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Kristallin und fließend zugleich

Clusterkristalle bestehen aus einem Kern organischer Polymere, umgeben von DNA-Molekülen (rechts). Unter Druck zusammengepresst (links) weisen sie zugleich Eigenschaften von Kristallen und Flüssigkeiten (Quelle: Natasa Adzic, Universität Wien)

Polymerchemiker der Universität Siegen forschten gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich und der Universität Wien am Nachweis eines neuen Materiezustands.

Schon vor mehr als 20 Jahren haben ForscherInnen vorhergesagt, dass bestimmte Materieteilchen bei ausreichend hoher Dichte einen neuen Zustand von Materie bilden würden, der gleichzeitig die Eigenschaften von kristallinen Festkörpern und fließenden Flüssigkeiten besitzt. WissenschaftlerInnen des Forschungszentrums Jülich, der Universität Siegen und der Universität Wien ist es nun gemeinsam gelungen, diesen Zustand im Labor zu verwirklichen. Ihr experimentelles Konzept bietet Möglichkeiten zur Weiterentwicklung und könnte den Weg für weitere Entdeckungen in der Welt der komplexen Materiezustände ebnen.

Das Team widerlegte mit seiner Arbeit endgültig eine Annahme, die intuitiv betrachtet naheliegt: Damit sich zwei Materieteilchen zu größeren Einheiten zusammenschließen können, zu so genannten Aggregaten oder Clustern, müssten sie einander anziehen. Schon um die Jahrtausendwende hatte ein Team von ForscherInnen auf dem Gebiet der Physik weicher Materie um den Physiker Christos Likos von der Universität Wien mithilfe theoretischer Überlegungen vorhergesagt, dass dies nicht zwingend der Fall sein muss: Auch rein abstoßende Teilchen könnten demnach Cluster bilden, sofern sie sich vollständig überlappen können und ihre Abstoßung bestimmte mathematische Bedingungen erfüllt.

Seitdem haben weitere theoretische und rechnerische Arbeiten ergeben, dass sich solche Cluster kristallin anordnen, wenn sie unter Druck verdichtet werden, ähnlich wie herkömmliche Materialien, etwa Kupfer oder Aluminium. Kristalline Ordnung bedeutet vereinfacht, dass es eine gitterförmige Struktur gibt, in der allen Teilchen feste Plätze zugewiesen sind. Anders als bei Metallen sind die Teilchen, die die Clusterkristalle bilden, jedoch hoch mobil und springen ständig von einem Gitterplatz zum nächsten. Dies verleiht diesen Festkörpern Eigenschaften, die an Flüssigkeiten erinnern. So ist jedes Teilchen irgendwann einmal an jedem Gitterplatz anzutreffen.

Teilchen herzustellen, die die notwendigen Eigenschaften für den Nachweis von Clusterkristallen besitzen, erwies sich als schwierig. Emmanuel Stiakakis vom Forschungszentrum Jülich und seinen Kollegen gelang dieser Nachweis nun, in enger Zusammenarbeit mit den TheoretikerInnen aus Wien und Polymerchemikern aus Siegen.

Die ForscherInnen stellten hybride Partikel her, die ähnlich aufgebaut sind wie Pompons. Ihr Kern besteht aus organischen Polymeren, an welchen DNA-Moleküle befestigt sind, die wie die Fäden eines Wollbommels ausgehend vom Kern in alle Richtungen abstehen. Durch diesen Aufbau lassen sich die Moleküle weit ineinanderschieben und damit ausreichend komprimieren. Gleichzeitig sorgt eine Kombination aus einer elektrostatischen Abstoßung der von Natur aus geladenen DNA-Komponenten und aus einer schwachen Wechselwirkung der Polymere im Zentrum der Konstrukte für die notwendige Gesamtwechselwirkung.

„Unsere Aufgabe war es, geeignete Makromoleküle zu entwickeln, die ihr Lösungsverhalten mit der Temperatur gezielt verändern. An diesen Polymerketten mussten dann hocheffiziente Anknüpfungspunkte für die DNA-Bausteine geschaffen werden, was Niklas Jung in unserer Arbeitsgruppe im Rahmen seiner Doktorarbeit sehr erfolgreich realisieren konnte“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Jonas von der Universität Siegen.

DNA sei besonders gut für diese Forschungszwecke geeignet, weil sie sich aufgrund der Watson-Crick-Basenpaarung vergleichsweise einfach in die gewünschte Form und Länge bringen lässt, wie Dr. Emmanuel Stiakakis, der am Jülicher Institut für Biologische Informationsprozesse forscht, erläutert. In Kombination mit den Polymerkernen lassen sich Form und Abstoßung der Hybride fein tunen und relativ schnell unterschiedliche Varianten herstellen.

„Als Ergebnis langer Bemühungen und einer Vielzahl experimenteller Methoden, einschließlich biochemischer Synthese und Charakterisierung, sowie Röntgen- und Lichtstreuung, konnten wir nun eine mehr als 20-jährige Suche nach Clusterkristallen erfolgreich zum Abschluss bringen“, freut sich Likos. Der Theoretische Physiker an der Fakultät für Physik der Universität Wien erwartet darauf aufbauend die Entdeckung weiterer komplexer Materiezustände, die durch die neuen makromolekularen Aggregate gebildet werden.

 

Weitere Informationen:

Universität Siegen, Arbeitsgruppe Makromolekulare Chemie

Forschungszentrum Jülich, Institut für Biologische Informationsprozesse – Biomakromolekulare Systeme und Prozesse (IBI-4)

Universität Wien, Arbeitsgruppe Likos – Soft Matter Theory and Simulation

 
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