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Medizin für die Menschen

Im Bürgerforum „Medizin neu denken“ von Stadt und Universität Siegen informierten sich die BürgerInnen der Region, wie die Uni mit ihren Partnern die medizinische Versorgung ländlicher Räume verbessern möchte.

Wie die Medizin der Zukunft aussehen kann, machte Prof. Dr. Martin Grond anhand eines Beispiels deutlich. „Einen Parkinson-Patienten kann ich medikamentös einstellen, wenn er in meiner Praxis ist. Doch ich sehe ihn nicht jeden Tag. Digitale Hilfe kann genau das ermöglichen“, sagte der Ärztliche Direktor und Chefarzt der Klinik für Neurologie am Kreisklinikum in Siegen. Eine solche digitale Unterstützung zu entwickeln, ist eines der Ziele im bundesweit beachteten Projekt „Medizin neu denken“ der Universitäten Siegen, Bonn und Rotterdam. Welche Studiengänge mit dem Projekt einhergehen und welche Möglichkeiten sich für Bürgerinnen und Bürger in Südwestfalen ergeben, waren die Themen des Bürgerforums „Medizin neu denken: neue Wege der medizinischen Versorgung und Ausbildung“.

Universität und Stadt Siegen hatten zum Bürgerforum in den Ratssaal der Stadt Siegen geladen. Projektverantwortliche, Ärzte und Politiker stellten rund 130 Bürgerinnen und Bürgern das Thema Medizin in vier Themenblöcken vor: Diskutiert wurden der Studiengang Humanmedizin Bonn-Siegen, die medizinnahen Studiengänge der Lebenswissenschaftlichen Fakultät (LWF) der Uni Siegen, der Modellversuch „Medizin neu denken“ aus politischer Sicht und die Umsetzung des Modellversuchs. Beate Schmies (WDR) führte als Moderation durch den Abend.

buergerforum_rektorHochleistungsmedizin für den ländlichen Raum

Warum das Thema so wichtig ist, erklärte Bürgermeister Steffen Mues in seiner Begrüßung: „Ärztemangel, Aufnahmestopps, Nachwuchssorgen bei Hausarztpraxen – diese Probleme sehen wir in Siegen und in der gesamten Region Südwestfalen schon heute.“ Mit dem Projekt „Medizin neu denken“ präsentieren die Universitäten Siegen, Bonn und Rotterdam eine Vision, wie ländliche Räume unter den Vorzeichen von Demografie und Digitalisierung in der Zukunft mit einer Hochleistungsmedizin versorgt werden können. Diese Vision stellte Prof. Dr. Christoph Strünck, Prodekan für Strategie und Forschung der LWF, vor. Der Modellversuch bringt die Medizinstudierenden, Hausärzte, Kliniken und PatientInnen zusammen.

Im Reallabor Südwestfalen soll das Modell zeigen, wie die medizinische Versorgung einer vom Bevölkerungsrückgang geprägten ländlichen Region gewährleistet werden kann. Ziel ist eine Medizin, die von digitaler Technologie unterstützt wird – und in der Ärztinnen und Ärzte sowie medizinische Fachkräfte mit hoher Empathie für den Patienten wirken. „Als Universität haben wir eine gesellschaftliche Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger der Region. Dazu fühlen wir uns verpflichtet“, betonte der Rektor der Universität Siegen, Prof. Dr. Holger Burckhart. „Ich lege Wert auf eine menschennahe, atmende Umsetzung des Projekts.“

buergerforum_grondIm Publikum sprachen einige BürgerInnen Skepsis vor zu viel Digitalisierung aus. „Wir arbeiten schon heute mit Robotern, zum Beispiel im OP-Saal“, erklärte Prof. Dr. Veit Braun, Chefarzt der Neurochirurgie am Diakonie Klinikum Jung-Stilling und Studiendekan der Gesundheitswissenschaften an der LWF der Uni Siegen seinen Arbeitsalltag. „Dadurch können wir viel präziser und sicherer operieren als noch vor zehn Jahren. Gewisse Wirbelsäulen-OPs wären ohne die innovativen Techniken zum Beispiel gar nicht möglich. Dadurch profitieren sowohl die Ärzte als auch die Patienten.“

