, das von großer Bedeutung für verschiedene Anwendungen ist, von der Chemie bis zur Konstruktion von Quantencomputern. Für dieses mathematische Problem haben Physiker der Universität Siegen und Universität Düsseldorf jetzt eine Lösungsmethode entwickelt und in der Fachzeitschrift “Nature Communications” veröffentlicht.

Das Marginalproblem lässt sich vereinfacht mit der Frage veranschaulichen, ob der Schatten auf die tatsächliche Beschaffenheit eines Gegenstandes schließen lässt. Wenn man einen Gegenstand, z.B. eine Skulptur, in einem Raum betrachtet, ist es sehr leicht, festzustellen, welche Schatten er wirft. Einerseits kann man den Schatten einfach beobachten, indem man die Skulptur von verschiedenen Seiten beleuchtet, andererseits gibt es auch mathematische Methoden, einen Schatten zu berechnen. Die umgekehrte Frage, wie man aus gegebenen Schattenbildern auf den Gegenstand schließt, ist jedoch nicht so einfach. Existiert ein Gegenstand mit vorgegebenen Schatten überhaupt? Und wenn ja, wie sieht er aus? Dieses Beispiel verdeutlicht ein häufig auftretendes Problem in verschiedenen Wissenschaften, nämlich die Beziehung zwischen den Teilen und dem Ganzen: Inwiefern kann aus der Beschreibung von Teilsystemen auf das Gesamtsystem geschlossen werden?

marginalproblem_webDie entscheidende Idee bei der nun entwickelten Lösungsmethode ist, mehrere Kopien der Situation zu betrachten: Wenn das Problem für vier Teilchen gestellt ist, betrachtet man zuerst ein ähnliches, aber strukturell einfacheres Problem für acht Teilchen. Führt dies noch zu keiner Lösung, kann man noch weitergehen und zwölf, sechzehn, oder mehr Teilchen betrachten. „Das ist wie beim Vergleich von mehreren Bildern auf verschiedenen Seiten in einem Buch. Wenn man zwei oder mehr Exemplare des Buches hat und nebeneinander legt, ist es einfacher”, sagt Dr. Xiao-Dong Yu, der als Hauptautor die neue Methode entwickelt hat. Er ist seit 2017 als Postdoktorand in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Otfried Gühne an der Universität Siegen tätig.

Ein weiterer Vorteil des neuartigen Zugangs besteht darin, dass er einen fundamentalen Zusammenhang zwischen dem Marginalproblem und der Verschränkung von Teilchen offenbart. Diese Verbindung ermöglicht tiefe Einsichten in verschiedene Anwendungen der Quanteninformationsverarbeitung. Ein Beispiel ist die Konstruktion von Quantencodes, die eine Fehlerkorrektur in zukünftigen Quantencomputern ermöglichen. Deshalb hat diese Methode auch die Gutachter des Fachjournals überzeugt. Er sei sich sicher, dass das Resultat in wenigen Jahren zum Standardlehrstoff gehöre, schrieb einer von ihnen.

Als nächstes möchten die Forscher ihr Verfahren auf weitere ungelöste Probleme ausdehnen. Beispiele für weitere Anwendungen sind die mathematische Theorie der Graphen und die Frage, inwiefern die Quantenmechanik über die klassische Physik hinausgeht.

Ansprechpartner

Prof. Dr. Otfried Guehne
Department Physik
Telefon: 0271 740-3707
Email: otfried.guehne@uni-siegen.de

Literatur: Xiao-Dong Yu, Timo Simnacher, Nikolai Wyderka, H. Chau Nguyen und Otfried Gühne, A complete hierarchy for the pure state marginal problem in quantum mechanics Nature Communications 12, 1012 (2021)

Bild 2: Schematische Darstellung des Marginalproblems. Passen die Wellenfunktionen der vier Atome zusammen?

 
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