Auch Prof. Grond betonte, dass es nicht Sinn des Projekts sei, eine digitale Überwachung zu schaffen. „Stattdessen fragen wir im Modellprojekt: Funktioniert etwas technisch überhaupt? Ist es sicher, zum Beispiel aus datenschutzrechtlicher Perspektive? Wird es von Patienten akzeptiert? Wie sieht es aus ethischer Perspektive aus? Die Menschen stehen bei allen Überlegungen immer an erster Stelle.“ Dr. Martin Mansfeld (Gesundheitsregion Siegerland) stimmte zu: „Es darf keine arztlose Praxis geben, das wäre katastrophal.“ Stattdessen gehe es um Fragen, wie ÄrztInnen durch Digitalisierung so entlastet werden können, um mehr Zeit für PatientInnen zu haben. Im Projekt wird dazu das Ärztenetzwerk ANSWER (AerzteNetzwerk SüdWestfalen Education and Research) aufgebaut. Dr. Dr. Charles Christian Adarkwah, Hausarzt in Kreuztal und kommissarischer Lehrstuhlinhaber für Versorgungsforschung an der LWF, erläuterte: „Wir bauen zurzeit ein südwestfalenweites Netzwerk aus lehr- und forschungsinteressierten Hausärzten auf, das als Plattform für die Durchführung des Modellversuchs dienen soll. Dabei werden wir uns inhaltlich an den Bedürfnissen der Ärzte und Patienten orientieren und versuchen einen relevanten Beitrag gegen die medizinische Unterversorgung zu leisten.“

Bürgermeister Mues verspricht sich vom Projekt „Medizin neu denken“ viel: „Es hat ein sehr großes Potenzial der ärztlichen Versorgungslücke entgegenzuwirken.“ Mit dem EU-Abgeordneten Dr. Peter Liese und Frank Beckehoff, Landrat des Kreises Olpe, diskutierte Mues die politische Dimension des Modells. Während Liese versprach, sich auf Europa-Ebene weiter für das Projekt einzusetzen, ließ Beckehoff anklingen, dass er sich auch für den Kreis Olpe viel von möglichen Kooperationen verspricht. Uni-Kanzler Ulf Richter führte aus, welche baulichen Entwicklungen die Universität plant.

buergerforum_publikumStudiengang Humanmedizin Bonn-Siegen

Ein Schwerpunkt des Siegener Modells liegt auf der Ausbildung von angehenden Ärztinnen und Ärzten. Die Universitäten Bonn und Siegen bieten seit dem Wintersemester 2018/19 jährlich zum Wintersemester jeweils 25 Studierenden die Möglichkeit, ihr Studium der Humanmedizin an zwei Standorten zu absolvieren. In den ersten drei Jahren studieren sie in Bonn, ab dem siebten Semester kommen die Studierenden nach Siegen, um an einer der vier Siegener Kliniken ihre klinische Phase und ihr praktisches Jahr zu absolvieren. Die vier Kliniken sind das Diakonie Klinikum Jung-Stilling, das Kreisklinikum Siegen, das St. Marien-Krankenhaus Siegen und die DRK Kinderklinik Siegen. Die Hoffnung sei, so Mues, dass die Studierenden später in der Region bleiben, sich im besten Fall im hiesigen ländlichen Raum als Hausarzt niederlassen.    

Mehr als 1.900 Studieninteressierte bewarben sich auf die Studienplätze des neuen Studiengangs, die ersten 25 Studierenden starteten im Oktober 2018. „Ich möchte die hochmotivierten Studierenden finden, die sich bewusst für Digitalisierung und die ländliche Versorgung entscheiden und dafür brennen“, erklärte Rektor Prof. Burckhart. Das seien nicht unbedingt die mit dem besten Abiturschnitt. Burckhart: „Solche Studierenden bekommen wir nur durch Auswahlgespräche. Das planen wir mit der Uni Bonn für die nächste Auswahlrunde.“

buergerforum_braunNeue Studiengänge an der LWF

Neben dem Humanmedizin-Studium wird die Siegener Lebenswissenschaftliche Fakultät medizinnahe Studiengänge anbieten. Zum Wintersemester 2019/20 startet der Bachelorstudiengang „Digital Biomedical and Health Sciences“. Der Bachelorstudiengang vermittelt alle relevanten Grundlagen, die für die Arbeit in einem zukünftigen Gesundheitssystem erforderlich sind – ausgerichtet auf modernste digitale Möglichkeiten. Prof. Dr. Rainer Brück, Studiendekan Lebenswissenschaften, erklärte das Zusammenspiel der Inhalte aus den Bereichen Medizin und Humanbiologie, Informatik und digitale Technologien, Biomedizinische Grundlagen, Public Health und Grundlagen des Gesundheitssystems sowie Gesundheitsökonomie. „Wir bilden mit den medizinnahen Studiengängen der LWF Ingenieure aus, die wissen, wie Mediziner denken“, erklärte Prof. Dr. Veit Braun. „Durch den direkten Kontakt mit den Studierenden durch das gesamte Studium hinweg verstehen wir Mediziner außerdem besser, wie Ingenieure ticken.“ Dieses gegenseitige Verständnis sei für die Zusammenarbeit unabdingbar. Und das nutzt allen.

Weitere Bilder der Veranstaltung finden Sie in unserer Bildergalerie.

 

 
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